Berlin

Gustav-Adolf-Kirche

Anschrift Kirche
Herschelstraße 14
10589 Berlin
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Evangelische Kirchengemeinde Gustav-Adolf
    Herschelstraße 14
    10589 Berlin
    030 3446094
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    Öffnungszeiten Pfarramt MO: 9.00 - 13.00 Uhr
    DO: 16.00 - 18.00 Uhr
    FR: 9.00 - 11.00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online abgerufen werden unter: www.gustav-adolf-gemeinde.de/gottesdienste.
    Kirchen im Osten

Wenn das Warten lohnt

Es vergingen über 20 Jahre von den ersten Plänen bis zur Einweihung der neuen evangelischen Kirche in Berlin-Charlottenburg im September 1934. Dazwischen lagen nicht nur der Erste Weltkrieg und die Inflation, sondern auch eine kontroverse fachliche Diskussion um den dazugehörigen Architektenwettbewerb. Am Ende hatte sich Otto Bartning mit seinem Entwurf durchsetzen können. Als die Gustav-Adolf-Kirche im Krieg stark beschädigt wurde, war es abermals Bartning, der den Wiederaufbau anleitete. Doch das lange Warten hat sich gelohnt, nicht nur für die Gemeinde: Der expressive Kirchen-Fächer verleiht dem Platz am Schnittpunkt von Brahe- und Herschelstraße bis heute einen unverwechselbaren Charakter.

  • Überblick
    Ort
    Berlin

    Landeskirche
    Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz


    Name der Kirche
    Gustav-Adolf-Kirche

    Einweihung
    1934 (16. September)

    Architekt
    Otto Bartning

    Künstler
    Rudolf Koch, Julius Schramm
    Besonderheit
    Die Gustav-Adolf-Kirche, der Otto Bartning ihren außergewöhnlichen fächerförmigen Grundriss verlieh, vereint das Neue Bauen mit der Formenwelt des Expressionismus.

    Nutzung
    Gemeindekirche

    Standort / Städtebau
    Die Kirche steht am südlichen Dreieck des Gustav-Adolf-Platzes, das durch die rechtwinklige Kreuzung der Brahestraße und der Herschelstraße gebildet wird. Der Bau bezieht sich in seiner Anlage auf die Kreuzung als Fixpunkt und wirkt als städtebauliche Dominante.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Grundriss

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Grundriss

    Die Gustav-Adolf-Kirche erhebt sich auf einem von Symmetrie geprägten Grundriss in Fächerform. Er bildet ein Kreissegment, dessen Radiallinien auf die Kreuzung von Brahestraße und Herschelstraße zuweisen. Nach Art einer Basilika ist der Grundriss in fünf „Schiffe“ untergliedert, die fächerförmig auf den Kirchturm ausgerichtet sind. Die Außenwand des Turms bildet den Abschluss des Altarbereichs. Auf der gegenüberliegenden nördlichen Seite der Kirche ist rechts und links je ein Treppenhaus angeordnet. Beide führen zu einer ringartigen Empore mit weiteren Sitzplätzen.

     

    Außenbau

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Außenbau | Foto: Andreas Praefcke, GFDL oder CC BY 3.0

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Foto: Andreas Praefcke, GFDL oder CC BY 3.0

    In seiner Formensprache vereint der Bau die Neue Sachlichkeit mit dem Expressionismus. Mittelpunkt ist der dominante Kirchturm, der an seinen Langseiten weiß verputzt, an den Schmalseite durch Betonprofile horizontal gegliedert ist. Letztere wurden mit gelbem Klinker ausgefacht. Von der Turmspitze ausgehend, fächert sich der ganze Kirchenbau auseinander: zunächst in reliefartig hervortretenden, flächigen Baukörpern an den Langseiten des Turms, dann durch das breite Haupt- und die niedrigeren Seitenschiffe, schließlich in den beiden symmetrisch angeordneten Treppenhäusern an der dem Turm gegenüberliegenden Kirchenseite.

     

     

     

    Innenraum

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Innenraum | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Foto: Bildarchiv Monheim

    Der Innenraum greift den fächerförmigen, auf Symmetrie bedachten Außenbau wieder auf: Das Gestühl besteht aus vier gleich großen, zum Altarbereich schmaler werdenden Bankblöcken, die durch den als Symmetrieachse dienenden Mittelgang und zwei Seitengänge untergliedert sind. Außerdem wird der Kirchenraum durch sechs massive, in Eisenbeton gefertigte Längsbinder strukturiert, die strahlenförmig vom Turm zur Empore verlaufen und die Dächer der einzelnen Schiffe tragen: Sie setzen jeweils auf Fußbodenniveau an und verdeutlichen die Bauweise der Kirche. Zum Altar hin ist der Fußboden leicht abschüssig. Einige zum Saal hin abgerundete Stufen führen empor zum Altarbereich, in dessen Zentrum Kanzel und Altar, etwas abgerückt das Taufbecken verortet sind.

  • Liturgie und Raum
    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Altarbereich | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Altarbereich | Foto: Bildarchiv Monheim

    Bartning wollte die Aufmerksamkeit der Gemeinde gezielt auf den zentralen Altarbereich lenken, der dem imposanten Turm eine innere Entsprechung gibt. In diesem Sinne wollte er auch das massive Kreuz verstanden wissen, mit dem er das zentrale Fenster vom Altar ausgehend untergliederte und die Symmetrieachse der Kirche kennzeichnete. Damit bildet es sowohl liturgisch als auch statisch ein bedeutsames Element der Gustav-Adolf-Kirche. Trotz all dieser gestalterischen Aufwertung verstand Bartning den Altarbereich im übertragenden Sinn nur als untergeordneten Blickpunkt: Die Anordnung des Gestühls, die Linien der Längsbinder und die Grundrissform als Kreissegment weisen auf einen Mittelpunkt hin, der außerhalb des Kirchenraums liegt. Bartning verwies damit auf das Ziel, auf das sich die Gemeinde bei jedem Gottesdienst ausrichtet. Entsprechend bilden die blau-grünen Gläser der Altarfenster einen Kontrast zu den hell gehaltenen Fensterflächen der Langseiten des Gemeinderaums.

  • Ausstattung
    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Taufbecken | Foto: Bildarchiv Monheim

    Berlin | Gustav-Adolf-Kirche | Taufbecken | Foto: Bildarchiv Monheim

    Trotz der schweren Kriegszerstörung haben sich weite Teile der ursprünglichen Ausstattung erhalten. So trennt die handgeschmiedete Kanzelbrüstung von Julius Schramm nach wie vor den Altarbereich vom Gemeinderaum. Auch die von Rudolf Koch gefertigte Taufschale aus Messing hat den Krieg überdauert. Der Taufstein und der Altar dagegen zeigen nicht mehr den ursprünglichen Zustand: Während Bartning sie mit grünem Marmor verkleidete, sind sie heute mit hellem Klinker verblendet. Auch das Gestühl wurde in den 1960er Jahren ersetzt, so dass es statt der im Krieg zerstörten Bankreihen mit abgerundeten Rückenlehnen heute rechteckige Bankblöcke zeigt. Der ursprüngliche Schwung ist nur noch in der Anordnung der Reihen spürbar. In den frühen 1970er Jahren installierte Detlef Kleuker oberhalb der Empore eine Orgel, deren expressionistisch gezacktes Vorgängerinstrument dem Krieg zum Opfer gefallen war. Die farbigen Glasfenster wurden nach einem Entwurf Bartnings unter der Leitung seines Mitarbeiters Paul Meller von der Firma Puhl und Wagner gefertigt. 1961 betraute man die Nachfolgefirma mit der Rekonstruktion, die sich an den ursprünglichen Fenstern orientierte.

  • Von der Idee zum Bau

    Bereits 1913 bemühte sich die Charlottenburger Gemeinde um einen Kirchenneubau. Durch den Ersten Weltkrieg und die folgende Inflation wurden die Planungen aber immer wieder aufgeschoben. Auch der Bauplatz änderte sich mehrmals. 1924 schrieb die Stadtsynode einen ersten Wettbewerb aus, den das Charlottenburger Architektenduo Paul Ludwig Schultze und Otto Flöter mit dem ersten Preis für sich entscheiden konnte. Angekauft wurden insgesamt acht Entwürfe, Bartnings Beitrag war nicht darunter. Nach zahlreichen kritischen Stimmen aus Presse und Fachwelt intervenierte die Kirchengemeinde und kaufte nachträglich Bartnings Entwurf, der insbesondere städtebaulich überzeugen konnte. Der Grundstein für die neue Kirche wurde am 6. November 1932 gelegt. Am 16. September 1934 weihte man den Bau ein, die Nationalsozialisten nutzten die Feierlichkeiten propagandistisch aus. Nach starken Kriegszerstörungen wurde die Kirche 1950/51 unter Leitung Bartnings vereinfacht wiederaufgebaut, 1960 bis 1962 nochmals umgebaut und, inzwischen denkmalgeschützt, dabei dem originalen Zustand weitgehend angenähert.

  • Der Architekt Otto Bartning

    1883 in Karlsruhe geboren, studierte Otto Bartning ab 1902 Architektur in Charlottenburg, beendete das Studium 1907 jedoch ohne Abschluss. Bis zum Ersten Weltkrieg plante er zahlreiche evangelische Kirchen im Deutschen Reich und in Österreich. 1918 schloss er sich der Novembergruppe an und gründete u. a. mit Bruno Taut und Walter Gropius in Berlin den Arbeitsrat für Kunst. Auch an der theoretischen Bauhaus-Konzeption war Bartning beteiligt. Nach der Schließung des Bauhaus Weimar 1926 leitete Bartning die dortige Nachfolgeinstitution, die Bauhochschule. Von den Nazis wurde Bartnings Arbeit als „kulturbolschewistisch“ diffamiert, mehrere seiner jüdischen Mitarbeiter wurden nach der „Machtergreifung“ ermordet. Nach dem Krieg konzipierte er die sogenannten „Bartning-Notkirchen“. Ab 1950 führte er gemeinsam mit Otto Dörzbach ein Büro in Darmstadt, wo Bartning bis zu seinem Tod 1959 lebte.

    Als Architekt legte Otto Bartning seinen Schwerpunkt früh auf den Kirchenbau. Hierin bildet die Gustav-Adolf-Kirche ein zentrales Werk. Obwohl die moderne Eisenbetonkonstruktion dem Neuen Bauen verhaftet war, weist sie durch ihre außergewöhnliche Fächerform auch Bezüge zum Expressionismus auf. Wie bei anderen entsprechenden Projekten Bartnings stand auch in Charlottenburg seine Sternkirche Pate: ein archetypisches Modell aus dem Jahr 1922, das in der Fachwelt für Aufsehen sorgte. In den 1950er Jahren diente die Gustav-Adolf-Kirche ihrerseits als Vorbild für das Bauprojekt einer Gemeinde im brasilianischen Montenegro. Der Architekt Carl Herrmann verwirklichte hier mit der „Igreja da Ressurreicao“ von 1957 bis 1960 eine stark verkleinerte Variante des Charlottenburger Fächers.

  • Literatur (Auswahl)
    • Otto Bartning: Vom neuen Kirchbau, Berlin 1919.
    • Marcus Frings (Hg.): Die Sternkirche von Otto Bartning. Analyse, Visualisierung, Simulation, Weimar 2002.
    • Die Gustav-Adolf-Kirche in Berlin-Charlottenburg und ihr Architekt Otto Bartning. Festschrift zum 75. Jahrestag der Einweihung, hg. von der Evangelischen Gustav-Adolf-Kirchengemeinde und der Otto Bartning-Arbeitsgemeinschaft Kirchenbau, Gifhorn 2009.
    • Ulrike Nierste: Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Die Gustav-Adolf-Kirche von Otto Bartning und der Kirchenbau der Weimarer Republik, Berlin 2012.
    • Christoph Schneider: Das Notkirchenprogramm von Otto Bartning, Marburg 1997.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Julius C. Reinsberg M. A., Offenbach am Main (Beitrag online seit 12/2016)

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