Fellbach
Maria Regina
Rembrandtweg 4
70736 Fellbach
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Informationen
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Kirchen im Südwesten
Auf Umwegen zur Sakralhöhle
Wäre es nach dem Architekten Klaus Franz gegangen, hätte er die Kirche Maria Regina als kreisrunden Zylinder errichtet. Doch die Stadt Fellbach fürchtete, diese massive Form könne den umgebenden Grünzug „erschlagen“. In langen Gesprächen rang man um einen guten Kompromiss – am Ende stand der unverwechselbare Kirchenkegel, an dem sich nach 1967 die Geister schieden. Manche sahen Maria Regina als „eines der kühnsten Bauwerke Europas“ (Süddeutscher Rundfunk), andere fühlten sich weniger schmeichelhaft an einen „Vulkankegel“ (Stuttgarter Zeitung) erinnert. Für diesen wählte Franz damals hochmoderne Materialien: schalungsrauen Beton an ausgewählten Baugliedern, eine 20 Zentimeter dünne Betonschale für den Kirchenkegel, Zementplatten für dessen Deckung und für das Oberlicht Plexiglas, das vor Ort eigens im staubfreien Zelt hergestellt wurde.
- ÜberblickOrt
Fellbach
Bistum
Bistum Rottenburg-Stuttgart
Name der Kirche
Maria Regina
Weihe
1967 (4. Juni)
Architekt
Klaus Franz
Künstler
Max Faller, Otto Habel, Robert Schad, Maria Elisabeth StappBesonderheit
In den Jahren des Zweiten Vatikanischen Konzils schuf der Architekt Klaus Franz einen Zentralraum in der außergewöhnlichen Kegelform.
Nutzung
genutzt von der Katholischen Gemeinde St. Johannes und von der italienisch-katholischen Gemeinde Maria Regina
Standort / Städtebau
Im Osten von Fellbach, inmitten eines zeilenförmig strukturierten Wohngebiets, liegt Maria Regina. Das Ensemble aus Kirche und Gemeindehaus folgt dem Rembrandtweg von Ost nach West, bis dieser auf die Friedrich-List-Straße trifft. - Beschreibung
Grundriss
Der annähernd kreisrunde Kirchengrundriss wird von Süden über einen Nebeneingang, von Norden über die Sakristei und von Osten aus Richtung des Gemeindehauses auf längsrechteckigem Grundriss erschlossen. Die ebenfalls kreisrunde, dreifach gestufte Altarinsel ist aus dem Raum-Mittelpunkt heraus nach Westen gerückt. Sie wird von vier Bankblöcken im Dreiviertelkreis umfangen.
Außenbau
Der hochaufragende Kirchenkegel wurde mit (heute grau nachgedunkelten) Zementplatten belegt. Seine nach Westen gezogene Spitze ist schräg „abgeschnitten“ und durch ein Oberlicht bekrönt. Darunter verweisen drei gaubenähnliche Lüftungsluken zugleich auf die drei Kirchenzugänge: Im Norden ist die Sakristei aus verschränkten Quadern geformt. Im Süden und Osten markieren jeweils in den Kegel eingeschobene Quader die Portale. Dabei wird der Hauptzugang von Osten durch ein betonplastisch ausgebildetes Vordach besonders hervorgehoben. Es leitet über zum langgestreckten, betonplastischen, flachgedeckten Riegel des Gemeindezentrums.
Innenraum
Von Osten, über den Haupteingang, gelangt man durch den Windfang unter der Orgelempore in den Hauptraum der Kirche. Der Boden trägt Straßenpflaster und verschränkt so den Außen- mit dem Innenraum. Letzterer wird durch das kreisrunde Oberlicht erhellt, dessen Plexiglasabdeckung eine wabenförmige Struktur zeigt. Die Wände sind mit einem hellen rauen Akustikputz belegt. Im Westen fällt das Licht auf den kreisrunden Altar, der von einer Sitzbank hinterfangen und im Süden durch die Tabernakelstele begleitet wird. Im Osten, seitlich des Haupteingangs, führt eine Treppenanlage in die Unterkirche mit dem Taufort. Große Betonwürfel, auf denen ursprünglich ein Kreuzweg angebracht werden sollte, begleiten den Abstieg.
- Liturgie und Raum
Die Planung und Umsetzung der Fellbacher Kirche fiel genau in die Umbruchsjahre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Bei der Konzeption soll sich der Architekt Klaus Franz schon früh an einem der idealtypischen Grundrisse von Rudolf Schwarz orientiert haben, der die Gemeinde in einem offenen Ring um den Altar schart. Mit den sich abzeichnenden liturgischen Reformen konnte er diesen Gedanken dann mit einer kreisrunden Altarinsel und darum gruppierten Bankblöcken konsequent verwirklichen. Dieser starke Gemeinschaftsgedanke war für Franz auch beim zur Kirche gehörigen Gemeindehaus bestimmend: Beide Bauglieder sollten als Zeichen für Diakonie und Liturgie sinnfällig aufeinander bezogen werden.
- Ausstattung
Der Kirche Maria Regina, deren Altar und Tabernakel vom Architekten Klaus Franz selbst entworfen wurden, wuchsen mit den Jahren weitere Ausstattungsstücke zu: Die Künstlerin Maria Elisabeth Stapp schuf 1974 eine Figur der Namenspatronin Maria. Max Faller gestaltete 1980 Kreuz und Ambo, 1981 den Osterleuchter. In der Unterkirche kam 1991 der Kreuzweg des Künstlers Otto Habel aus Natursteinmosaiken hinzu. Vor der Kirche wurde 1997 ein künstlerisch gestalteter Metallstab von Robert Schab aufgerichtet. Im Jahr 2002 ersetzte man das bisherige elektronische Instrument durch eine Orgel aus der Werkstatt Fischer und Krämer.
- Von der Idee zum Bau
Nach dem Zuzug von Katholiken um 1900 wurde in Fellbach 1923 eine Notkirche (St. Johannes) errichtet. Mit Kriegsende kamen vermehrt katholische Flüchtlinge hinzu, die bestehende Kirche wurde um 1949 renoviert und erweitert. Bereits 1955 schmiedete man Pläne für einen zweiten Gemeindestandort. Auf den 1961 ausgelobten Neubau-Wettbewerb hin wurden 19 Entwürfe eingereicht. Ein Preisgericht tagte unter Leitung des Baseler Architekten Hermann Baur, eine engere Auswahl wurde getroffen und zuletzt Klaus Franz beauftragt. Für die neue Kirche wurde am 17. Oktober 1965 der Grundstein gelegt und am 4. Juni 1967 die Weihe gefeiert. Seit 2005 dient Maria Regina auch als Gottesdienststätte der gleichnamigen italienisch-katholischen Gemeinde.
- Der Architekt Klaus Franz
Klaus Franz wurde am 6. Mai 1923 in Wuppertal-Elberfeld geboren. Nach Kriegsende nahm er zunächst ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf auf, absolvierte dann 1946 ein Praktikum beim Wuppertaler Architekten Heinz Rasch. In der Folge studierte Franz Architektur an der TH Stuttgart. Bei Günter Wilhelm wurde er 1952 freier Mitarbeiter, 1953 wissenschaftliche Hilfskraft und 1954 Assistent an der TH. In Stuttgart eröffnete er 1961 schließlich ein eigenes Büro.
Neben einzelnen Werken im Wohnungsbau, z. B. das Wohnhaus Planck (1960) in Nürtingen oder das Wohnhaus Schülen (1970) in Stuttgart, reüssierte Franz vor allem im Kirchenbau. Nach ersten Arbeiten im Geist einer gemäßigten Moderne der Stuttgarter Schule ließ sich Franz von Le Corbusier und dessem freien Umgang mit dem Baustoff Beton anregen. Das Fellbacher Gemeindezentrum Maria Regina (1967) , das viel von dieser Vorliebe für betonplastisches Arbeiten spüren lässt, gilt als sein Hauptwerk und wurde mit dem renommierten Hugo-Häring-Preis ausgezeichnet. Es folgten weitere kirchliche Projekte in der Umgebung, darunter das Gemeindezentrum Don Bosco (1972) ebenfalls in Fellbach oder das Gemeindehaus St. Martin (1974) in Bad Wimpfen. Zudem wirkte Klaus Franz als Lehrer an der TH Stuttgart und an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, wurde 1975 zum Professor ernannt. Klaus Franz starb am 13. Januar 1999 in Stuttgart im Alter von 76 Jahren.
- Literatur (Auswahl)
- Christian Ermer u. a. (Bearb.): Kirche zum Leben – Maria Regina Fellbach, hg. von der Katholischen Kirchengemeinde St. Johannes, Fellbach o. J.
- Friedhelm Götz u. a. (Bearb.): Maria Regina. Kirche mitten im Leben, hg. von der Katholischen Kirchengemeinde St. Johannes, Fellbach 2017.
- Sabine Schneider (Hg.): Klaus Franz, Katalog, 30. April bis Juli 2003, Architekturgalerie am Weißenhof, Stuttgart 2003.
- Hugo Schnell: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dokumentation. Darstellung. Deutung, München/Zürich 1973, 128, 1621, 185.
- Vita des Architekten Klaus Franz: www.andreas-nikolaus-franz.de/klaus-franz/index.html, Abrufdatum: 8. November 2017.
- Fellbach, auf: kleinekirchen.de, Abrufdatum: 8. November 2017.
- Moderne Kirchenarchitektur. Fellbach, auf: you-are-here.com, Abrufdatum: 17. November 2017.
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