Bad Dürrheim

Johanneskirche

Anschrift Kirche
Johanniterweg 13
78073 Bad Dürrheim
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Bitte beim Pfarramt erfragen!
    Anschrift Pfarramt Ev. Kirchengemeinde Bad Dürrheim
    Johanniterweg 13
    78073 Bad Dürrheim
    07726 / 8468
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    Öffnungszeiten Pfarramt MO, MI + FR.: 9.00-11.00 Uhr
    DI, MI + DO: 14.00-16.00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche Die Gottesdienstzeiten können online abgerufen werden unter: evkirche-bd.de/unsere-gemeinde/gottesdienste
    Kirchen im Südwesten

Offen für Gemeinde, Wald und Gäste …

Ein markanter, heller Turm weist Kurgästen und Kirchenbesuchen den Weg. Doch es ist schon ein kleiner Anstieg notwendig, um das Kirchengebäude betreten zu können. Man nähert sich über einen rasenbewachsenen Hügel und erklimmt einige Stufen bis zum Plateau vor dem Eingang der Kirche. Ein weiter Weg war es auch, bis die Johanneskirche in unmittelbarer Nähe zum Kapfwald im Schwarzwälder Kurort Bad Dürrheim gebaut werden konnte. Entgegen anfänglicher Bedenken hinsichtlich des Bauplatzes schuf der Architekt Horst E. Linde gerade in Bezug zur nahen Natur, zusammen mit dem Künstler Georg Meistermann, einen Raum geborgener Transparenz. Für die heimische Gemeinde ebenso wie für die zahlreichen Kurgäste wurde dieser schnell ein Ort der Ruhe und Andacht.

  • Überblick
    Ort
    Bad Dürrheim

    Landeskirche
    Evangelische Landeskirche in Baden


    Name der Kirche
    Johanneskirche

    Einweihung
    1961 (11. Juni)

    Architekt
    Horst Eduard Linde

    Künstler
    Erich Hauser, Georg Meistermann, Hans Mettel
    Besonderheit
    Die Johanneskirche besitzt einen klar gegliederten, modernen Raum, der in Materialwahl und Bauelementen das spannungsvolle Wechselspiel zwischen Natur und Architektur zeigt.

    Nutzung
    Gemeindekirche der evangelischen Kirchengemeinde Bad Dürrheim und der Kurseelsorge.

    Standort / Städtebau
    Im Kurort Bad Dürrheim, etwas abgerückt von der Wohnbebauung, auf einer erhöhten Lichtung am Rande des Kapfwaldes stehend.

  • Beschreibung
    Grundriss

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Grundriss

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Grundriss

    Ein gestrecktes Hexagon mit überstehenden Wandschalen teilt sich am Knickpunkt der Längsseiten in einen langen Gemeinde- und einen verkürzten Altarraum. Vergleichbar einer Geste schützend geformter Hände bergen die nach außen gewinkelten Seitenwände die versammelte Gemeinde in ihrem Inneren und richten sie zugleich auf den Altar hin aus. Im Chor konzentrieren sich die liturgischen Orte: der mehrstufig erhöhte Altarraum mit dem Taufort zur Linken und der Kanzel zur Rechten. Im Süden des Gebäudes, neben dem Plateau vor dem Eingang, ist der Glockenturm als Campanile angelegt. Der Baukörper ist entlang einer leicht nach Osten gekippten Nord-Südachse ausgerichtet.

     

    Außenbau

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Außenbau | Foto: ev. Kirchengemeinde Bad Dürrheim

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Foto: ev. Kirchengemeinde Bad Dürrheim

    Der kupferverkleidete, flachgedeckte Baukörper steht auf einer leichten Anhöhe am Rande des Kapfwaldes, etwas abgerückt von der Wohnbebauung. Eine breite Treppe führt seitlich hinauf zu einem terrassenartig angelegten Plateau vor dem Eingang der Kirche. Die klar verglaste Front ist von der Traufkante deutlich zurückgesetzt. Die Seitenwände des Baukörpers sind auf der Eingangsseite unmerklich nach außen gestellt. Das sich so öffnende Gebäude lädt den Besucher ein, sich in den Raum hinein zu begeben. Das weithin sichtbare, hölzerne Relief mit figürlicher Darstellung über dem Eingang verweist auf die Gemeinschaft im Inneren; zugleich bindet es über die Materialität den Baukörper in den umliegenden Wald ein. Markant ragt der freistehende, aus mehreren weiß verputzten Betonscheiben zusammengesetzte Glockenturm in die Höhe. Zwischen Geschossplatten eingeschobene Schallöffnungen treten unregelmäßig hervor.

     

    Innenraum

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Innenraum | Foto: ev. Kirchengemeinde Bad Dürrheim

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Foto: ev. Kirchengemeinde Bad Dürrheim

    Im Inneren flankieren ziegelsichtige Wände mit regelmäßig vorspringenden Steinen den Weg in den Raum. Breite, graue Horizontalfugen über je vier Ziegelreihen weisen gleichsam wie Fluchtlinien Richtung Altarraum. Schlanke Querträger aus Holz stützen rhythmisch die helle, flache Balkendecke. Zwischen dieser und den Kirchenwänden ist ein schmales Lichtband eingefügt, das die Decke scheinbar schweben lässt. Oberhalb des Eingangs befindet sich die über eine seitliche Wendeltreppe zu erreichende Sängerempore mit Orgelprospekt. Gegenüberliegend öffnet sich der Altarraum in einer vollständig verglasten Wand zur umgebenden Natur.

  • Liturgie und Raum
    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Altarraum | Foto: Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Altarraum | Foto: Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst

    Die hexagonale Grundform des Baus spielt sowohl auf die Versammlung der Gemeinde im Raum als auch ihre Konzentration gen Altarraum an. Dieser ist um wenige Stufen erhöht. Taufe und Kanzel rahmen den Altartisch, doch die drei in schlichten Formen ausgeführten Prinzipalien werden von dem monumentalen Chorfenster überstrahlt. Das Glasbild von Georg Meistermann rückt – in Anlehnung an die Benennung der Kirche – ein Wort aus dem Johannesevangelium ins Zentrum des Raums: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh 14, 6). Das seitlich umlaufende Lichtband zwischen Decke und Wänden verklammert symbolhaft den Raum der Gemeinde mit der nördlichen Glaswand, die zugleich die Blicke auffängt und in das jenseitige Waldgelände weiterleitet.

  • Ausstattung
    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Taufschale | Foto: Anja Becker-Chouati

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Taufschale | Foto: Anja Becker-Chouati

    Das große Holzrelief über dem Eingangsportal schuf Hans Mettel (1903-1966), u.a. von 1950 bis 1956 Direktor der Frankfurter Städelschule. Auf dem Relief steht Jesus inmitten einer Menschenmenge, die er zu sich ruft. Mettel schuf auch das Altarkreuz sowie das Taufbecken neben dem Altar, beide aus Bronze. Auf dem Taufbecken sind die Seligpreisungen eingeschrieben (vgl. Mt 5, 3-10). Von dem Schwarzwälder Künstler Erich Hauser (1930-2004) stammt eine Bronzearbeit mit der Darstellung des Abendmahles, die an der östlichen Seitenwand im Innenraum angebracht ist. Die Apostel stehen um Jesus herum; dünne Metallstäbe mit unzähligen Lötpunkten bilden die Figurengruppe. Raumprägendes Ausstattungsstück der Kirche ist das große, von Georg Meistermann entworfene (1909-2011) Chorfenster, das 1961 von der Glaswerkstatt Derix in Düsseldorf-Kaiserswerth ausgeführt wurde. Das Fenster verweist in symbolisch reduzierter Darstellung auf die Trinität: von oben reicht die Hand Gottes in den Raum hinein, im Zentrum steht das Kreuz Jesu Christi; fallende Tropfen symbolisieren den Heiligen Geist. In die östliche Seitenwand sind außerdem vier kleine Öffnungen mit gestalteter Farbverglasung eingefügt; auch diese stammen von Meistermann und beziehen sich auf vier Sequenzen aus dem Johannesevangelium: Ich bin das Brot des Lebens (Joh 6, 48), Ich bin der Weinstock (Joh 15, 1-8), Ich bin der gute Hirte (Joh 10, 11 ff.), Ich bin die Auferstehung und das Leben (Joh 11, 25-26).

  • Von der Idee zum Bau
    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Außen | Foto: Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst

    Bad Dürrheim | Johanneskirche | Außen | Foto: Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst

    Der Zuzug evangelischer Christen und der Ausbau der Kurseelsorge führten in den 1950er Jahren zu dem Vorhaben, einen neuen evangelischen Kirchenbau in Bad Dürrheim zu errichten. Der Bürgermeister und Kurdirektor Otto Weissenberger unterstützte den Pfarrer der Gemeinde, Karl-Heinz Jordan, bei den Planungen. Als Grundstück wurde eine Fläche gewählt, die ehemals im Besitz des Johanniterordens war. Diese Verbindung kommt bis heute im Namen Johanneskirche sowie in thematischen Bezügen der künstlerischen Ausstattung zum Ausdruck. 1958 wurde ein beschränkter Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem der Entwurf des Architekten Horst Linde siegreich hervorging. Aufgrund anfänglicher Bedenken von Gemeindemitgliedern und Anwohnern bzgl. des geplanten Standortes der Kirche in unmittelbarer Nähe zum Kapfwald, zogen sich die Planungen zunächst etwas hin. Doch nach engagierter Überzeugungsarbeit konnte 1959 mit dem Bau der Kirche begonnen werden; am 24.05.1960 fand die Grundsteinlegung statt. Die feierliche Einweihung erfolgte am 11.06.1961 durch Landesbischof Dr. Julius Bender. Das Gemeinde- und Kurseelsorgezentrum „Haus der Begegnung“ neben dem Kirchengebäude, das ab 1970 geplant wurde, konnte 1976 eingeweiht werden.

  • Der Architekt
    Stuttgart | Wuerttembergische Landesbibliothek | Horst Linde | Foto: © Rolf Gebhardt, CC BY-SA 3.0

    Stuttgart | Wuerttembergische Landesbibliothek | Horst Linde | Foto: © Rolf Gebhardt, CC BY-SA 3.0

    Bereits während seines Architekturstudiums an der TH Karlsruhe (1931-36) war Horst Eduard Linde (geb. 1912 in Heidelberg) mit einem Wettbewerbsbeitrag für ein neues Kurhaus in Bad Dürrheim tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er zunächst als freier Architekt; ab 1951 wurde er Leiter der Bauabteilung des Badischen Finanzministeriums, seit 1957 des Landes Baden-Württemberg. Ab 1960 erhielt er eine Professur an der TH Stuttgart, wo er ab 1961 bis zu seiner Emeritierung 1977 für die Hochschulplanung verantwortlich war. Neben zahlreichen profanen Bauaufgaben wie verschiedenen Universitätsgebäuden, dem Wiederaufbau des Stuttgarter Neuen Schlosses (1957-64) und dem Landtag von Baden-Württemberg (1961), realisierte Linde zwar nur wenige, dafür aber besonders bemerkenswerte Kirchenbauten. Es entstanden u.a die renommierte Ludwigskirche in Freiburg (1954) – ein von den Brüdern Perret inspirierter Bau – sowie zeitgleich im Zuge der Neustrukturierung der Universität Freiburg auch die querovale Klinikkirche der Universität, die sich ebenfalls durch ihre moderne Leichtigkeit auszeichnet. Sechs Jahre nach der Bad Dürrheimer Johanneskirche konzipierte Linde außerdem die Michaelskapelle in Baden-Baden (Ebersteinburg). Der Architekt starb 2016 im hohen Alter von 104 Jahren in Freiburg.

  • Literatur (Auswahl)
    • Jürgen Joedicke: Die evangelische Johanneskirche in Bad Dürrheim von Horst Linde, in: das münster 16.1963, 185-187
    • Liane Wilhelmus: Georg Meistermann. Das glasmalerische Werk, Petersberg 2014, 370-373
    • Hugo Schnell: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dokumentation, Darstellung, Deutung; München 1973
    • Festschrift: 50 Jahre Evangelische Johanneskirche Bad Dürrheim, Bad Dürrheim 2011
    • Horst Linde: Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau – Horst Linde

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Anja Becker-Chouati M.A. (Beitrag online seit 04/2019)

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