Frankfurt am Main
Bethanienkirche
Wickenweg 60a
60433 Frankfurt am Main-Frankfurter Berg
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Informationen
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nach telefonischer Absprache Anschrift Pfarramt Evangelische Bethaniengemeinde
Wickenweg 60a
60433 Frankfurt am Main-Frankfurter Berg
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Öffnungszeiten Pfarramt MO, DO: 9.00 - 12.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten und Veranstaltungshinweise finden Sie online unter: www.bethaniengemeinde.de/index.php/gottesdienste.
Kirchen in Deutschlands Mitte
Ein Schiff der besonderen Art
Die gebauchte hölzerne Decke der Frankfurter Bethanienkirche, die an einen umgedrehten Schiffsrumpf erinnert, ist nicht nur etwas Besonderes, sie ist einmalig. Nur in Frankfurt konnte der Architekt Otto Bartning 1949 den Typ A seiner berühmten Notkirchen in dieser reinen Form umsetzen. Was Frankfurt mit den anderen 42 Bartning-Notkirchen verbindet: Fast alle werden von den Gemeinden nach wie vor in ihrer ursprünglichen Form genutzt und gepflegt. Die gekonnte Einfachheit, die aus der Not der frühen Nachkriegsjahre eine gestalterische wie liturgische Tugend machte, hat sich also bewährt. Auch in Frankfurt erinnert das Baukunstwerk seine Besucher bis heute daran, dass sie in schweren wie in guten Zeiten in einem gemeindlichen Boot sitzen – noch dazu in einem besonders schönen.
- ÜberblickOrt
Frankfurt am Main
Landeskirche
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Name der Kirche
Bethanienkirche
Einweihung
1949 (18. April)
Architekt
Otto Bartning
Künstler
Hans Heinrich AdamBesonderheit
In Bonames entstand 1949 nicht nur Frankfurts erster Kirchenneubau nach 1945 – mit der Bethanienkirche konnte Otto Bartning darüber hinaus zum einzigen Mal seinen Notkirchentyp A mit dem gebauchten Dachstuhl in dieser reinen Form umsetzen.
Nutzung
Liturgie, Kultur
Standort / Städtebau
In einer Biegung des Wickenwegs fügt sich die Bethanienkirche maßstäblich in die kleinteilige, ein- bis zweigeschossige Wohnbebauung der Zwischen- und Nachkriegssiedlung von Bonames ein. - Beschreibung
Grundriss
Von Südwesten nach Nordosten erstreckt sich die Bethanienkirche auf einem längsrechteckigen Grundriss, der an seinen Ecken von kleineren Nebenbauten begleitet wird: der Turm und die Vorhalle im Nordosten, die Sakristei im Nordwesten. Der Gemeinderaum mündet im Südwesten in den gestuften eingezogenen Altarraum.
Außenbau
Im Norden des Stadtteils Frankfurter Berg fügt sich der Putzbau an einer Biegung des verschlungenen Wickenwegs in ihre Umgebung ein. Nur der im Nordosten an das Schiff angegliederte Turm überragt die kleinteilige ein- bis zweigeschossige Wohnbebauung. Auch das Schiff fällt mit seinem gebauchten Ziegeldach und je einem Rundfenster in den beiden Giebeln sofort ins Auge.
Innenraum
Betritt man den Kirchenraum von Osten über einen seitlichen Vorraum und verlässt den Bereich der Orgelempore, erschließt sich der Gottesdienstraum. Ihn überfängt ein holzverkleideter, wie ein umgedrehter Schiffsbug geformter Dachstuhl. In den niedrigeren „Seitenschiffen“ werden die Holzbinder jeweils durch hochrechteckige Öffnungen durchbrochen. Der bebankte Raum zielt auf den erhöhten eingezogenen Altarraum. Hier wird der gemauerte Altar durch einen hölzernen Kanzelkorb und eine gemauerte Taufstelle gerahmt, die beide in die Altarraumstufen einbezogen sind.
- Liturgie und Raum
So innovativ die Bautechnik der Bethanienkirche war, so traditionell scheint sie liturgisch ausgerichtet: Mit einfachsten (Bau-)Mitteln schuf der Architekt auf kleinstem Raum den Eindruck einer würdigen Wegekirche. Die Firstlinie der Deckenkonstruktion, die seitenschiffartigen Durchgänge, der schwere Block der Bänke – alles zielt auf den erhöhten Altarraum. Für diese Notkirchen-Variante hatte Bartning grundsätzlich noch die Möglichkeit vorgesehen, unter der Orgelempore mit Schiebewänden einen Raum für die Gemeindearbeit abzuteilen – eine Option, die in Frankfurt jedoch nicht zum Einsatz kam.
Für Bartning hatte der Begriff „Notkirche“ spätestens nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs seinen provisorischen Beiklang verloren. Vielmehr sollten seine Not-Kirchen ihre jeweiligen Nutzer zu einer Not-Gemeinschaft zusammenbinden. Die Sparsamkeit des Raums zeugte für ihn nicht von Mangel, sondern diente als Mahnung zur Demut. Entsprechend war für Bethanien kein Mittelgang zwischen den Bänken vorgesehen, vielmehr sollten die Gottesdienstbesucher als Einheit vor dem Altar versammelt werden. Heute gruppiert die Gemeinde einige der grundsätzlich beweglichen Bänke gerne auch hufeisenförmig.
- Ausstattung
Der Schmuck der Bethanienkirche ist ebenso einfach wie edel: das Holzbraun der Binder, Deckenkonstruktion und Orgelempore, das Ziegelrot der gemauerten Hauptstücke. Und am holzverkleideten Kanzelkorb wiederholt sich das tragende Material der Kirche. Auf ein bildhauerisch gestaltetes Kreuz mit Corpus verzichtete man zugunsten eines klaren großen Holzkreuzes über dem Altar, ein Geschenk des Architekten Otto Bartning. Auf der ebenfalls gemauerten Taufe setzt das kupferne Taufgeschirr einen metallenen Akzent. Die noch erhaltenen bauzeitlichen Lichtkästen an den Holzbindern setzen sich ebenfalls skulptural ab. Das Rundfenster über dem Altar, ein abstraktes kreuzähnliches Bleiglasmotiv, wurde nachträglich nach einem Entwurf des Arnoldshainer Malers Hans Heinrich Adam (* 1919 Aachen, + 2007 Bad Tölz) eingefügt.
- Von der Idee zum Bau
Als man am Frankfurter Berg direkt nach dem Krieg eine Siedlung der 1930er Jahre nach Norden erweiterte, wurde auch der Wunsch nach einer eigenen Kirche laut. Da sich in Frankfurt alle Anstrengungen und Finanzen zunächst auf den Wiederaufbau der historischen (Innenstadt-)Kirchen konzentrierten, musste die seit 1947 selbständige Bethaniengemeinde andere Geldgeber suchen. Sie schaffte es 1947 auf die Liste des Evangelischen Hilfswerks in Zürich, für das der Architekt Otto Bartning und der Ingenieur Fritz Staudacher ein Notkirchenprogramm entwickelt hatten.
Auch in Frankfurt erhielt die Gemeinde kostenfrei die Holzbinder, musste dafür in Eigenleistung den Baugrund herrichten. Die Trägerkonstruktion wurde vor Ort aufgerichtet und mit Trümmersteinen u. a. aus dem alten Frankfurter Hauptpostamt ausgemauert. Die Bauarbeiten erfolgten unter Aufsicht des Evangelischen Gemeindeverbands Frankfurt. Bereits am 9. August 1948 konnte der Grundstein gelegt und die Bethanienkirche am 18. April 1949 als erster repräsentativer Kirchenneubau der Nachkriegszeit der Stadt eingeweiht werden. In Frankfurt setzte man Bartnings Notkirchen-Typ A mit dem markanten gebauchten Dach zum einzigen Mal in dieser reinen Form um. (Beim zweiten Typ-A-Bau, der sog. Schweizer Kirche in Emden wurde – abweichend von Bartnings Typenplanung – der Chor ausgeschieden und ein Satteldach ausgebildet.) In Frankfurt erweiterte man das Kirchenschiff in der Folge bis 1958 stufenweise um den seitlich angefügten Turm, die Sakristei, das Gemeindejugendhaus sowie den Kindergarten und vergrößerte die Empore.
- Der Architekt Otto Bartning
Der Architekt und Architekturtheoretiker Otto Bartning (* 1883 Karlsruhe, + 1959 Darmstadt) zählt zu den prägenden Gestalten des evangelischen Kirchenbaus im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts. Studium und erste Berufsjahre führten ihn vor dem Zweiten Weltkrieg nach Berlin. Schon 1928 machte er sich mit der zerlegbaren Stahl-/Pressakirche in Köln einen Namen im systemischen Bauen. Und mit seinem Grundlagenwerk „Vom neuen Kirchenbau“ (1919) beeinflusste er gleich mehrere Architektengenerationen. Nach 1947 baute er für das Evangelische Hilfswerk, gemeinsam mit den Ingenieur Fritz Staudacher, das legendär gewordene Not- und Diasporakirchenprogramm auf.
In Frankfurt bewarb sich Bartning bereits 1928 mit einem innovativen parabelförmigen Entwurf – vergeblich – um den Bau der späteren Gustav-Adolf-Kirche. Nach Kriegsende jedoch berief man ihn wiederholt als Gutachter und Jurymitglied für evangelische Projekte: von der Pauls- über die Weißfrauen- bis zur Wartburgkirche. Und nicht nur mit seinem Systementwurf für die Bethanienkirche war er im Blick des Frankfurter Gemeindeverbands. Auch als man mit der Dreifaltigkeitskirche in der Solmsstraße 1951 ein eigenständiges Notkirchensystem erwog, zog man Bartning beratend hinzu. Zuletzt blieben jedoch diese Überlegungen – leider – wieder in der bauamtlichen Schublade.
- Literatur (Auswahl)
- Otto Bartning: 48 Notkirchen in Deutschland, Heidelberg 1949.
- Baumeister Otto Bartning. Notkirchen, hrsg. vom Gemeindekirchenrat der Ev. Himmelfahrt-Gemeinde, Berlin 1998.
- Walter G. Beck (Bearb.): Sakralbauten in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main/Hamburg 1956.
- Karin Berkemann: Nachkriegskirchen in Frankfurt am Main (1945-76), hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland; Kulturdenkmäler in Hessen), Stuttgart 2013 [zugl. Dissertation, Kirchliche Hochschule Neuendettelsau, 2012].
- Walther Heyer (Bearb.): Evangelische Kirchbautagung Rummelsberg 1951. Fünfte Tagung für evangelischen Kirchenbau vom 24. bis 28. Mai 1951, hrsg. vom Arbeitsausschuss des Evangelischen Kirchbautags, o. O. [Berlin] o. J. [um 1951].
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