Berlin-Schmargendorf

Kreuzkirche

Anschrift Kirche
Hohenzollerndamm 130
14199 Berlin
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Evangelische Kirchengemeinden im Wilmersdorfer Süden
    Hohenzollerndamm 130a
    14199 Berlin
    030 83224663
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    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: www.kreuzkirche-berlin.de/gottesdienste/.
    Kirchen im Osten

 „Eine moderne Kirche muss es werden“

Manchmal reichen 15 Jahre, um aus einem neumodischen einen altmodischen Plan zu machen. Vor allem, wenn in diese Zeit ein Kaiserreich, eine Revolution und eine Republik fallen. 1911 hatte der Architekt Ernst Paulus mit Olaf Lilloe den Wettbewerb für die neue evangelische Kirche in Berlin-Schmargendorf gewonnen. Doch dann kamen Krieg und Inflation dazwischen. Mitte der 1920er Jahre wagte die Gemeinde einen neuen Anlauf und wollte dafür auch einen neuen Plan sehen. Ernst Paulus, der nun mit seinem Sohn Günther zusammenarbeitete, fertigte einen zweiten Entwurf: „Eine moderne Kirche muss es werden.“ Bis 1929 setzte er an den Hohenzollerndamm einen Turmriegel mit einem spektakulären Pagodenvordach, dahinter einen niedrigen Gang zum achteckigen Kirchenraum mit 5-Meter-Porzellankreuz und beheizbarem Taufbecken. Die Presse titelte zufrieden: „Die Zeitkirche behält ihre Ewigkeitssprache.“

  • Überblick
    Ort
    Berlin-Schmargendorf

    Landeskirche
    Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz


    Name der Kirche
    Kreuzkirche

    Einweihung
    1929 (15. Dezember)

    Architekten
    Ernst Paulus, Günther Paulus

    Künstler
    Max Esser, Felix Kupsch, Willy Rakuttis, Erich Wolde
    Besonderheit
    Die Kreuzkirche zeigt nicht nur aufsehenerregenden Bauschmuck wie ein blaues Pagodenvordach, sie verbindet vor allem das Beste der Kirchbautradition – Turmriegel, Kreuzgang und Zentralraum – zu einem unverwechselbaren Grundriss.

    Nutzung
    Gemeindekirche

    Standort / Städtebau
    In Schmargendorf (einem Ortsteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf), wo im Südwesten von Berlin der Hohenzollerndamm auf die Forckenbeckstraße trifft, ist das Ensemble der Kreuzkirche zwischen einer belebten Straßenkreuzung und einem Regenwasserstauweiher aufgespannt.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Grundriss

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Grundriss

    Wo die Forckenbeckstraße auf den Hohenzollerndamm trifft, erhebt sich die Kreuzkirche auf einem vielgliedrigen Grundriss. Zur Straßenecke weist der Turm mit Portalvorbau nach Westen wie ein Querriegel auf rechteckigem Grundriss, der nach Süden in einem eingezogenen, dreifach gebrochenen Chor ausläuft. Ein langgestreckter Gang, der sog. Kreuzgang, verbindet den Turm mit dem Kirchenraum im Osten auf achteckigem Grundriss, dem nach Osten nochmals ein vielfach gebrochener Altarraum mit Sakristei und Außentreppe angefügt ist. Zur Straßenkreuzung im Nordwesten hin wird das Ensemble durch Pfarr- und Küsterhaus auf L-förmigem Grundriss abgerundet.

     

    Außenbau

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Außenbau | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Das Ensemble der Kreuzkirche lebt nach außen durch das Spiel mit Backstein (handgestrichener Oldenburger Klinker). Glatte Flächen werden teils von Fenstern durchbrochen, teils durch Zickzackfriese und Spiralstäbe aufgelockert. Zur Straße hin zeigt sich der Turm-Querriegel hochgeschlossen, von drei pyramidalen kupfernen Turmnadeln bekrönt und von einem blau glasierten Pagodendachvorbau erschlossen. Der nach Osten angefügte schmale Kreuzgang wird in fünf Achsen durch Spitzbogenfenster gegliedert. Im Osten weitet sich die Baugruppe wieder zum zentralisierenden Kirchenbau mit Lanzettfenstern. Dieser zeigt sich zum angrenzenden Regenwasserstauweiher doppelgeschossig, um im Erdgeschoss den Gemeindesaal aufzunehmen. Die Nebenbauten mit Pfarr- und Küsterhaus sind in der Regel zweigeschossig, von Walmdächern bekrönt und schirmen die Anlage nach Nordwesten zur Kreuzung hin ab.

     

    Innenraum

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Innenraum | Foto: Florian Monheim

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Foto: Florian Monheim

    Als Haupterschließung dient der Pagodendachvorbau. Er führt den Besucher zur parabelbogengewölbten Brauthalle, die hellgelb-goldfarbene Töne zeigt. Der sich anschließende, ebenfalls parabelbogengewölbte Kreuzgang geht in Rottöne über, um sich zum grün-blau gefassten Kirchenraum zu weiten. Dieser wird nochmals zu zwei Parabelbogennischen hin geöffnet: im Westen für die Orgelempore, ihm gegenüber im Osten für den violett gefassten Altarraum. Hier führen insgesamt sechs Stufen zum Altar an der Stirnwand, ihm sind nach Norden die Kanzel auf den Stufen und nach Süden das Taufbecken vor den Stufen zur Seite gestellt. Darüber hinaus verfügt das Ensemble der Kreuzkirche über zahlreiche gemeindliche Nebenräume – vom Gemeindesaal unter dem Kirchenraum bis zum Jugendtreff „Café Tower“ im Turm.

  • Liturgie und Raum
    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Brauthalle | Foto: Florian Monheim

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Brauthalle | Foto: Florian Monheim

    Nach innen belegt die Kreuzkirche den Willen der Bauzeit, einen ebenso künstlerisch wie funktional modernen Gottesdienstraum zu schaffen. So verfügt der Bau über drei sowohl getrennt als auch gemeinsam nutzbare Raumzonen: die Brauthalle (mit einem eigenen Altarraum im Süden) für den Aufenthalt größerer Gruppen z. B. vor einer Trauung und für kleinere Gottesdienstformen, der verbindende Kreuzgang und der wie ein Amphitheater um das liturgische Zentrum angeordnete Kirchenraum. Bei Bedarf übertrug die Gemeinde den Gottesdienst per Lautsprecher in die Brauthalle und versorgte so bis zu 1.000 Besucher. Dieser Logik des protestantischen Predigtraums folgte ursprünglich auch die Kanzel, die mittig auf den Stufen des Altarraums verortet war, vor ihr das Taufbecken „im Angesicht der Gemeinde“. Nach den Kriegsschäden ordnete man den Altarraum nach Ideen neu, wie sie für den protestantischen Kirchenbau in den „Rummelsberger Grundsätzen“ (1951) niedergelegt wurden. Altar und Taufe sollten einen würdigen, gut einsehbaren Ort erhalten, dem die Kanzel zur Seite gestellt wurde. Der Ensemblecharakter, den Ernst und Günther Paulus für die Kreuzkirche entfalteten, erweist sich heute als höchst zeitgemäß: Der Westturm markiert den kirchlichen Standort, der wiederum über ein vielfältiges – teils zum Viertel offenes, teils vor dessen Treiben geschütztes – Raumprogramm für die Gemeindearbeit verfügt.

  • Ausstattung
    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Bauplastik | Foto: Florian Monheim

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Bauplastik | Foto: Florian Monheim

    Die bekanntesten Kunstwerke der Kreuzkirche dürften zur Bauplastik gehören, die der Bildhauer Felix Kupsch gestaltete: die langgestreckten Engelsfiguren an den Turmecken und vor allem das aufsehenerregende, blau glasierte, figürlich geschmückte Pagodenvordach. Nicht minder prägend ist das originale, heute teils nachgestellte Farbkonzept für die Innenräume von Erich Wolde. Das 5 Meter hohe Porzellankreuz, die Bronzeleuchter, die Kanzel und das Taufbecken nach Entwürfen von Max Esser wurden im Krieg zerstört. Heute findet sich auf dem Altar das kleinere Modell des verlorenen Porzellankreuzes, die übrigen Prinzipalstücke entstanden mit der Neuordnung in den 1950er Jahren. Im Kreuzgang wurden bauzeitliche Fenster wiederhergestellt, die ursprünglich alle der gotischen Glasgestaltung des Xantener Doms nachempfunden worden waren. Die Fenster im oktogonalen Kirchenraum hingegen zeigen größtenteils die abstrakte Gasgestaltung der 1960er Jahre von Willy Rakuttis. Ebenfalls aus der Nachkriegszeit stammt die heutige Schuke-Orgel, die 1957 von der Gemeinde angekauft wurde, während das Kruzifix im Altarraum der Brauthalle bis in die Spätgotik zurückreicht.

  • Von der Idee zum Bau
    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Verbindungsgang | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Verbindungsgang | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Das bis 1920 selbständige Schmargendorf verfügte über eine gotische Feldsteinkirche. Doch Ende des 19. Jahrhunderts musste die 1532 begründete evangelische Gemeinde über eine zweite Predigtstätte nachdenken, da der Ort im Berliner Speckgürtel mit der Industrialisierung sprunghaft anwuchs: 1899 wurde Schmargendorf zum selbständigen Amtsbezirk erhoben, zeitgleich entstanden der Hohenzollerndamm und das Rathaus. Zunächst blieb der 1891 erstmals schriftlich niedergelegte Kirchbauwunsch unverwirklicht, erst 1908 erhielt der Ort eine eigene Pfarrstelle. 1910/11 schließlich verständigten sich weltliche und kirchliche Gemeinde darauf, einen Bauplatz für eine Kirche vorzuhalten und einen beschränkten Wettbewerb auszuschreiben. Diesen gewann das Berliner Büro Olaf Lilloe und Ernst Paulus, nur Krieg und Inflation verhinderten die Umsetzung.

    Als die Gemeinde das Projekt Mitte der 1920er Jahre wieder aufnehmen wollte, erschien ihr die Altplanung nicht mehr zeitgemäß. Daraufhin überarbeiteten Ernst und Günther Paulus den Entwurf. Am 4. Dezember 1927 legte man den Grundstein zur Kreuzkirche und feierte am 15. Dezember 1929 deren Einweihung. Nach leichten Kriegsschäden von 1943 wurde die Kirche bis 1953 wiederhergestellt und im Altarraum neu geordnet. In den 1980er Jahren sanierte man den Bau erneut, dieses Mal mit Blick auf die Details der Bauzeit. Ab den 1990er Jahren wurden stufenweise die expressionistische Farbgebung und einzelne Fenstergestaltungen wiederhergestellt. 2008 löste sich eine Glocke aus ihrer Verankerung im Turm. Aktuell engagiert sich die Kirchengemeinde für die Wiederherstellung des Geläuts und möglicherweise auch des kriegszerstörten Porzellankreuzes im Altarraum.

  • Die Architekten Ernst und Günther Paulus
    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Pfarrhaus | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Berlin-Schmargendorf | Kreuzkirche | Pfarrhaus | Foto: Bodo Kubrak, CC BY SA 4.0

    Der Berliner Architekt Ernst Paulus (1868-1936) und sein Sohn Günther Paulus (1898-1976) waren in Berlin um 1930 vor allem für gehobene Landhäuser und Villen sowie maßstäbliche Siedlungsprojekte bekannt. Nachdem Ernst Paulus eine Maurerlehre und in Nienburg an der Weser die Architektenausbildung absolviert hatte, wurde er als Mitarbeiter im Berliner Büro Hans Grisebach und August Dinklage angestellt. 1901 nahm er den Platz von Grisebach als Partner ein, 1905 trat Olaf Lilloe an die Stelle von Dinklage, ab 1925 führte Ernst Paulus das Büro schließlich mit seinem Sohn Günther weiter. Gemeinsam gründeten sie auch eine Landsiedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft. Günther Paulus hatte sich in Karlsruhe und Berlin zum Architekten ausbilden lassen, dann in Berliner Büros gearbeitet und promoviert.

    In die Zeit um 1930 fallen für Ernst und Günther Paulus vor allem Profanbauten, darunter so prominente Projekte wie die Künstlerkolonie in Berlin-Wilmersdorf (1927-31). Doch auch im Kirchenbau hatte Ernst Paulus bereits Erfahrungen gesammelt: Mit Dinklage bzw. Lilloe verwirklichte er in Berlin bis 1911/12 acht Kirchen. Darunter zeigen die Erlöserkirche in Moabit (1909-12) und die Osterkirche in Wedding (1911) bereits das Motiv des massiven Westturms, das in Schmargendorf wieder auftauchen sollte. An der Kreuzkirche findet sich der für Ernst Paulus typische, ebenso künstlerisch kreative wie handwerklich ausgefeilte Einsatz von Backstein. Für die modernen Akzente und technischen Neuerungen hingegen dürfte Günther Paulus maßgebliche Anstöße gegeben haben. Nach dem Krieg, der Vater war inzwischen verstorben, arbeitete Günther Paulus kurz in der Schweiz, bevor er sich in Brasilien als Architekt und Unternehmer etablierte. Erst 1968 kehrte er nach Deutschland zurück und wohnte in seinen letzten Jahren am Tegernsee.

  • Literatur (Auswahl)
    • Architekten BDA Ernst und Günther Paulus, Berlin. Evangelische Kirche in Schmargendorf, in: Bauwelt 21, 1930, 16, 1-12.
    • Franz Balke: Die neue Kirche am Hohenzollerndamm in Berlin-Schmargendorf, in: Kunst und Kirche 6, 1929/30, 3/4, 90-92.
    • Christine Goetz/Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Kirchen Berlin Potsdam, Berlin 2003.
    • Bettina Held: Ernst und Günther Paulus – Architekten. 1868-1936 und 1898-1976. Mit einem Katalog ihrer Werke, Berlin 2010.
    • Bettina Held: Kreuzkirche Berlin-Schmargendorf (DKV-Kunstführer 627), München o. J. [2004].
    • Hugo Nehmitz: Geschichte und Geschicke der Schmargendorfer Kreuzkirche zu Berlin von 1929 bis 1953. Festschrift zur Wiedereinweihung der Kreuzkirche, hg. vom Bauverein der Kreuzkirche Berlin-Schmargendorf, Berlin 1953.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Karin Berkemann, Frankfurt am Main/Greifswald (Beitrag online seit 11/2016)

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