Franz Joseph
Ruf
Franz Joseph Ruf
„Es war etwas schlechthin Neues, daß das ganze versammelte Volk der Kirche die Liturgie mitvollzog. […] Die ganze Gemeinde hat jetzt Sitz und Stimme im Chor, der ganze Raum ist zum Chor geworden.“
Zitat Aloys Goergen 1985 über St. Johann von Capistran
Franz Joseph Ruf wurde am 9. März 1908 in München geboren. Seine Bauten prägen bis heute wesentlich die deutsche Nachkriegsarchitektur und stehen vielfach unter Denkmalschutz. Neues und Altes sind in Rufs Architektur keine Gegensätze, sondern eine Fortführung bestehender Vorgaben wie Bezüge zum Umfeld, Bauhöhen und durchaus auch Materialwahl. Daraus leitete Ruf nicht etwa eine Kontinuität traditioneller Stadtbebauungen ab, sondern eine ortsbezogene, in Proportionen, Öffnungen und Oberflächen das Vorhandene einbeziehende Neubebauung.
Bekannt ist er unter seinem Rufnamen Sep sowie als Architekt des Kanzlerbungalows: das Wohn- und Empfangsgebäude (1963-1964) des Bundeskanzlers in Bonn. 1958 entwarf Ruf gemeinsam mit Egon Eiermann den Deutschen Pavillon für die Weltausstellung in Brüssel, mit dem die beiden Architekten ein neues Bild der Außenwahrnehmung Deutschlands prägten.
Nachdem er in jugendlichen Jahren erwogen hatte, dem Dominikanerorden beizutreten und wahlweise Mathematik oder Bildhauerei zu studieren, entschied er sich nach einem Besuch der Technischen Hochschule München 1926 für das dortige Architekturstudium, das er 1931 beendete. 1932 machte er sich als freier Architekt in München selbstständig, zunächst bis 1933 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Franz Ruf (1909-1997), danach mit weiteren Mitarbeitern. Zwischen 1939 und 1945 wurde Sep Ruf mehrfach zum Kriegsdienst eingezogen und leitete in diesen Jahren sein Münchener Architekturbüro zeitweise postalisch. 1947 wurde er als Professor für Architektur an die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg berufen.1953 folgte ein Ruf an die Münchner Akademie, wo er bis 1972 tätig war.
Ruf entwickelte spätestens nach dem Krieg ein großes Interesse am sakralen Bauen und beteiligte sich neben der Organisation des 37. Eucharistischen Weltkongresses 1960 in München an zahlreichen internationalen Ausstellungen zur Verbreitung des in Deutschland besonders früh ausgeprägten modernen Kirchenbaus. Mit dem Liturgiewissenschaftler Aloys Goergen (1911-2005) verband ihn eine langjährige Freundschaft. Zu seinem umfangreichen und vielseitigen Oeuvre zählen jedoch nur wenige Kirchen, darunter die Kirchen Zu den Zwölf Aposteln und St. Johann von Capistran in München, beide noch vor dem Eucharistischen Kongress und dem Zweiten Vatikanum errichtet, sowie die Ende der 1960er Jahre entstandene Priesterseminar-Kapelle Zur Heiligen Dreifaltigkeit in Fulda. Seine Sakralbauten zeichnen sich nicht nur durch eine konsequente Moderne in Raumgestalt und liturgischer Ordnung, sondern durch ihre spürbare Wertschätzung des Materials im ästhetischen Zusammenspiel mit der Raumform aus.
Sep Ruf verstarb am 29. Juli 1982 in München. 2016 gründete sich in München die Sep Ruf Gesellschaft zur Erforschung, Wahrung und Pflege seines architektonischen Wirkens und Nachlasses.
Text: Dr. Manuela Klauser, München
Bild: Grundriss St. Johann von Capistran, München
Literatur (Auswahl)
- Aloys Goergen: Sep Ruf und der neue katholische Kirchenbau. Reflexionen eines Beteiligten, in: Hans Wichmann (Hrsg.), in memoriam Sep Ruf, Stuttgart 1985, 146-157.
- Kirchenzeitung Fulda 2019: Interview mit Martin Matl, Diözesanbaumeister des Bistums Fulda, zum Tag des Offenen Denkmals 2019 (online abrufbar, letzter Abruf 202207-27).
- Irene Meissner: Sep Ruf 1908 – 1982, Berlin 2013
- Winfried Nerdinger (Hrsg.): Sep Ruf. Moderne mit Tradition, München 2008