Friedrich

Pützer

Kirchen von

Friedrich Pützer

Wiesbaden | Ev. Lutherkirche

Der Architekt Friedrich Pützer (* 25.7.1871 / + 31.1.1922), gebürtiger Aachener, kann zu jener Generation gezählt werden, die um 1900 die Baukunst allmählich aus dem stilfokussierten Historismus in die Moderne geleitete, ohne gänzlich auf traditionelle oder heimatverbundene Anklänge zu verzichten. 1889-1894 studierte er Architektur bei Karl Friedrich Wilhelm Henrici und Georg Frentzen an der TH Aachen. Nach ersten Lehrtätigkeiten und Habilitation (1898) erhielt Pützer 1902 an der TH Darmstadt eine ordentliche Professur. Er lehrte Baustilkunde, Kirchliche Baukunst und auch Städtebau, als dessen Lehrstuhlbegründer er heute gilt. 1918/19 wurde er zum Direktor der TH Darmstadt ernannt.

Er entwarf und baute zahlreiche Privathäuser, Siedlungsprojekte und kommunale Gebäude, etwa den Erweiterungsbau des Rathauses von Aachen oder den Darmstädter Hauptbahnhof sowie diverse Industrie- und Zweckbauten. Seine Bauten sind von Jugendstil und malerischem Heimatstil gekennzeichnet, tragen aber bereits erste Anzeichen einer formalen Reduktion verspielter Details. Seine Grundrisse entwickelte er nach seinerzeit neuesten Impulsen etwa aus dem englischen Landhaus- und Gartenstadtbau. Innovative Umsetzungen im Städte- und Siedlungsbau prägen seinen Ruf bis heute, doch auch im Sakralbau war er erfolgreich und umfassend tätig.

Seine Kirchenbauten entstanden in engem Austausch mit neueren und neuesten liturgischen Programmen. Als der katholische Architekt 1908 von der Ev. Landeskirche Hessen zum Kirchenbaumeister ernannt wurde, hatte er bereits diverse Projekte realisiert – insbesondere im rheinischen und hessischen Raum -, z. B. die Markuskirche in Herzogenrath (1897), die Pauluskiche in Darmstadt (1905-1907) oder die Matthäuskirche in Frankfurt am Main (1905).

Für die Ausstattung seiner Kirchen arbeitete er oft eng mit Künstlern zusammen, beispielsweise mit Augusto Varnesi (1866-1941) und Ernst Riegel (1871-1939). Die von Pützer, Varnesi und Riegel gemeinsam gestalteten ev. Lutherkirchen in Worms und Wiesbaden sind neben der ev. Pauluskirche in Darmstadt im Kontext der Kunstgewerbereformbewegung – als deren frühes Zentrum Darmstadt zu gelten hat – als raumgestalterische Gesamtkunstwerke zu betrachten. Riegel war seit 1908 Mitglied des Deutschen Werkbunds. Es ist anzunehmen, dass auch Pützer Mitglied war, da er 1914 den ev. Ausstellungsraum der Großen Werkbundschau in Köln gestaltete. In jene Jahre fällt z. B. auch die Gestaltung der ev. Dankeskirche in Düsseldorf-Benrath als einer der letzten großen Kirchbauten Pützers, der bereits 1922 in Darmstadt verstarb. Sein Grabmal auf dem Darmstädter Waldfriedhof ist von Varnesi gestaltet.

 

Text: Dr. Manuela Klauser, München

 

Literatur (Auswahl):

  • Gerlinde Gehrig: Friedrich Pützer und der Reformkirchenbau in Darmstadt, in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge (Bd. 73), 2015, 349–380.
  • Annegret Holtmann-Mares, Mariane Viefhaus: Friedrich Pützer, in: Stadtlexikon Darmstadt (Abruf: 101219).
  • Landesmuseum Mainz: Friedrich Pützer: Bauten und Projekte 2016 (Abruf: 3110122).
  • Fritz Reuter: Aus katholischer Hand. Evangelischer Kirchenbau im Grossherzogtum Hessen zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Friedrich Pützer, Augusto Varnesi und Ernst Riegel,  in: Der Wormsgau, 26.2008, 75-110.