Düren
Christuskirche
Peter-Beier-Platz
52349 Düren
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Kirchen im Westen
„An einem kleinen Caféhaustisch“
Den Architekturwettbewerb zur Christuskirche hatte das Büro Hentrich zunächst mit einem traditionellen rechteckigen Langbau gewonnen. Offenbar auf Drängen des Presbyteriums sollte dieser Entwurf jedoch in einen Zentralraum, in eine evangelische Predigtkirche im Sinne des reformerischen „Wiesbadener Programms“ (1891) umgewandelt werden. Ein Planwechsel, der offenbar ganz im Einvernehmen mit dem Architekten erfolgen konnte, denn Helmut Hentrich schreibt dazu in seinen Lebenserinnerungen: „Ich wusste sofort, dass das vorgeschlagene rechteckige Langhaus nicht die endgültige Lösung sein konnte. Noch unter dem Eindruck der frühchristlichen Zentralbauten entstand auf der Via Veneto [in Rom] an einem kleinen Caféhaustisch die erste Skizze für den später ausgeführten Bau.“
- ÜberblickOrt
Düren
Landeskirche
Evangelische Kirche im Rheinland
Name der Kirche
Christuskirche
Einweihung
1954 (4. April)
Architekten
Helmut Hentrich (HPP), Hans Heuser, Hubert Petschnigg
Künstler
Gerhard MarcksBesonderheit
Die seit 1991 denkmalgeschützte Christuskirche hatte zur Bauzeit den mit 42 Metern höchsten freistehenden Kirchturm Deutschlands.
Nutzung
Gemeindekirche der Evangelischen Gemeinde zu Düren
Standort / Städtebau
Kirche, freistehender Glockenturm und Gemeindehaus (Vortragssaal) liegen am Rand der Dürener Altstadt. Durch einen Vorplatz gegenüber einer stark befahrenen Tangente zurückgesetzt, findet sich das kirchliche Ensemble zwischen anderen öffentlichen Einzelbauten und einem Einkaufszentrum. - Beschreibung
Grundriss
Der Grundriss des regelmäßigen Zentralbaus zeigt ein stumpfes griechisches Kreuz mit vier gleich langen, sich nach außen verjüngenden Armen. Über zwölf (südlicher Kreuzarm) bzw. elf Stufen (östlich und westlicher Kreuzarm) ist der Boden zum Abendmahlstisch hin abgesenkt. Die Sitzreihen der Gemeinde reichen in die Vierung hinein. Hier stehen die Ost- und die Westreihen im rechten Winkel zu den nördlichen Glaswänden – ganz im Gegensatz zu den fünf breiteren Stufen des Nordarms mit Chortribüne und Orgel. So liegt der Abendmahlstisch nicht in der absoluten Mitte des Zentralbaus, sondern an der Schnittstelle der Mittelachsen der Stuhlreihen. Die links und rechts des Abendmahlstischs zurückgesetzten Prinzipalstücke Kanzel und Taufbecken wurden so weit auseinandergerückt, dass sie der Breite der ursprünglichen Orgel entsprechen. Dem Kirchenbau ist zur Schenkelstraße hin ein freistehender Glockenturm auf kreuzförmigen Grundriss vorgelagert.
Außenbau
Zur Entwurfsplanung der Kirche gehörte neben dem Pfarrhaus auch die Gestaltung des Vorplatzes, die ursprünglich wohl keine Bepflanzung mit hohen Bäumen vorsah. Die Kirche ist durch einen Haupteingang und zwei Seiteneingänge zu betreten. Über den schlichten zweiflügeligen Bronzetüren des Haupteingangs befindet sich ein ebenso schlichtes wie monumentales Kreuz als einziger Schmuck der ansonsten ungegliederten Wandfläche. Alle vier Kreuzarme der Kirche zeigen an ihren Rückseiten gelbes Backsteinmauerwerk und in voller Höhe durchfensterte Seitenwände. Diese Fensterwände aus geriffeltem Glas werden durch Betonstützen in fünf schmale Bahnen untergliedert, die wiederum in sieben, in sich dreifach getrennte Kompartimente unterteilt sind. Südöstlich an die Schenkelstraße gerückt, verjüngt sich der freistehende Kirchturm obeliskartig nach oben. In die Betonkonstruktion war ursprünglich ein offenes Glockengerüst eingebracht, das später zum Schutz der Glocken mit engstehenden Lamellen verblendet wurde.
Innenraum
Wie in einem antiken Theater über flache Stufen abgesenkt, umfängt die Bestuhlung über drei der Kreuzarme hinweg den Abendmahlstisch. Im vierten Kreuzarm hinter dem Abendmahlstisch befindet sich die Orgel mit der Sängertribüne. Die Rückwände der Kreuzarme zeigen gelbes Backsteinmauerwerk, das auch im Innenraum unverputzt sichtbar ist. Helles Licht fällt durch die dazwischenliegenden deckenhohen Fensterwände. Der offene hölzerne Dachstuhl bildet über den vier Kreuzarmen Pultdächer aus, deren Binderkonstruktion sich sternförmig über der Raummitte trifft. Vom Haupteingang her gesehen, dominiert ein riesiger Kronleuchter aus drei konzentrischen, untereinander gehängten, lampenbesetzten Ringen. Alte Aufnahmen zeigen, dass dieser Schwung ursprünglich durch die frei vor der Wand platzierten Orgelpfeifen aufgenommen wurde. Heute präsentiert sich die neue Orgel am gleichen Standort als größeres geschlossenes Gehäuse.
- Liturgie und Raum
Wenn auch leicht aus der Mitte des kreuzförmigen Grundrisses gerückt, bildet der Abendmahlstisch doch das liturgische wie architektonische Zentrum, an dem sich die Blickachsen schneiden. Der Abendmahlstisch wird nordwestlich von der Kanzel, nordöstlich vom Taufstein begleitet. Zusammen bilden sie ein Dreieck, um das sich die Gemeinde im Halbkreis gruppiert und das von Orgel und Chor hinterfangen wird. Diese Ausrichtung auf die Predigtstätte war bereits in den 1920er Jahren mit Zentralbauten wie der Waldkirche Planegg (1926) von Theodor Fischer oder der Auferstehungskirche in Essen (1929) von Otto Bartning umgesetzt worden. Die Idee reicht zurück auf die Wiesbadener Ringkirche (1894) von Johannes Otzen, mit der erstmals die Forderungen des „Wiesbadener Programms“ (1891) verwirklicht wurden: Eine protestantische Predigtkirche sollte sich deutlich von damaligen katholischen Bauten abheben, welche die Gemeinde weit abrückten vom Chorraum mit seinem Hochaltar.
Insgesamt herrschen in der Christuskirche reformierte Raum- und Ausstattungsaspekte vor, so z. B. der Verzicht auf jedes Bild(zeichen) und die Zentrierung des freistehenden Abendmahlstischs. Andererseits verweisen der unverrückbare steinerne Abendmahlstisch und der große Orgelprospekt hinter dem liturgischen Zentrum auf lutherische Traditionen. Dies entspricht der lokalen Konfessionsgeschichte, dass in Düren die lutherische und die reformierte Gemeinde lange nebeneinander bestanden. Beide schlossen sich erst 1886 zur „Evangelischen Gemeinde zu Düren“ zusammen. Dabei sollte eigentlich – anlässlich des 300-jährigen Reformationsjubiläums, auf Anordnung König Friedrich Wilhelm III. in Preußen – bereits 1817 die Vereinigung lutherischer und reformierter Gemeinden vollzogen werden.
- Ausstattung
Dem Haupteingang gegenüber steht die raumbestimmende Orgel an der Nordwand der Kirche. Sie wurde 1967 von der Firma Steinmeyer erbaut, 2002 restauriert und zählt mit 65 Registern und 4659 Pfeifen zu den größten Orgeln der rheinischen Landeskirche. An den Wänden seitlich hinter der Orgel sowie den Seiteneingängen befinden sich seit 1976/77 insgesamt acht Grabplatten des alten reformierten Friedhofs aus dem 17. Jahrhundert. Der runde Abendmahlstisch, die kubische Kanzel und der kelchförmige Taufstein aus grauem Granit sowie die stabförmigen Kerzenleuchter sind Werke des Bildhauers Gerhard Marcks (1889-1981), der seit 1950 an der Werkkunstschule Köln tätig war. Typisch für die 1950er Jahre sind die Leuchtröhren vor einem Messinggehäuse, die zwischen die Fensterkompartimente gesetzt wurden. Ansonsten sind von der ursprünglichen Bestuhlung nur die Hocker mit Bastbespannung für die Chortribüne erhalten. Die filigranen, ebenfalls mit Bast bezogenen Holzbänke hingegen, die auf Hentrich zurückgehen, wurden durch Thonet-Stühle mit senffarbenem Bezug ersetzt.
- Von der Idee zum Bau
Die Christuskirche steht an der Stelle der 1944 durch Fliegerbomben zerstörten reformierten Auferstehungskirche (1841-45). Den 1953 für den Neubau ausgelobten Architektenwettbewerb gewann das Büro von Helmut Hentrich. Damit bildet die Christuskirche den ersten seiner wenigen Sakralbauten. Während Hentrich zunächst einen Kirchenraum auf rechteckigem Grundriss plante, kam schließlich sein abgewandelter zentralisierender Entwurf zur Ausführung. Nach der Grundsteinlegung am 26. April 1953 konnte die Christuskirche bereits am 4. April 1954 eingeweiht werden. Noch an den Planungen beteiligt war der 1953 bereits schwer erkrankte Hans Heuser, der vor Hubert Petschnigg als Partner in Hentrichs Büro arbeitete: „Als er [Heuser] bereits krank war, kam eine Aufforderung zur Teilnahme an einem engeren Wettbewerb der evangelischen Gemeinde in Düren für eine neue Kirche. Wir haben zugesagt, zwar nicht mit allergrößter Begeisterung daran gearbeitet, aber zum Schluss eine brauch- und vertretbare Lösung eingereicht“, schreibt Hentrich 1995.
- Der Architekt Helmut Hentrich (HPP)
Helmut Hentrich wurde 1905 in Krefeld als Sohn des Baurats Hubert Hentrich geboren und verstarb 2001 in Düsseldorf. Zunächst studierte er Jura, bevor er 1924 an der TH Wien mit dem Architekturstudium begann. 1925 wechselte er an die TH Berlin-Charlottenburg. Seine Lehrer waren Heinrich Tessenow, Hermann Jansen und nicht zuletzt Hans Poelzig, der ihn neben Mies van der Rohe maßgeblich beeinflusste. Nach Auslandsaufenthalten in Paris und New York gründete Hentrich mit Hans Heuser in Düsseldorf ein Büro, das sich vor allem durch Wohnungsbauten auszeichnete. Zu Hentrichs Studienfreunden zählte auch der spätere „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin“ Albert Speer, zu dessen Arbeitsstab Hentrich 1938 stieß. Diesen engen Bezug zum nationalsozialistischen Regime verharmlost Hentrich, der u. a. Zwangsarbeiter für seine Projekte beschäftigt hatte, in seinen Lebenserinnerungen 1995 als „immer nur sachbezogen und nie von politischen Aspekten gefärbt“.
Schon wenige Jahre nach dem Krieg etablierte sich Hentrich in Düsseldorf wieder über prominente Aufträge. Auf den 1953 verstorbenen Hans Heuser folgte Hubert Petschnigg als Partner im Büro Hentrich. HPP (Hentrich-Petschnig & Partner) reüssierte vor allem durch Verwaltungsbauten wie das Düsseldorfer Thyssen-Hochhaus (Dreischeibenhaus, 1957-60) oder das Kölner WDR-Gebäude (Vierscheibenhaus, 1962-70). Hentrichs Kirchen wurden wie die Christuskirche als Zentralräume konzipiert. So erhielten etwa die Petruskirche in Leverkusen Bürrig (1956-58) und die Petruskirche in Düsseldorf-Unterrath (1955-56) einen sechseckigen Grundriss, während die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Düsseldorf-Garath (1962-65) auf einer achteckigen Grundfläche ruht. Letztere weist eine absteigende, den Altarraum umgreifende Bestuhlung auf, die stark an Düren erinnert.
- Literatur (Auswahl)
- Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900-1970, Stuttgart u. a. 2001.
- Evangelisch in Düren. Vierhundert Jahre evangelisches Leben im Dürener Land. Festschrift 50 Jahre Christuskirche, hg. von der Evangelischen Gemeinde zu Düren, Berlin 2004.
- Festschrift zur Einweihung der evangelischen Kirche in Düren 1954, Selbstverlag des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde zu Düren, Düren 1954.
- Helmut Hentrich: Bauzeit. Aufzeichnungen aus dem Leben eines Architekten, Düsseldorf 1995, 218.
- Henry-Russell Hitchcock: HPP Hentrich-Petschnigg & Partner, Düsseldorf 1973.
- HPP Hentrich-Petschnigg & Partner: 50 Jahre HPP, Düsseldorf 1985.
- Andrea Pufke (Hg.): Zwischen Stolz und Vorurteil: Nachkriegskirchen im Rheinland. Dokumentation zum 4. Rheinischaen Tag für Denkmalpflege in Düren, 10. Mai 2015 (Mitteilungen aus dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland 22), Köln 2015
- Sabine Tünkers: Hentrich, Heuser, Petschnigg 1927-1955, Weimar 2000.
- Internetpräsenz des Büros HPP Architekten: www.hpp.com.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.