Braunschweig-Schwarzer Berg
ev. Christuskirche
Am Schwarzen Berge 18
38112 Braunschweig
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Am Schwarzen Berge 18
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Kirchen im Norden
Zartes Fächerdesign in kühlem Beton
Mit der nahen VW-Konzernzentrale als Schirmherrin über die wachsende Region entfaltete sich ab Mitte der 1950er Jahre in dem Neubaugebiet Am Schwarzen Berge eine rege Bautätigkeit. Zwischen Hochhäusern, Einfamilienhäusern und Gewerbe plante die ev. Christuskirchengemeinde ein großzügiges und multifunktionales Gemeindezentrum und gewann dafür den engagierten Architekten Dirk-Erich Kreuter, der einige Jahre zuvor für den Neubau der ev. Lukaskirche zusammen mit seinem Schwiegervater Friedrich Berndt mit dem renommierten Peter-Joseph-Krahe Preis ausgezeichnet worden war. Kreuter berücksichtigte in seinem offenen, vielschichtigen Entwurf sowohl das Entwicklungspotential der Gemeinde als auch des gesamten Quartiers, was heute aktueller denn je ist.
- ÜberblickOrt
Braunschweig-Schwarzer Berg
Landeskirche
Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig
Name der Kirche
ev. Christuskirche
Einweihung
1969 (19. Oktober)
Architekt
Dirk-Erich Kreuter
Künstler
Christiane Schwarze-Kalkoff, Karl-Henning SeemannBesonderheit
Der Architekt fasste die funktionale Idee eines Gemeindezentrums und die ortsbild-prägende Gestalt eines Kirchenbaus als bauliche Einheit überzeugend zusammen.
Nutzung
Ev. Kirche des Gemeindeverbunds DIE BRÜCKE
Standort / Städtebau
Das Ensemble aus Kirchenbau, Gemeindezentrum, Kindergarten, Pfarrbüro und Pfarrwohnungen erhebt sich auf einem großzügigen Grundstück in zentraler Lage an der das Neubauviertel "Schwarzer Berg" von West nach Ost durchquerenden Straße "Am Schwarzen Berge". - Beschreibung
Grundriss
Der Grundriss dehnt sich fächerförmig um den Altarraum im Norden als Dreh- und Angelpunkt des Baus aus. Die axiale Ausrichtung der Anlage ist dabei leicht Richtung Nord-Ost/Süd-West gekippt. Strahlenartig verbinden drei Gänge die Eingangstüren der bogenförmig verlaufenden Südseite mit dem Altarraum. Zugleich unterteilen sie den Grundriss in vier Radialsegmente. Die beiden innenliegenden Segmente und die nördlichen Spitzen der beiden außenliegenden Segmente bilden den Hauptraum der Kirche. Die nachfolgenden Raumbereiche der Außensegmente – im Grundriss sind weitere Kirchenbänke eingezeichnet – lassen sich durch im Boden versenkbare Trennwände nach individuellem Bedarf abteilen. Im Südosten ist dem Hauptraum eine Empore für Orgel und Chor angefügt. Weitere Nebenräume sind durch einen unregelmäßig quer verlaufenden Gang mit dem Hauptraum und den Eingängen verbunden. Die angrenzenden, nur teilweise realisierten Gemeindebauten umspannen den Bau in einem Bogen.
Außenbau
Der markante Baukörper setzt sich aus unterschiedlich hohen, kantigen Gebäudeteilen in Sichtbetonoptik zusammen. Er erhebt sich inmitten einer planvoll angelegten Siedlungsstruktur auf einem nahezu quadratischen Grundstück zwischen der nördlichen Hauptstraße Am Schwarzen Berge und dem an der Ostflanke in das Siedlungsgebiet führenden Weizenbleek. Von der Hauptstraße kommend nimmt man zunächst die prägnante Struktur des turmartigen Schallgehäuses für das Geläut wahr. Ein großzügig angelegter Pflasterweg führt zwischen Kirche und angrenzenden Pfarrgebäuden (Kindergarten, Pfarrbüro) hindurch und weitet sich vor dem Hauptportal mit spitzwinkelig vorkragendem Dachüberstand zu einem großzügigen Vorplatz.
Der Sichtbeton der Außenwände wurde 2004-2006 im Zuge einer Betonsanierung mit einer dünnen Schlämme überzogen, welche die Schalungsstruktur weiter durchscheinen lässt. Die Dachkanten der flach gedeckten Gebäudeteile sind mit Stahlblechen eingefasst. Die zahlreichen, hoch- bzw. querrechteckigen Fenster sind in tiefe Laibungen eingelassen und auf der Südseite im Erdgeschossbereich nachträglich teilweise rot gefasst worden (2018). Insgesamt lässt der Bau durch mannigfache Höhenabstufungen und zahlreiche Fenster eine kleinteiligere Raumstruktur erwarten, als das Innere tatsächlich bietet. Die schmal zusammenlaufende Nordseite kennzeichnet deutlich den liturgischen Ort, während die sich fächerförmig ausdehnende Südseite die Gemeindehausstruktur betont und hierin zugleich einen Bezug zu den weiteren Gebäuden des Grundstücks herstellt.
Innenraum
Das mittlere Portal ist in seiner Bedeutung als Haupteingang zusätzlich durch ein vorgelagertes Foyer und den axialen Bezug zum Altarraum herausgehoben. Seitlich des anschließenden, breiten Gangs sind im Kirchenraum hölzerne Kirchenbänke in diagonal angeordneten Blöcken aufgestellt, die sich V-förmig Richtung Altar verjüngen. Die Struktur ihrer Aufstellung ist in den diagonal verlegten Lamellen der Holzdecke aufgegriffen, was einen optisch ansprechenden Kontrast zu den schalungsrauh belassenen Sichtbetonwänden des gesamten Kircheninneren bildet. Auch die versenkbaren Trennwände der Nebenräume bestehen aus Holzlamellen und erzeugen bei ihrem Einsatz ein weiteres Wechselspiel der Materialien in dem ansonsten sehr reduziert ausgestatteten Raum.
Der Boden ist mit einer speziellen Teppichware ausgelegt, die sowohl der Verbesserung der Akustik als auch des Raumklimas dient. Tageslicht erhält der Raum durch hochrechteckige, kunstverglaste Fenster seitlich des Altartischs und über ein durch Abstufung des Deckenniveaus erzeugtes Oberlichtband, das den Altarraum an drei Seiten umgibt. Künstliche Lichtquellen sind als Horizontalbänder an verschiedenen Stellen der Decke oder hinter schmalen Holzpaneelen an den Wänden angebracht. Die Rückwand hinter dem Altar ist vertikal nach innen geknickt. Dieser Knick wird sowohl in der Deckenabstufung als auch den in den Gemeinderaum hineinragenden Seitenwänden aufgegriffen. Selbst der Altartisch weist eine geknickte Mensa auf.
Bei geschlossenen Seitenwänden bietet der Kirchenraum Platz für ca. 150 Personen. Durch das individuelle Versenken der Trennwände kann er nach Bedarf großzügig erweitert werden. Die Deckenhöhe der Nebenräume variiert mehrfach. Links des Altars erscheint der Taufbereich mit besonders niedrigem Deckenniveau kapellenartig akzentuiert. Der gesamte Raum ist somit seinen liturgischen Funktionen nach klar definiert, während man sich in den Gängen zu den verschiedenen Anräumen und Nebenportalen zunächst orientieren muss.
- Liturgie und Raum
Der fächerförmige Grundriss ist im Inneren in der Raumstruktur nicht auf den ersten Blick erkennbar, doch die baulichen Details folgen mit ihren geknickten Wand- und Deckenbereichen, den diagonal angeordneten Ausstattungselementen und der Lichtführung konsequent diesem Leitmotiv. Die drei Zugänge leiten den Besucher wie Rippen eines Fächers an den vorgelagerten Gemeinderäumen vorbei Richtung Altar.
Die Grundidee der Zusammenführung von Feierraum und Gemeinderäumen in einem multifunktional gestalteten Bau wurde bereits im evangelischen Kirchenbau der 1920er Jahren entwickelt (siehe: Otto Bartning, ev. Auferstehungskirche Essen). In der ev. Christuskirche ist diese Idee jedoch grundlegend weiterentwickelt. So erlauben die variablen Raumelemente und Trennwände zunächst in ganz zeitgemäßer Art und Weise, den Feierbereich nach Bedarf zu vergrößern und zu verkleinern. Dabei erscheinen sie nicht additiv zugeordnet, sondern organisch mit der Raumstruktur verschränkt.
Die liturgischen Orte des Abendmahls, der Taufe, des Worts und des Gesangs sowie der Gemeinderaum sind deutlich zueinander geöffnet. Die vom Architekten gewählte, komplexe Grundrissfigur erlaubte ihm, sakrale Raumakzente zu setzen, die liturgischen Raumbereiche klar zu definieren und doch alles fließend ineinander übergehen zu lassen.
- Ausstattung
Von den wenigen Bildwerken des Raums fällt zunächst das an der Rückwand des Altarraums aufgehängte Kruzifix ins Auge. Es zeigt eine vollplastische, lebensgroße Christusfigur als expressiv deformierten, teilweise brutal verdrehten Körper, der an einem filigranen Metallkreuz befestigt ist. Kruzifix, Altarleuchter und Taufschale sind Bronzeguss-Werke des Bildhauers Prof. Karl Henning Seemann (* 1934) aus den 1960er Jahren. Anfang der 1990er Jahre komplettierte ein bronzener Osterleuchter die Ausstattung.
Die bronzene Taufschale mit reliefiertem Rand und zwei eingearbeiteten Metallringen ist in eine Betonstele seitlich der Altarinsel eingelassen. Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich die ebenfalls aus schalungsrauhem Sichtbeton gefertigte Kanzel. Taufstele, Kanzel und Altarmensa sind meist mit Paramenten geschmückt, die in kräftigen Farben zahlreiche kirchliche Symbole zieren und in der Paramentenwerkstatt Helmstedt gefertigt wurden . Zuletzt entstand im Jahr 2000 das Altarparament.
Die unteren Seitenfenster des Altarraums sowie des Taufbereichs entwarf 2004 die GlaskünstlerinChristiane Schwarze-Kalkoff (Halle/Saale). Es handelt sich um auf Floatglas auflaminierte, zuvor geätzte und bemalte Echtantikgläser. Das Abendmahlsgerät (Weinkanne, Abendmahlskelch, Hostienteller und Hostiendose) stammen aus der Goldschmiede-Werkstatt Stuhlmüller (Hamburg). Die 1969 erbaute Orgel auf der rückseitig leicht erhöht errichteten Sängerempore ist ein Instrument der Orgelbau-Werkstätten Schmidt & Thiemann. Sie besteht aus drei Werken (Hauptwerk, Schwellwerk, Pedalwerk) die untereinander durch Koppeln kombinierbar sind. 2017 wurde die Orgel nach einer umfassenden Sanierung durch die Fa. Orgelfayfe wieder in Betrieb genommen.
- Von der Idee zum Bau
Bereits in den 1950er Jahren entstanden Pläne zum Bau von Wohnsiedlungen in direkter Nähe des VW-Werks Braunschweig. Ab 1964 baute die Bremer Baugesellschaft Deutsches Heim Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und ein Hochhaus (Sielkamp-Hochhaus) am nördlichen Stadtrand Braunschweigs. Das zu Beginn des Jahrtausends zum Stadtteil Schwarzer Berg erhobene Areal liegt heute zwischen dem Naherholungsgebiet Ölpersee, den Autobahnen A 391 und A392 und dem VW-Werk.
1962 erhielt die ev. Gemeinde St. Georg (älteste Kirche der Verbundgemeinde Die Brücke) eine dritte Pfarrstelle zur Betreuung der abgelegenen Siedlungsgemeinde Am Schwarzen Berge. 1964 zur selbstständigen Gemeinde erhoben, hieß sie ab 1965 offiziell ev.-luth. Kirchengemeinde der Christuskirche in Braunschweig und stellte beim Landeskirchenamt Wolfenbüttel einen Antrag zum Bau einer eigenen Kirche. Der ausgeschriebene Wettbewerb forderte einen Kirchenraum mit Platz für 400 Besucher, Räume für die Gemeinde- und Jugendarbeit sowie Kindergarten, Pfarrhaus und mehrere Wohnungen in einem später zu realisierenden Bauabschnitt. 1967 wurde das Grundstück erworben. Die Grundsteinlegung erfolgte am 22.6.1968 und am 19.10.1969 konnte das Kirchengebäude eingeweiht werden.
Der Sieger-Entwurf des Architekten Dirk-Erich Kreuter stellt einen multifunktionalen Raum dar, der auf bestechende Art und Weise die verschiedenen Aufgaben und Erfordernisse zeitgemäßer Gemeindearbeit unter einem Dach eint. So lässt sich etwa der Kirchenraum dank versenkbarer Trennwände von einem Werktagsraum mit Platz für 150 Besucher bis zu einer Größe von gut 500 Plätzen erweitern oder aber in 5 Einzelräume unterteilen. Weitere Nutz- und Funktionsräume sind im Erd- und Untergeschoss untergebracht. Hervorzuheben ist der stringente Baustil, in dem der Komplex samt der später hinzugekommenen Ringbebauung gehalten ist und doch jeden Bereich charakteristisch herauszuheben weiß:
„Die Christuskirche am Schwarzen Berge ist (…) der konsequent durchgeführte Versuch, Kirche und Gemeinderäume im Inneren als bauliche und räumliche Einheit erscheinen zu lassen und im Äußeren durch die Staffelung der Dachflächen bis hin zum höchsten Punkt über dem Altarraum und dem Glockenträger den Inhalt erkennbar zu machen.“ [Dirk-Erich Kreuter 2009]
- Der Architekt Dirk-Erich Kreuter
Dirk-Erich Kreuter, geb. am 23.5.1933 in Hannover, besuchte nach dem Abitur die Technische Hochschule Braunschweig, wo er einen Diplomabschluss im Fachbereich Architektur, Abteilung Bauwesen erwarb. Nach Abschluss des Studiums arbeitete Kreuter zunächst 1956 bis 1958 im Landeskirchenamt Wolfenbüttel. Bis 1985 widmete er sich als freischaffender Architekt (BDA) in Braunschweig vorrangig Projekten auf kirchlichem Gebiet. In den 1960er und 1970er Jahren konnte er mindesten acht Kirchenneubauten in der Region realisieren. Kreuter arbeitete mehrfach zusammen mit dem Gründer und Leiter des Stadtkirchenbauamts Braunschweig, Prof. Friedrich Berndt (1903-1983), u.a. an der ev. Lukaskirche in Braunschweig-Querum, die 1963 den renommierte Peter-Joseph-Krahe-Preis der Stadt Braunschweig erhielt. 1963 bis 1967 arbeitete Kreuter gemeinsam mit Ulrich Hausmann an Planung und Bau der ev. Thomaskirche in Helmstedt, einem wichtigen Sakralbau des norddeutschen Brutalismus. 1969 erhielt Kreuter der Auftrag für Entwurf und Bau eines Kirchen- und Gemeindekomplexes in der Neubausiedlung Am Schwarzen Berge in Braunschweig, der sich auf den ersten Blick an das Projekt für Helmstedt anzulehnen scheint. Anders als in Helmstedt jedoch eint das Kirchengebäude mehrere Bereiche der Gemeindenutzung unter einem Dach. Zudem sind die Ringbebauung und der Kernbau aufeinander bezogen. Kreuter bezeichnet die ev. Christuskirche als seinen wichtigsten Bau.
- Literatur (Auswahl)
- Braunschweigisches Landesmuseum (Hg.): Brutal modern: Bauen und Leben in den 60ern und 70ern, Braunschweig 2018.
- Justus Dahinden: Kirchenbau als gestalterische Aufgabe, in: db (Deutsche Bauzeitung) 3.1966, S. 167-183.
- Ev.-luth. Christuskirchengemeinde (Hg.): Festschrift zur Einweihung des ev.-luth. Gemeindezentrums der Christuskirchengemeinde in Braunschweig am Schwarzen Berge am 19. Oktober 1969, Braunschweig 1969.
- Ev.-luth. Christuskirchengemeinde (Hg.): Kunstschätze der Christuskirche Am Schwarzen Berge, Braunschweig 2009 (Druckerzeugnis der Gemeinde).
- Landeskirchenamt Wolfenbüttel (Hg.): Kirchliche Kunst im Braunschweiger Land: Beispiele von 1954 bis 1994, Wolfenbüttel 1994.
- Wolfgang Pehnt: Lebendige Spur. Kirchen in Zeiten des Brutalismus, in: SOS Brutalismus: eine internationale Bestandsaufnahme, Zürich 2017, S. 41-45.
- Tischtennis unter dem Altarraum. Weihe der Christuskirche, in: Stadtblatt (Braunschweig) vom 17. Oktober 1969, S. 40.
- Internetauftritt der Glasgestalterin Christiane Schwarze-Kalkoff: www.glasgestaltung-schwarze-kalkoff.de.
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