Otto
Müller-Jena
Otto Müller-Jena
„Für große aber arme Kirchengemeinden dürfte somit tatsächlich
etwas Neues und Nachahmenswertes geschaffen worden sein.“
(Otto Müller-Jena in: Moderne Bauformen, 2/1915, S. 402)
… das Selbstzeugnis eines protestantischen Architekten über die katholische Pfarrkirche Heilig Kreuz in Gladbeck-Butendorf. Diese ist der einzige Sakralbau des Wahlkölners. Ansonsten war Müller-Jena vor allem mit großzügigen Villen und stadtbildprägenden Profanbauten in Köln und im rheinisch-westfälischen Industriebezirk hervorgetreten, beispielsweise dem Rathaus in Recklinghausen (1904–1908), dem Amtshaus in Gladbeck (1908–1910) oder dem Sidol-Werk in Köln-Braunsfeld (1926–1928). Zu Beginn des Jahrhunderts verstand er seine Entwürfe als »frei entwickelte und persönlich aufgefaßte Renaissance«.
Otto Müller wurde am 8. Mai 1875 in Jena geboren, erlernte das Zimmerhandwerk und studierte Architektur an der Baugewerkschule in Nienburg (Weser). Es folgten eine Zeit an der Technischen Hochschule Hannover und Bildungsreisen durch Italien und Griechenland. Im Jahr 1900 siedelte er sich in Köln an und erregte im darauf folgenden Jahr Aufmerksamkeit bei einem Wettbewerb zur Neugestaltung der Rheinuferstraße. Seine Planung wurde durch Ankauf ausgezeichnet. Spätestens 1905 erweiterte er seinen Familiennamen um seinen Geburtsort – zur Unterscheidung unter anderem von dem schlesischen Expressionisten Otto Müller (1874–1930). 1906 folgte seine Heirat mit Adelaide Wiethase, einer Nichte des bedeutenden Kölner Architekten Heinrich Wiethase (1833–1893). 1903 gehörte er zu den Gründern der Ortsgruppe Köln des Bundes Deutscher Architekten (BDA), war 1919–1924 deren Vorsitzender, danach Vorsitzender des Landesbezirks Rheinland-Pfalz-Saargebiet, von 1929–1934 auch Mitglied im Hauptvorstand Berlin; 1950 Ehrenmitglied des BDA. Am 12. August 1958 verstarb Otto Müller-Jena nach schwerer Krankheit in Köln.
Die Errichtung der Heilig Kreuz-Kirche in Gladbeck (1912–1914) ging aus einer seit Jahren bestehenden Zusammenarbeit mit dem katholischen Priester Johannes van Acken (1879-1937) hervor. Dieser ließ hier seine 1922 veröffentlichten Thesen zur »christozentrischen Kirchenkunst« bereits ein Jahrzehnt zuvor Gestalt annehmen. Spätestens mit diesem Kirchenbau demonstrierte Müller-Jena seine Hinwendung zu einer neuen Sachlichkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg errichtete er nur noch wenige Großbauten, etwa das gezielt nüchtern gezeichnete Sidol-Werk in Köln-Braunsfeld, und konzentrierte sich auf die Planung gehobener Wohnbebauung, wie beispielsweise der GAG-Siedlung in Köln-Ehrenfeld (1928–1930).
Text: Pfr. Ralph Eberhard Brachthäuser, Gladbeck
Bild: Otto Müller-Jena um 1936, Nachlass Otto Müller-Jena im Stiftshaus Gladbeck
Literatur (Auswahl)
- Ralph Eberhard Brachthäuser: Baumeister der klassischen Moderne. Der Architekt Otto Müller-Jena (1–3). In: Unsere Stadt, Zeitschrift für Information, Werbung, Kultur- und Heimatpflege (hrsg. vom Verkehrsverein Gladbeck e.V.) Jahrgang 35 (2008), Nr. 1 (S. 42–45), Nr. 2 (S. 17–25), Nr. 3 (S. 11–16). Abrufbar über die Internetseite des Stiftshauses Gladbeck.
- Wolfram Hagspiel: Otto Müller-Jena. Rodenkirchens erster großer Villenplaner. In: köln süd stadtMAGAZIN, 23. Jahrgang 2012, Nr. 2, S. 14–17.
- Otto Müller-Jena: Architekt Otto Müller-Jena Cöln a.Rh., in: Moderne Bauformen 14.1915 (H.2), S. 401-433, bes. S. 401f. und S. 418-421. Abrufbar über: Heidelberger Historische Bestände – digital.
- Martin Turck: Die ehemaligen Sidol-Werke in Köln, Rheinische Kunststätten Heft 482, Neuss 2004.