Beilngries
Marienkapelle
Hirschberg 70
92339 Beilngries
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Informationen
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Bitte vor Ort erfragen! Anschrift Pfarramt Beilngries, St. Walburga, Katholisches Pfarramt
Pfarrgasse 7
92339 Beilngries
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Öffnungszeiten Pfarramt Kontaktadresse des Tagungshauses
Schloss Hirschberg. Tagungshaus der Diözese Eichstätt
Hirschberg 70
92339 Beilngries
08461 6421-0
www.tagungshaus-schloss-hirschberg.de
Gottesdienstzeiten Kirche FR: 7.30 Uhr
Alle aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden: www.tagungshaus-schloss-hirschberg.de/geistliches-leben/marienkapelle/.
Kirchen im Süden
Zurück in die Romanik?
Im historischen Schloss Hirschberg, das seit 1925 als Tagungshaus der Diözese Eichstätt dient, sollte Mitte der 1960er Jahre eine neue Kapelle entstehen. Die Denkmalpflege wollte den modernen Zusatz wie eine Erweiterung der alten Wehranlage wirken lassen. Das kirchliche Bauamt erwog, die neu zu errichtende Kapelle mit der bestehenden Kapelle St. Johannes Evangelist zu einer „sakralen Gesamtzone“ zu verbinden. Im Dialog mit dem Architekten Alexander von Branca verknüpfte man beide Ansätze zu einem modernen Konzept, das sich sensibel in den Bestand einfügt: Bis zum Boden heruntergeführt, wirkt die Kapelle mit ihren Vor- und Rücksprüngen, mit dem unregelmäßigen Dolomit-, dem grauen Kalkstein- und dem Betonstützmauerwerk tatsächlich burgartig. Offenbar bewusst griff von Branca dabei nicht auf die barocke Schlossanlage zurück, sondern auf die staufische Burg – ohne jedwede Anbiederung.
- ÜberblickOrt
Beilngries
Bistum
Bistum Eichstätt
Name der Kirche
Marienkapelle
Weihe
1969
Architekt
Alexander von Branca
Künstler
Felix Bacherle, Florian Lechner, Barbara MartensBesonderheit
Die Marienkapelle verdeutlicht mit ihrer großen handwerklichen Sauberkeit und einem hohen ästhetischen Anspruch sinnfällig die beiden Pole, zwischen denen sich der Architekt Alexander von Branca bewegte: zwischen Tradition und modernem Bauen.
Nutzung
Kapelle in Schloss Hirschberg, Tagungshaus der Diözese Eichstätt
Standort / Städtebau
Nördlich von Eichstätt, westlich von Beilngries, auf einer schmalen Bergzunge oberhalb des Flusses Altmühl gelegen, bildet die Marienkapelle den nachkriegsmodernen Teil des historischen Schlosses Hirschberg. - Beschreibung
Grundriss
Die Marienkapelle zeigt einen siebeneckigen Grundriss. Ganz korrekt handelt es sich um einen elfeckigen Raum, rechnet man dazu die apsisartige Vertiefung für das Tabernakel sowie die Längswand mit der Orgelempore als Verbindung zur zweischiffigen Halle der ehemaligen Stallung nach Norden. Von dieser Halle passiert der Besucher auf seinem Weg nach unten drei Treppenstufen, einen innen umlaufenden, höheren Narthex (Vorhalle) und danach wieder über Stufen den eigentlichen Kapellenraum.
Außenbau
Die Marienkapelle wurde zwischen den romanischen Tortürmen und der barocken Schlossanlage in die alten Wehrmauern eingebunden. Ihre regional typischen Dolomitquader bilden einen Mauerwerksverbund aus Werk- und Bruchstein mit wechselnden Lagerfugen. Die festungshafte Wirkung entsteht durch die nach außen hin scheinbar völlige Geschlossenheit und die winzigen, schießschartenähnlichen Fenster der Ost- und Westseite. Zudem erinnern die beiden südlich vorstehenden und geböschten Stützmauern, die über die Dachtraufe ausgreifen, an Zinnen. Das Auf und Ab besonders am nördlichen Hauptzugang mit seinen unterschiedlich hohen Mauern, dazu die nicht gleichförmig umlaufende, bewegte Dachlandschaft lassen den Bau zusätzlich wehrhaft erscheinen. Die Außenanlagen am Nordeingang zur Kapelle wurden ausgeführt auf zwei Durchbrüchen an der Balustrade mit einem dahinterliegenden Patio (Vorhof), über drei Stufen abgesenkt. Betritt der Besucher diesen geschlossen, atriumartig wirkenden Hof, empfängt ihn neben dem Haupteingang ein kleiner Brunnen, ein Quell lebendigen Wassers als Symbol des Tauforts.
Innenraum
Im Kapellenraum antworten die Bänke gleichsam auf den leicht vorgerückten Altar und umschließen diesen. Die Altarinsel wurde in Marmor ausgeführt und nur leicht erhöht. Das nicht regelmäßige Elfeck der Außenmauern besitzt eine mehrfach gestufte, dunkle Holzdecke, die von einem hohen Glasoberlicht überfangen wird. Diese konzentrische Lichtführung wird ergänzt durch kleine hochreckeckige Fenster in der Ost- und Westwand, ein kleines vertikales Lichtband hinter dem Altar und die schmalen Lamellenfenster oberhalb der Orgelempore. Nach Westen, oberhalb der innenliegenden, steil abfallenden Treppe zum unterhalb der Kapelle liegenden Vortragssaal, befindet sich ein kleiner Nebenraum mit der „Hirschberger Madonna“. Eine Sakristei mit einer Glocke außen an der Tür und Beichtkammern unter der Orgelempore nach Südosten bilden weitere Teilbereiche, die vom umlaufenden Narthex aus im erhöhten Laufniveau erreichbar sind. Das aufgehende Mauerwerk besteht sämtlich aus Bruchstein, während die Decke zwischen den oberen Eingängen und unter der Orgelempore im ganzen Vorraum, dem Narthex, in gestocktem Beton ausgeführt worden ist. Spuren der Schalbretter der Decke und der Stürze sind als Grate sichtbar.
- Liturgie und Raum
Der Kapellenbau ist ein Zentralraum, dessen Altar im Südosten entsprechend den Vatikanumsbeschlüssen vorgerückt steht. Die im Material deutlich unterschiedene Altarzone hebt sich vom Raum der Gemeinde höhenmäßig nur um zwei Stufen ab. Die Decke erreicht über dem Altar einen Höhepunkt in einem laternenartig aufgefassten Lichtschacht, dessen vier vertikale und eine horizontale Sprosse das Licht von Süden dosiert einströmen lassen. Die Setzung der übrigen Fenster bedingt, dass Raumteile hell und andere, besonders im nördlichen Teil, eher dunkel sind. Geplant wurde diese Kapelle für Gottesdienste und die Versammlung der Beter dem Nutzungsanspruch des Exerzitienhauses entsprechend. Von Branca beschrieb den Raum und die dort gefeierte Liturgie als eine unendliche Zeitbrücke, in der sich in der Eucharistie Zeitlosigkeit und Zeit durchdringen.
- Ausstattung
Weite Teile der Ausstattung wurden von Barbara Martens, Innenarchitektin im Büro von Branca, mitentwickelt: die Sitzbänke, die Farbgestaltung der Decke und die Gitter beim Haupteingang. Die strahlenförmigen Steinmetzarbeiten am Altarpodest führte Felix Bacherle aus, alles Kirchengestühl lieferte die Möbelwerkstätte Passau. In den hinteren Bankreihen finden sich noch die Kerzenhalter, die umlaufend die Gemeinde um den Altar in einen Lichtkreis stellen. Die Leuchter in der Halle stammen von Florian Lechner, der auch das als Glaszylinder in Antikglas ausgeführte Ewige Licht schuf. Für den Hauptaltar, den Ambo, zwei Weihwasserbecken, zwölf Apostelleuchter und eine Sedilienbank lag ein Angebot des Bildhauers Johannes Engelhardt aus Wemding vor, über dessen weitere Rolle die Quellen schweigen. Vor allem beim Tabernakel gab es Auseinandersetzungen zwischen dem Bauherrn, dem Architekten und Engelhardt, dessen Ausführung nicht abgenommen wurde. Stattdessen kam Lechner auch beim Ambo und beim feuervergoldeten Tabernakel mit Bergkristallen und Turmalinen zum Zug.
</>Die Fußböden im „religiösen Bereich“ bestehen aus Marmor „Rojo alicante“ gesägt, im Umgang liegen Jura-Platten, in allen Stufen ebenfalls Jura, in der Halle Agrob-Tonplatten in rötlicher Färbung. Künstlerisch gestaltet wurden zudem die Weihwasserbecken, ein Vortragekreuz, zwölf Apostelleuchter, eine Eingangsstele mit Weihwasserkessel, die Einzugsglocke, geschmiedete Fenster und Gittertüren sowie die Verglasung der Gitterfenster und Türen. Die übrigen Fenster fertigte man als Thermopane in Stahlrahmen, den Kapellenboden in Holzstöckelpflaster Eiche Natur. Drei Beichtkammern in der Südwand wurden schon 1967 aufgegeben, stattdessen in die Sakristei vor die Südwand gelegt. Nachträglich angeschafft wurden ein goldgefasstes Balkenkreuz ohne Corpus und eine nahe beim Ambo befindliche Stele für die Osterkerze. Die Sandner-Orgel stammt vermutlich aus den frühen 1970er Jahren.
- Von der Idee zum Bau
Das ehemalige Fürstbischöfliche Jagdschloss auf dem Hirschberg dient seit 1925 als Diözesan-Exerzitienhaus im Bistum Eichstätt. In die langgestreckte Rechteckanlage, eine zwischen 1760 bis 1764 von Maurizio Pedetti zur Sommerresidenz der Eichstätter Fürstbischöfe umgestaltete spätromanische Höhenburg, wurde von 1966 bis 1969 die neue Marienkapelle in den Zwinger des Südhangs eingebunden. Zu einem beschränkten Architektenwettbewerb hierfür hatte man die Büros Friedrich Haindl München, Josef Elfinger Ingolstadt, Franz Kiessling München und Alexander Freiherr von Branca eingeladen. Die Gutachterkommission empfahl von Brancas Entwurf zur Durchführung. Die gesamte Maßnahme sollte den Anbau einer Kapelle mit Vortragssaal und den Umbau des bestehenden Südflügels umfassen. Als „harmonisierende Lösung“ gedacht, wurde die alte Schlosskapelle gleichsam angebunden: Die am Ende einer längsgerichteten Halle gelegene, als festlicher Vorraum aufgefasste, heute barockisierte Kapelle bildet einen Bezugspunkt als vorhandene Zeitschicht. Jüngste Veränderungen in dieser Vorhalle lassen den aufmerksamen Besucher noch ein Weihwasserbecken in Höhe des Abgangs zur Kapelle entdecken.
- Der Architekt Alexander von Branca
Alexander Freiherr von Branca, geboren am 11. Januar 1919 in München, studierte von 1946 bis 1950 Architektur an der TU München (u. a. bei Hans Döllgast) und an der ETH Zürich. Bis Mitte 1956 arbeitete er in Bürogemeinschaft mit seinem Berufskollegen Herbert Groethuysen. Von Branca wurde bekannt durch prominente Profanbauten wie die Neue Pinakothek (1981) in München sowie U-Bahnstationen in Bonn und München.
Auch im Kirchenbau hinterließ er prägende Spuren: von St. Matthias (1965) in München bis zum Priesterseminar St. Hieronymus (1986) in Augsburg. Das Spiel mit heimischen und modernen Materialien, die Sichtbeton- und Holzoberflächen in ihren Kontrasten, wie sie die Marienkapelle auf Schloss Hirschberg zeigt, wurden für von Branca ein wesentliches Gestaltungsmerkmal seiner Entwurfshaltung bis in die 1970er Jahre hinein. Alexander von Branca starb am 21. März 2011 im oberbayerischen Miesbach im Alter von 92 Jahren.
- Literatur (Auswahl)
- Andreas Bauch: Exerzitienhaus Schloss Hirschberg bei Beilngries (Schnell Kunstführer 639), München 1980, 3. Auflage.
- Thomas Biller: Schloss Hirschberg im Altmühltal. Eine staufische Burganlage, in: Burgen und Schlösser 1971, 17-19.
- Josef Fellerer u. a.: Kirchenbau in der Diskussion, Katalog zum 80jährigen Bestehen der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e. V., hg. von der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst e. V. München, München 1973, 48-49.
- Georg Hager (Hg.): Bezirksamt Beilngries (Die Kunstdenkmäler von Oberpfalz und Regensburg XII), München/Wien 1982 (Nachdruck der Ausgabe München 1908).
- Felix Mader: Geschichte des Schlosses und Oberamtes Hirschberg, Eichstätt 1940.
- Gerhard Matzig: Neues im Altmühltal: Karljosef Schattners „Weiterbauen“ auf Schloss Hirschberg, in: Bauwelt 83, 1992, 886-895.
- Manfred Sack: Schloss Hirschberg, Altmühltal: Architekten Karljosef Schattner; Karl- Heinz Schmitz, Diözesanbauamt Eichstätt, in: Architektur-Jahrbuch 1993, 132-137.
- Wolfgang Jean Stock: Erweiterung Schloss Hirschberg: Architekten Karljosef Schattner; Karl- Heinz Schmitz/Wolfgang Jean Stock, in: Baumeister 91, 1994, 36-41.
- Andreas Tillmann: Ausgrabungen auf Schloß Hirschberg; Gemeinde Beilngries, Landkreis Eichstätt, Oberbayern, in: Das Archäologische Jahr in Bayern 1988/89, 140-141.
- Tino Walz (Hg.): Der Architekt Alexander von Branca. Seine Bauten und Aquarelle, Katalog, Chesa Planta Zuoz, Sommer 1996, Polling 1996, 24-25.
- Quellen: Diözesanarchiv Eichstätt, Privater Nachlass Alexander Freiherr von Branca Miesbach.
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