Emmerich-Leegmeer

Heilig Geist

Anschrift Kirche
Hansastraße 56
46446 Emmerich am Rhein
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche E-Mail
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    MO-SO: 15.00 Uhr - 17.00 Uhr und zu den Gottesdiensten.
    Bitte wenden Sie sich außerhalb dieser Zeiten ans Pfarramt.
    Anschrift Pfarramt St. Christophorus
    Aldegundiskirchplatz 1
    46446 Emmerich am Rhein
    02822 70543
    E-Mail
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    Öffnungszeiten Pfarramt Das Pfarrbüro ist derzeit nur per mail oder telefonisch erreichbar!
    MO und DO: 9.30 - 12.30 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten finden Sie online unter: www.katholisch-emmerich.de/über-uns/euchararistiefeiern/.
    Kirchen im Westen

Sechs Betonpilze und ein Schrottkreuz

Neue Pilzkulturen entdeckt, die teuersten wachsen in Emmerich-Leegmeer!, scherzte man auf einer Karnevalssitzung, als vor Ort ab 1964 sechs kelchförmige Stahlbetonstrukturen errichtet wurden – das organisch geformte Grundgerüst der Heilig-Geist-Kirche. Spöttische Bemerkungen setzten sich auch über den Innenraum beim Blick auf das monumentale Altarkreuz aus alten Metallabfällen fort: Sollte hier ein Gotteshaus oder eine „Schrott-Gedächtnisstätte“ entstehen? Keine Frage, Heilig Geist eckt in seinen Einzelelementen aber auch als Gesamtwerk an. Der Bau durchbricht gewohnte Sehmuster, fordert geradezu die Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz, den Mitmenschen und dem Glauben. Und er bleibt dabei immer eines: ein Feierraum für die sonntägliche Eucharistie.

  • Überblick
    Ort
    Emmerich-Leegmeer

    Bistum
    Bistum Münster

    Name der Kirche
    Heilig Geist

    Weihe
    1966 (29. Mai)

    Architekt
    Dieter Georg Baumewerd

    Künstler
    Waldemar Kuhn, Wilhelm Polders, Fred Thieler
    Besonderheit
    Expressive Raumgestaltung durch organische und kristalline Bauelemente. Einmalige Altarraumgestaltung durch besondere Rezeption der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils („Tisch des Wortes“, vgl. SC 51)

    Nutzung
    Filialkirche innerhalb der Seelsorgeeinheit St. Christophorus-St. Johannes d. T. Emmerich

    Standort / Städtebau
    Die Heilig-Geist-Kirche befindet sich in einer großflächigen Außenanlage inmitten des Emmericher Stadtteils Leegmeer.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Emmerich | Heilig Geist | © Architekturbüro Prof. D.G. Baumewerd, Münster

    Emmerich | Heilig Geist | © Architekturbüro Prof. D.G. Baumewerd, Münster

    Der Grundriss zeigt einen unkonventionell gestalteten Zentralraum aus drei unregelmäßigen Vielecken. Sechs polygonale Betonpfeiler bilden die tragenden Elemente der Architektur. Den Raum dazwischen füllen dünne, geknickte Wandscheiben. Das Zentrum der Architektur wird von einer annähernd quadratischen Altarinsel eingenommen. Im Nordosten fügen sich eine Kreuzwegkapelle sowie die Sakristei an und durchbrechen in gewisser Weise den Umriss der Kirche. Der Glockenturm steht frei vor dem südwestlich gelegenen Hauptportal.

     

    Außenbau

    Emmerich | Heilig Geist | © Architekturbüro Prof. D.G. Baumewerd, Münster

    Emmerich | Heilig Geist | © Architekturbüro Prof. D.G. Baumewerd, Münster

    Trotz der starren Materialien Beton und Glas wirkt das Äußere der Heilig-Geist-Kirche bewegt und lebendig. Aus einem niedrigen Sockelgeschoss wachsen die unterschiedlich hohen, tragenden Betonpfeiler. Sie erweitern sich zu fächerartigen Dachpartien und bilden damit den eigentlichen Raum. Die dünnen, geknickten Betonwände wirken dagegen wie eingeschoben. Fensterbänder lassen die Wände noch zusätzlich fragil erscheinen.

    Die Heilig-Geist-Kirche befindet sich in einer großflächigen Außenanlage. Erst über einen großen Platz mit Platanen und sieben hohen Betonstelen erreicht man eine ansteigende Rampe, die unter dem Glockenturm hindurch zum Hauptportal aus Alu-Guss führt.

     

    Innenraum

    Emmerich | Heilig Geist | © S. Angerhausen, Trier

    Emmerich | Heilig Geist | © S. Angerhausen, Trier

    Das Innere ist geprägt von den Dachschirmen der sechs „Betonpilze“. Senkrechte und waagerechte Verschalungslinien geben dem Stahlbeton einen Rhythmus. Großflächige und langgestreckte Fensterflächen aus klarem Glas lassen die Natur, vor allem den Himmel, herein und verleihen dem Raum Leichtigkeit. Die elf Wandflächen aus Beton wurden durch bemalte Stoffbespannungen in bewegte Flächen verwandelt. Die Mitte des Raumes bildet die Altarinsel, auf der ein unregelmäßig geformtes Monumentalkreuz („Schrottkreuz“) steht. Davor erheben sich zwei gleichgroße, sich an den Schmalseiten gegenüberstehende Marmorblöcke, der „Altar des Wortes“ und der „Altar des Brotes“.

  • Liturgie und Raum

    Das monumentale „Schrottkreuz“ akzentuiert die zentral gelegene Altarinsel. Das besondere Anliegen der Bauherrn war es, dem Wort Gottes einen eigenen, dem Ort der Eucharistiefeier ebenbürtigen Platz zuzuweisen. Das Aufstellen des Altars in der Raummitte hätte jedoch eine einseitige Bevorzugung der Eucharistie zum Ausdruck gebracht.

    Eine Lösung fand man schließlich in der Schaffung eines zweiteiligen „Altares“ in der Raummitte, dem nördlichen „Tisch des Opfermahles“ und dem südlichen „Tisch des Wortes“. Die Lücke zwischen beiden Marmorblöcken, die geometrische Raummitte, sollte symbolisch für die liturgische Handlung selbst frei bleiben. Praktisch heißt das: „Zur Verkündigung tritt der Liturge vom einen Flügel des Altares her, welcher als Tisch des Wortes und als Thron der heiligen Schrift dient, in die Mitte; zum Zeigen der heiligen Gestalten tritt er vom anderen Flügel des Altares her, welcher der Opferbereitung und -darbringung dient, in die gleiche Mitte.“ (Hermann Josef Spital, in: H. Rogmans (Hg.), Heilig Geist Emmerich, Wiesbaden 1966, o. S.)

  • Ausstattung

    Die Altarraumgestaltung stammt vom Emmericher Künstler Waldemar Kuhn (1923 – 2015): Neben den beiden „Altären“ aus Carrara-Marmor prägt das sieben Meter hohe und neun Meter breite Monumentalkreuz das liturgische Zentrum. Es besteht aus Stahlabfällen verschiedenster Herkunft – daher auch die Bezeichnung „Schrottkreuz“. Nicht die triumphale Überwindung von Leid und Tod steht hier im Vordergrund, sondern die Unzulänglichkeit des Menschen.

    Der Tabernakel von Wilhelm Polders III (1914-92) aus Kevelaer stellt das Zelt Gottes unter den Menschen dar. Er ist aus Bronze und Silber gefertigt.

    Die elf Wandflächen (640 m2) sind mit Tüchern aus Nesselstoff bespannt, die vom Berliner Künstler Fred Thieler (1916-99), einem Vertreter des abstrakten Expressionismus, farblich gestaltet sind (Gieß- und Spachteltechnik). Sie zeigen sternenförmige, hauptsächlich in Blautönen gehaltene Farbströme und sollen wechselnde Stimmungen vermitteln. Daneben hat Thieler auch die Kreuzweg-Bilder in der Kapelle geschaffen.

  • Von der Idee zum Bau

    Aufgrund der wachsenden Bedeutung des Emmericher Stadtteils Leegmeer in den 1950er Jahren entschloss sich der Kirchenvorstand der Mutterpfarre St. Aldegundis, eine neue Pfarrei zu gründen. Nachdem man schließlich ein rund 12 000 m2 großes Grundstück in zentraler Lage erwerben konnte, wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Der jüngste Bewerber, Georg Dieter Baumewerd, konnte mit seinem innovativen Entwurf diesen schließlich für sich entscheiden. Für die außergewöhnliche Altarraumgestaltung wählte man im Rahmen eines weiteren Wettbewerbs den in Emmerich ansässigen Bildhauer Waldemar Kuhn.

    Baubeginn des mit 1 200 000 DM billigsten Kirchenneubaus im Bistum Münster war 1964. Schon am Pfingstfest 1966 konnte die Kirche durch den münsterschen Weihbischof Heinrich Baaken konsekriert werden. 1989 wurde der Bau durch den frei stehenden Glockenturm ergänzt und komplettiert.

  • Der Architekt Dieter Georg Baumewerd

    Dieter Georg Baumewerd wurde 1932 in Braunsfeld/Ostpreußen geboren. Nach einer Malerlehre und einem Studium (1955-60) an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, u. a. bei Rudolf Schwarz, gründete er 1962 ein eigenes Architekturbüro in Münster, das bis heute besteht. 1965 erhielt er den Förderpreis zum großen Kunstpreis des Landes NRW. Weiterhin hatte er von 1971 bis 1996 eine Professur für Architektur an der Fachhochschule Dortmund inne.

    Baumewerd konnte bisher eine Vielzahl an Architekturprojekten sakraler und profaner Art realisieren. Bekannt sind neben der Heilig-Geist-Kirche in Emmerich und St. Christophorus in Westerland/Sylt (1995-99) z. B. die Apostolische Nuntiatur in Berlin (1998-2001) oder die Deutsche Botschaft in Santiago de Chile (2000-02) sowie Stiftsmuseum und –bibliothek Xanten (2001-10).

  • Literatur (Auswahl)
    • Lambert Brimmers (Hg.): Emmerich Heilig-Geist, Emmerich 1977.
    • Lambert Brimmers/Manfred Hermsen: Heilig-Geist-Kirche Emmerich (Kleine Kunstführer Nr. 2422), Regensburg 2000.
    • Emmericher Geschichtsverein (Hg.): 25 Jahre Heilig-Geist Emmerich (Beiträge zur Geschichte der Stadt Emmerich 12), Emmerich 1991.
    • Hugo Rogmans (Hg.): Heilig Geist Emmerich, Wiesbaden 1966.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Birgit Kita M.A., Mainz; Dipl.-Theol. Manuel Uder M.A. (Beitrag online seit 07/2015)

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