Düren
St. Anna
Annaplatz 8
52349 Düren
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Kirchen im Westen
Hauptsache Heilig
Rudolf Schwarz – Architekt und Theologe, ein ebenso moderner wie durchgeistigter Kirchenbauer – saß im Frühjahr 1946 in den Trümmern der Anna-Kirche in Düren. Bald 450 Jahre war es her, seitdem die Hauptreliquie der heiligen Anna, ein Stück Schädeldecke der Mutter Mariens, in diese Kirche verbracht worden war. Das war der Ausgangspunkt für eine rege, über Jahrhunderte fortgesetzte Wallfahrt. Und nun sollte all dies am Ende sein? Schwarz dachte darüber nach, wie der „heilige Leib dieser Kirche“ wieder auferstehen könne, ob nicht „der geheiligte Stein“ dieses Schutthaufens zu einem neuen Bauwerk werden könne. Mit dem aus den Trümmern aufgezogenen Kirchenbau gab Schwarz der St. Anna-Gemeinde schließlich ihre Identität zurück.
- ÜberblickOrt
Düren
Bistum
Bistum Aachen
Name der Kirche
St. Anna
Weihe
1956 (7. Juli)
Architekten
Rudolf Schwarz, Maria Schwarz, Karl Wimmenauer
Künstler
Friedrich Gebhardt, Marga Groove, Ewald Mataré, Ludwig Schaffrath, Hein WimmerBesonderheit
Rudolf Schwarz führte seine Kirchbaukonzepte "Heilige Fahrt (Der Weg)" und "Heiliger Aufbruch (Der offene Ring)" zu einer "heiligen Siedlung" zusammen, in der je nach Bedarf die Raumabschnitte als große oder kleine Feierkirche sowie als Wallfahrtskirche und Andachtsort kombiniert werden können.
Nutzung
Pfarr- und Wallfahrtskirche
Standort / Städtebau
Düren wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört. Die Kirche ist ein monumentaler Neubau unter maßgeblicher Verwendung der Trümmersteine der alten Pfarr- und Wallfahrtskirche. Sie steht frei und von allen Seiten zugänglich am historischen Ort, dem zentral gelegenen Annaplatz. - BeschreibungGrundriss
Der Grundriss der St. Anna-Kirche zeigt – ähnlich einer Tangram-Figur – verschiedene, in ein Gesamtgefüge gebrachte Flächengestalten: Nördlich liegt das längsrechteckig gestreckte Hauptschiff mit geostetem quadratischem Altarraum. Südlich, in der Flucht der Altarwand schließt sich ein einseitig trapezoid verjüngter Querarm an. In den Freiraum zwischen Haupt- und Querarm ist in voller Länge eine zweischiffige Halle gefügt. Durch eine Mittelachsverschiebung von 12 % gegenüber dem Hauptschiff verjüngt sie sich ebenfalls trapezoid nach Westen. Im Winkel zwischen vorspringender Querhausstirn und Ostschluss der Halle befindet sich eine kleine Eingangshalle. Hauptschiff, Querarm und Halle öffnen sich zueinander durch weite Stützenstellungen.
AußenbauDer insgesamt (nahezu) flach gedeckte Außenbau zeigt sich an jeder Seite anders. Auf 14 Metern Höhe wurden die unregelmäßigen Rotsandsteinquader der alten Kirche geschichtet. In der 58 Meter langen, fensterlosen Nordwand stellen 13 lose gruppierte Steinreliefs das Gericht und das Königtum Christi dar. Die 35 Meter Breite messende Ostwand zeigt einen – durch Steinversatz und kleine Rundfenster gestalteten – stilisierten Lebensbaum mit Früchten. An der Südseite springen die Kuben von Haupt- und Querschiff über dem Hallendach weit zurück. Die beiden hohen Schiffwände besitzen einen gemeinsamen, in voller Höhe um den Innenwinkel geführten Lichtgaden. Lediglich an den Schiffenden schließen sich massive Zungenmauern mit schräg aufgeführten Gewänden an. Südwestlich der Kirche stehen der später aufgeführte Glockenturm und an der Nordseite die ebenso nachträglich angefügte Sakristei.
Innenraum
Das lebendig wirkende Natursteinmauerwerk gibt der Kirche im Innern eine monumentale Größe, die nicht erdrückt, sondern durch – etwa alle halbe Meter im Mauerwerk eingebrachte – Horizontalfugen beruhigt ist. In voller Weite sind Hauptschiff und Querhaus auf den Chorraum ausgerichtet. Der Lebensbaum befindet sich vom Hauptschiff aus gesehen hinter dem Altar. In gleichem Maße beleuchtet der große Lichtgaden auch die beiden hohen Schiffe. Die niedrige Seitenhalle wird spärlich durch fünf kleine, in die Mittelachse gesetzte Glasbausteinkuppeln erhellt. Alle Decken besitzen rhomboide Betonunterzüge. Dadurch erscheint der Gesamtbau trotz extrem unterschiedlicher Schiffshöhen als Einheit.
- Liturgie und Raum
St. Anna in Düren ist ein Paradebeispiel für einen von innen, d. h. aus den Belangen der Liturgie entwickelten Bau: Der Standort des Altars ist von außen nicht ablesbar. Rudolf Schwarz schuf eine Kirche für drei Nutzergruppen: für die „größere Gemeinde“ (das Hauptschiff mit Sängertribüne), für die „kleine Gemeinde“ (das Querschiff) und für die Wallfahrer (die sich zu den beiden Hauptschiffen öffnende Halle). Die Kirche „musste zu- oder abnehmen können, je nach den Zeiten“. Dieses besondere Raumgefüge stellte sich für Schwarz als „Städtebau“ mit verschiedenen Gegenden dar: die Pilgerhalle als eine „heilige Siedlung“, in der jede Kultstätte (Altar, Taufe, Beichte, Annaschrein) ihren angemessenen Raum hat.
Um sich entweder vom Haupt- oder vom Querschiff ‘wegartig’ auf den Altar ausrichten zu können, brauchte es eine mittig auf das quadratische Podium gesetzte, quadratische Mensa. Diese Form ist, sozusagen in Vorausschau des Zweiten Vatikanischen Konzils, häufiger in Kirchen der 1950er Jahre zu sehen. Die „Sonntagsgemeinde“ kann sich in beiden Schiffen zur gleichen Zeit versammeln. Zur Wallfahrtszeit, wenn vielleicht mehrere hundert Menschen die Kirche bevölkern, können die Gläubigen in der Pilgerhalle zudem die Lücke zwischen den beiden Hauptarmen ausfüllen. Die Menschen bilden dann einen Viertelkreis, einen „im heiligen Aufbruch zum mehrseitig ausgerichteten Altar befindlichen, offenen Ring“.
- Ausstattung
In der südöstlichen Eingangshalle ließ Rudolf Schwarz wieder das spätromanische Portal der Vorgängerkirche aufbauen, um schon beim Eintreten die Ortstradition erlebbar zu machen. Altar, Beichtstühle, Taufstelle mit Zisterne und Taufschale, Schreinspodest und -altar gehen ebenfalls auf Schwarz zurück. Der Gitterschrein und der Schreinskasten selbst mit dem spätgotischen Annareliquiar entstanden bald nach der Übertragung der Reliquie im Jahr 1501.
Zur Erbauungszeit schuf Marga Groove (1920-2002) die Anna Selbdritt (Dreigenerationenbild Anna-Maria-Jesus). Das Kreuz am Annaschrein und der Osterleuchter sind Arbeiten von Hein Wimmer (1902-1986), Altar- und Prozessionskreuz stammen von Ewald Mataré (1887-1965) und der Tabernakel von Friedrich Gebhardt. Als besonders kostbares Stück ist das zweiteilige Renaissance-Chorgestühl von 1562/63 aus der alten Kirche zu nennen. Die sensibel auf die Architektur abgestimmte Lichtgaden-Verglasung schuf Ludwig Schaffrath (1924-2011) in den Jahren 1986 bis 1990.
- Von der Idee zum Bau
Bei seinem ersten Besuch hatte Rudolf Schwarz 1946 noch keine klare Vorstellung, ob aus den Trümmern der Annakirche etwas zu machen sei. 1951 wurde er im Rahmen eines begrenzten Wettbewerbs um einen Neubau-Entwurf gebeten. Schwarz reichte zwei unterschiedliche Entwürfe ein: Der erste sah eine Kirche auf T-förmigem Grundriss mit langgezogenem rundem Chorhaupt vor. Im Sinne dieses ersten Grundrisses, der an einen Menschen mit ausgebreiteten Armen erinnerte, sollte Schwarz 1952-54 St. Maria Königin in Frechen bauen. Der zweite Entwurf für St. Anna wurde 1954-56 umgesetzt, Turm und Sakristei entstanden nach 1960. Die St. Anna-Kirche in Düren verwirklichte Rudolf Schwarz unter Mitarbeit von Maria Schwarz (geb. Lang) und Karl Wimmenauer.
- Der Architekt Rudolf Schwarz
Rudolf Schwarz (1897-1961) hatte mit der St. Fronleichnamskirche in Aachen (1929-30) Architekturgeschichte geschrieben. Der äußerlich dem Bauhaus nahestehende Raumkörper verkörpert in vollkommener Weise seine Idee eines „trinitarischen Kirchenbaus“: Die Geist-Gemeinde im Kirchenschiff sieht sich Christus als Mittler in Gestalt des Altars gegenüber. Die hohe weiße Chorwand dahinter ist die Membran, die auf das dahinterliegende Offene, Unendliche – die immaterielle Gottheit – verweist. An deren materieller Begrenztheit kommt der Kirchenarchitekt zum Scheitern, erreicht aber gleichzeitig das Höchste in der Baukunst.
In vielen Schriften erläuterte Schwarz seine Ideen vom Kirchenbau. Darin ging es immer wieder um die geistige und liturgische Durchdringung des Kirchenraums, um das dynamische Verhältnis von versammelter Gemeinde, Zelebrationsort und Raumgestalt. Insofern bezeichnete Schwarz einen von ihm für die katholische Quickbornbewegung 1924 entworfenen Kelch als seinen ersten Kirchenbau: Die Wölbung des Kelchs war „der innerste Rand der Erde, die sich zu einer Kuppel um die Ewigkeit biegt“.
Während Schwarz seine Kirchen oft theologisch kühl durchkalkulierte, wollte er in Düren besonders ein Identifikationsobjekt Identität zurückgewinnen und die Wallfahrtsfrömmigkeit ansprechen. St. Anna gilt als größter europäischer Steinbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine massiven Mauern vermitteln Geborgenheit, der ursprünglich nur mit Glasbausteinen ausgefachte Lichtgaden sollte sich als strahlender Schleier in den Raum senken. Und nicht zuletzt stehen die schräg aufgeführten Gewände des Lichtgadens für den sich öffnenden Mantel „der Mutterliebe aus der ewigen Güte“, wie sie die heilige Anna versinnbildlicht.
- Literatur (Auswahl)
- Erwin Gatz: St. Anna in Düren, Mönchengladbach 1972.
- Kirchenführer St. Anna in Düren, Düren o. J.
- Öffentlichkeits- und Jubiläumsausschuss des Pfarrgemeinderates St. Anna, Düren (Hg.): 500 Jahre St. Anna in Düren. 1501-2001, Düren 2001.
- Wolfgang Pehnt: Rudolf Schwarz. Architekt einer anderen Moderne, Ostfildern-Ruit 1997, 146-149, 275 f.
- Rudolf Schwarz: Vom Bau der Kirche, Würzburg 1938.
- Rudolf Schwarz: Kirchenbau. Welt vor der Schwelle, Heidelberg 1960, 223-235.
- Myriam Wierschowski (Hg.): Ludwig Schaffrath. Universum in Glas, Linnich 2012, 76-81.
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