Otto
Linder
Otto Linder
… lässt sich die Kirchenbaugeschichte seiner Zeit fast lückenlos an seinem Lebenswerk ablesen, da er – abgesehen von den letzten Jahren des 2. Weltkriegs – nahezu fünf Jahrzehnte durchgehend bauen konnte.
– (der Architekt Andreas Spaett im Jahr 2000 über Otto Linder)
Otto Linder (mit vollem Namen: Albert Otto Linder) wurde am 24. April 1891 in Weißenstein bei Göppingen geboren. Vor dem Ersten Weltkrieg absolviert er eine Maurerlehre, besuchte die Staatliche Höhere Bauschule Stuttgart und arbeitete in verschiedenen Architekturbüros. Nach Kriegsende studierte Linder an der Stuttgarter Kunstakademie u. a. bei Paul Bonatz und Ernst Fiechter, die eine Abkehr von den Formvorstellungen des Historismus einforderten. Zwischen 1920 und 1971 wirkte Linder als freier Architekt vorwiegend von Stuttgart aus.
Allein in der Diözese Rottenburg-Stuttgart schuf Linder 31 Kirchenneubauten bzw. -umbauten. Hierfür entwickelte er klare liturgiegerechte Konzepte: Im Gemeinderaum rückte er die Stützen nach außen und setzte den erhöhten Chor deutlich davon ab, damit Altar und Kanzel von allen gut eingesehen werden konnten. Zudem bildet die Parabel in seinem Werk ein wiederkehrendes Element, so z. B. bei der Heilig-Kreuz-Kirche (1927) in Kuchen bei Geislingen, bei Mariä Himmelfahrt (1929) in Klein-Süßen bei Göppingen und bei der Taborkirche (1931) in Freudenstadt.
In den 1930er und 1940er Jahren war Linder in Oberschlesien und Österreich, in der Schweiz und in Italien tätig. Sein Spätwerk erweist sich als insgesamt schlichter und kantiger als seine frühe expressionistische Formensprache. Letzte kirchliche Projekte konnte er z. B. mit St. Peter und Paul (1959) in Marburg und St. Paulus (1966) in Stuttgart-Rohracker verwirklichen. Für seine Kirchenbauten wurde Linder mehrfach ausgezeichnet, u. a. 1961 mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Otto Linder verstarb am 26. Mai 1976 in Stuttgart im Alter von 85 Jahren.
Text: Dr. Iris Dostal-Melchinger, Rottenburg am Neckar
Literatur (Auswahl)
- Eugen Ehrmann: A. Otto Linder, Neue Kirchenbauten (Architektur der Gegenwart 1), Hannover/Stuttgart 1926.
- Albert Spaett: Otto Linder 1891-1976. Architekt der Kirche St. Marien in Oberwinterthur, 2000 (www.spaett.com/uploads/tx_omspaett/20140512_Taborkirche_Otto_Linder_Biographie.pdf, Abrufdatum: 8. Juli 2017)
- Bernhard Staudacher: Mariä Himmelfahrt Baienfurt, Regensburg 2017.