Bischofsheim
Christkönig
Hochheimer Straße 3
65474 Bischofsheim
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Kirchen in Deutschlands Mitte
Auferstehung in Beton
Sie war ein echter Hingucker: Kaum war die Bischofsheimer Christkönigkirche fertig, da besprach man sie bereits in den einschlägigen deutschen Kunst- und Architekturzeitschriften wie „Die Christliche Kunst“, „Der Baumeister“ oder „Moderne Bauformen“. Auch der US-amerikanische „The Western Architect“ wurde auf sie aufmerksam – und Rudolf Schwarz pries hymnisch den „in mächtigen Kaskaden aufspringenden“ Sakralraum. Dem schloss sich 1928 der römische Nuntius Eugenio Pacelli an. Nachdem der spätere Papst Pius XII. mit einer Delegation von Bischöfen, Prälaten und Äbten das Opelwerk in Rüsselsheim besichtigt hatte, suchte er die bautechnisch innovative und damit ebenso provozierende Bischofsheimer Rohbeton-Kirche auf. Beeindruckt von ihrem tiefen Ernst verließ er sie.
- ÜberblickOrt
Bischofsheim
Bistum
Bistum Mainz
Name der Kirche
Christkönig
Weihe
1926 (22. November)
Architekt
Dominikus Böhm
Künstler
Hans WisselBesonderheit
Als einer der ältesten Rohbetonbauten in Deutschland verweist die Christkönigkirche in Gestalt einer parabolischen Via Sacra zeichenhaft auf die im Kreuzestod Jesu vorweggenommene Auferstehung.
Nutzung
Pfarrkirche
Standort / Städtebau
Die Kirche befindet sich in einer schmalen Straße zwischen schmucklosen, maximal zweigeschossigen Wohnhäusern, deren ältere noch den dörflichen Ursprung des hessischen Industrieortes Bischofsheim zu erkennen geben. - Beschreibung
Grundriss
Der längsrechteckige Grundriss der Kirche zeigt ein tiefes trichterförmiges Portal mit neunstufiger Podiumstreppe. In Flucht der linken Außenwand steht dem Aufgang ein längerer Vorbau zur Seite. Ein kürzerer, im Winkel um die Mauerflucht gesetzter Vorbau fügt sich rechts an. Zwei nah an die Innenwände gereihte, regelmäßige Bahnen von jeweils acht querrechteckigen Stützen begrenzen das breite Innenschiff. Zwischen Stützen und Innenwänden befinden sich gewölbte Durchlässe. Das Kirchenschiff ist stichkappengewölbt. Der Altarraum ist lediglich durch – den Zwischenräumen der letzten drei Stichkappenpaare eingeschriebene – Kappen ausgeschieden. An der Grenze zum Altarraum sitzt der Kirche außen rechts ein runder Treppenturm an.
Außenbau
Die vollständig in Backstein verkleidete Kirche kann außen lediglich von der Portalseite her wahrgenommen werden. Der linke seitliche Vorbau erweist sich als stumpfer, aber weit vorspringender, niedrig sechsgeschossiger Glocken- und Uhrenturm. Sein einziges Freigeschoss aus Betonrasterwerk setzt sich von der Gesamtfassade ab, die durchgängig im Backsteinverbund gestaltet und mittels durchgehendem Abschlussgesims vereinheitlicht ist. Das gotisierende Spitzbogenportal ist in maximalen Dimensionen in die Fassade eingetieft. Das Bogenfeld über dem Türrahmen aus Beton besteht aus einem zarten fünfbahnigen Harfenfenster. Die niedrige zweigeschossige Vorhalle rechts gleicht die asymmetrische Wucht des vorspringenden Turms gegenüber dem fast greifbaren Portalsog aus.
Innenraum
Das Raumerlebnis im Innern wird von dem über die gesamte Länge gezogenen und direkt vom Terrakottaboden aufsteigenden parabelförmigen Stichkappengewölbe bestimmt. Die fast in voller Höhe einschneidenden und ebenso parabelförmigen Stichkappennischen wirken vom Eingang aus wie eine geordnete Prozession hoher, die beiden Bankreihen und den Mittelgang begleitende Gestalten. Die den Altarraum definierende Verdopplung der Stichkappen über – abgespreizten und in Richtung Chorwand geneigten – Zungenpfeilern beschleunigt diesen Zug optisch. Gleichzeitig erhält der Raum so quasi-perspektivisch eine noch stärkere Tiefenwirkung. Alles ist auf den hohen Stufenaltar mit dem monumentalen Kruzifix dahinter ausgerichtet.
- Liturgie und Raum
Die Kirche besitzt keine räumliche Trennung zwischen Altar- und Gemeinderaum: Der gesamte Innenraum ist eine einzige Via Sacra, ein heiliger Weg zum Altar und zur Gestalt des Kreuzes. Christkönig bildet deshalb einen wichtigen Beitrag zum sogenannten christozentrischen, also zum zelebrations- und altarorientierten Kirchenbau, wie er Anfang der 1920er Jahre von liturgischen Reformkreisen in der katholischen Kirche vorgestellt wurde. Die Kirche stellt ferner einen letzten Zwischenschritt zum ungeteilten sogenannten Einraum dar, der Liturgen und mitfeiernde Gemeinde völlig ungeteilt umschließt.
Und letztlich: Die den Raum bestimmende Parabel ist in Christkönig echte Parabel und nicht, wie so oft im Kirchenbau, ein Gebilde mit Scheitelrund und trapezoid verlaufenden Schenkeln. Für Dominikus Böhm, den Architekten der Christkönigkirche, war die stehende Parabel ein Zeichen der Auferstehung – wohl wegen ihrer nach oben (Himmel) weisenden Dynamik und ihrer gleichzeitig ins Unendliche zu denkenden Krümmungsverhältnisse (Ewigkeit). Die Christkönigskirche ist insgesamt als expressiver „Motto-Bau“ zu verstehen, welcher die Mysterien Tod und Auferstehung symbolisiert.
- Ausstattung
Der Grundstein mit der stilisierten Inschrift „Christo Regi 1926“ sowie das mit Schriftzügen versehene Gitterwerk der ehemaligen Kommunionschranken sind schöne Beispiele für Dominikus Böhms kalligraphische Kunst, die er in den 1920er Jahren für Buchdrucke, Bau- oder Altarinschriften entwickelt hatte. Das aus Messing getriebene originale Kruzifix stammt vom Professor für „Monumentale Plastik und figürliche Metall-Treibarbeit“ Hans Wissel in Köln. Böhm kannte Wissel durch seine seit 1926 bestehende Tätigkeit als Leiter der Abteilung für Christliche Kunst an der Kölner Werkschule. Böhms abstrakt-ornamentale Bleiverglasung wurde 1934 realisiert, die Bänke ein Jahr später. 1940-41 stattete Rudolf Schwarz die Kirche mit Beichtstühlen und Sakristeischränken aus. Eine maßgebliche Umgestaltung folgte im Jahre 1962, als die Gemeinde den vollständig in Sichtbeton ausgeführten Innenraum hell übertünchen ließ. Im Zuge der Liturgiereform wurde 1966 die an der linken Stützenreihe vor dem Altarraum angebrachte Betonkanzel entfernt.
- Von der Idee zum Bau
Im Jahre 1925 führte Papst Pius XI. das Christkönigsfest ein. Ein Jahr später veranstaltete die Bischofsheimer Gemeinde einen auf den Darmstädter Architekten Arthur Wienkoop und Dominikus Böhm beschränkten Wettbewerb, mit dem eine seit 1902 bestehende Josephskirche durch einen – wohl erstmalig in Deutschland – Christkönigs-Bau ersetzt werden sollte. Wahrscheinlich führten Kostengründe zur Entscheidung für Böhms modernen Entwurf. Grundsteinlegung war am 29. August 1926. Innerhalb dreier Monate konnte die Kirche fertiggestellt werden, so dass am 22. November 1926 die Weihe durch den Mainzer Bischof Ludwig Maria Hugo erfolgte.
Der gemäßigt moderne und mit Elementen des sogenannten Heimatstils versehene Außenbau vereinigt die aufkommende Monumentalarchitektur der 1920er Jahre mit den bescheidenen Dimensionen einer Dorfkirche. Nicht zuletzt ist Christkönig einer der ältesten Rohbetonbauten in Deutschland. In Bischofsheim zeigt sich der Einfluss durch Böhms Lehrer Theodor Fischer, der bereits 1910 mit der Pauluskirche in Ulm eine vergleichbare Kombination von Backsteinfassaden und Sichtbeton im Innern vorgestellt hatte.
- Der Architekt Dominikus Böhm
Dominikus Böhm (1880-1955) wurde bereits 28-jährig als Leiter an die Technischen Lehranstalten in Offenbach berufen. Bis 1926 betrieb er parallel zu dieser Funktion ein eigenes Architekturbüro. Für die zweite Auflage der Reformschrift „Christozentrische Kirchenkunst“ des Caritas-Direktors Johannes van Acken, Köln, entwarfen er und sein Büropartner Martin Weber 1923 das Idealprojekt „Circumstantes“ („Die Umstehenden“): ein ellipsoider Zentralbau mit den Altar leicht dreiseitig umschließenden Bankreihen. Ab 1924 bestand eine kurze Bürogemeinschaft mit Rudolf Schwarz. 1926 wurde Böhm zum Professor für Sakrale Kunst an die neugegründete Kölner Werkschule berufen. In Köln lebte er bis zu seinem Tod.
- Literatur (Auswahl)
- Holger Brülls: Neue Dome. Wiederaufnahme romanischer Bauformen und antimoderne Kulturkritik im Kirchenbau der Weimarer Republik und der NS-Zeit, Berlin/München 1994, 105 f.
- Katholische Christkönigspfarre (Hg.): 75 Jahre Christkönigskirche Bischofsheim, Bischofsheim o. J. [2001].
- August Hoff/Herbert Muck/Raimund Thoma: Dominikus Böhm, München, Zürich 1962, 144-148, 504, 520.
- Rudolf Schwarz: Dominikus Böhm und sein Werk, in: Moderne Bauformen 26, 1927, 226-239.
- Hugo Schnell: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland, München/Zürich 1973, 42, Tafel 30 f.
- Wolfgang Voigt/Ingeborg Flagge (Hg.): Dominikus Böhm (1880-1955), Katalog, Frankfurt am Main/Köln, 2005, Tübingen/Berlin 2005, Umschlag, 9 f., 21, 64-65, 67, 109, 131.
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