Frankfurt am Main
Dornbuschkirche
Mierendorffstraße 5
60320 Frankfurt am Main
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche zu den Gottesdienstzeiten Anschrift Pfarramt Evangelische Dornbuschgemeinde
Carl-Goerdeler-Straße 1
60320 Frankfurt am Main
069 563606
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Öffnungszeiten Pfarramt MO, DI: 9.00 - 11.00 Uhr
MI, FR: 14.00 - 16.00 Uhr
DO: 15.00 - 17.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden: www.dornbuschgemeinde.de/index.php/glauben-leben/gottesdienste.
Kirchen in Deutschlands Mitte
„Neues gestalten – Vertrautes erhalten“
Einst hat man sie als „Hangar“ betitelt, seit einer drastischen Verkleinerung aber wird sie – nicht nur in Architekturzeitschriften – geradezu gefeiert: die von 1960 bis 1962 im Norden Frankfurts nach Plänen von Architekten der Frankfurter Kirchenverwaltung errichtete evangelische Dornbuschkirche. Gelegen im südlichen Bereich des erst 1946 gebildeten, heute rund 18.500 Einwohner zählenden Stadtteils Dornbusch, ragen ganz in ihrer Nähe die Bauten der Sendeanstalt des Hessischen Rundfunks auf. Um die Jahrtausendwende fasste man hier unter dem Motto „Neues gestalten – Vertrautes erhalten“ den Entschluss, einen großen Teil der Kirche abzureißen und den bisherigen Altarbereich zum neuen Gottesdienstraum auszubauen …
- ÜberblickOrt
Frankfurt am Main
Landeskirche
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Name der Kirche
Dornbuschkirche
Einweihung
1962 (11. März), 2005 (20. März)
Architekten
Ernst Görcke, Ludwig-Eberhard Müller, Claudia Meixner, Florian Schlüter, Martin Wendt
Künstler
Hans Heinrich AdamBesonderheit
Die beim Umbau/Teilabriss der Kirche neu eingestellte, plastisch durchgestaltete Südwand nimmt künstlerisch Spuren des entfernten Baubestands auf, die so von innen und außen ablesbar bleiben.
Nutzung
Gemeindekirche der Evangelischen Dornbuschgemeinde Frankfurt am Main, Mitnutzung durch die Finnische Gemeinde Frankfurt am Main
Standort / Städtebau
Städtebaulich verblieb bei der Transformation des Kirchengebäudes trotz massiven Eingriffs mit Abbruch des gesamten vormaligen Hauptschiffs der Kirche ein räumlich und funktional lebendiges Ensemble mit Gemeindehaus-Gruppe, neu entwickelter „Rest“-Kirche, neu entstandenem Kirchenvorplatz und erhaltenem Turm. - Beschreibung
Grundriss
Auf einem Eckgrundstück zeigte sich ursprünglich ein im Hauptschiff von Süd nach Nord laufender, zum Altarbereich hin öffnender trapezförmiger Grundriss. Daran lagerte nördlich ein querrechteckiger Altarraum an, dem nach Westen – mit dem Gemeindesaal beginnend – eine in späteren Bauabschnitten auf L-förmigem, nach Süden abknickendem Grundriss erstellte Gemeindehaus-Gruppe folgt. In Teilen einst vom Schwedischen Kirchenverein errichtet, wird sie heute von der Finnischen Gemeinde mitgenutzt. Vom Hauptschiff etwas südöstlich abgesetzt, ordnete man schließlich einen freistehenden Glockenturm an. Beim 2003 bis 2005 erfolgten, einschneidenden Umbau wurde das Kirchengebäude stark verkleinert. So reduzierte man es auf den Altarraum, baute diesen unter Einzug einer neuen, maximal 40 Zentimeter starken, aber bis zu 2,5 Meter verspringenden Südwand zur Kirche aus – und legte das Hauptschiff nieder.
Außenbau
Das einstige Hauptschiff war flachgedeckt als Prisma auf trapezförmiger Grundfläche entwickelt, an das sich nördlich ein quergestellter Quader als Altarraum anschloss. Das Betondach des Hauptschiffs erschien durch einen schmalen Fensterstreifen von den sonst fensterlosen, hellen Seitenwänden getrennt. Von besonderer Gestalt war die nach Süden gerichtete, gläserne Eingangsfront mit ihrem weit auskragenden Beton-Vordach, das zwei konstruktiv eigenständige, schräge Stützen trugen. Die Ostseite des Altarraums war als wandfüllende Glasfläche ausgebildet. Bei der Umgestaltung wurde das Hauptschiff – etwa zwei Drittel des Gesamtbaus – beseitigt. Erhalten blieb der Altarraum, den man um eine Südwand aus Mauerwerk und Stahlbeton ergänzte. Deren plastische Entwicklung sucht verlorene Gebäudeteile wie die frühere Eingangsfront oder die ehemalige Altaranlage nach außen abzubilden. Im Südwesten integrierte man – asymmetrisch – den neuen Hauptzugang. Beim Umbau wurde auch der in Sichtbeton erstellte Glockenturm erhalten. Zwischen ihm und der neuen Südwand wurde – am Ort des einstigen Hauptschiffs – eine Platzfläche angelegt, auf die man Umrisse des früheren Baus und seiner Einrichtung aufzeichnete.
Innenraum
Das alte Hauptschiff wurde geprägt durch helle Seitenwände und eine helle Decke, wobei letztere symmetrisch mit Stich nach unten in der Mittelachse ausgebildet war. Der oben an den seitlichen Wänden verlaufende Glasfries verlieh ihm einen leicht schwebenden Charakter. Eine Besonderheit stellte auch hier die großflächig verglaste Südwand mit ihrer von zwei schrägen Stützen geprägten Wandentwicklung dar. So erschien der dortige Eingangsbereich mit einer brückenartigen Konstruktion überspannt, die, weit in den Raum hineinkragend, die Orgelempore trug. Die Nordwand hinter dem Altar zeigte sich demgegenüber bis zur Decke geschlossen. Die östliche Wand des Altarraums wiederum war fast völlig in Glas aufgelöst, während man die westliche zum angrenzenden Gemeindesaal öffnen konnte. Beim Umbau transformierte man den Altarraum zum „zentralen Aktionsbereich“. Gestalterisch wurden Boden, Decke und kurze Stirnseiten als dunkles, warm-farbiges Band zusammengefasst. Die neu errichtete, auch den neuen Eingangsbereich mit Windfang und Glastür aufnehmende Südwand sticht dagegen hell hervor. Von einem textil unterspannten Oberlicht beleuchtet, springt sie im Raum vor und zurück – und bildet dabei auch innen plastisch Gestaltelemente der früheren Kirche wie die einstige Südwand mit der Orgelempore, den vormaligen Altar und die alte Taufe ab.
- Liturgie und Raum
Der Grundgedanke der liturgischen Ordnung der ursprünglichen Dornbuschkirche leitete sich aus Empfehlungen der von der 2. Evangelischen Kirchbautagung in Rummelsberg 1951 verabschiedeten „Grundsätze für die Gestaltung des gottesdienstlichen Raumes der evangelischen Kirchen“ ab. Danach entstand sie als längs entwickelter, von Süd nach Nord auf einen erhöhten Altarbereich hin ausgerichteter Kirchenbau. Im Altarraum wurde der Altar in Querrichtung auf einem dreistufigen Podest errichtet. Zu seiner Linken platzierte man die Kanzel, während die Taufe rechts Aufstellung fand. Im Hauptschiff waren – vom Eingang her, auf den Altarraum zu – feste Bankreihen mit breitem Mittelgang angeordnet.
Beim Umbau der Kirche wurde diese liturgische Ordnung aufgelöst. Im nunmehrigen Hauptraum, der aus dem ehemaligen geräumigen Altarraum entstand, ist die Einrichtung samt Prinzipalien flexibel angelegt. Dies ermöglicht Gottesdienste in unterschiedlichsten räumlichen Ordnungen und Variationen – wie etwa eine Ausrichtung auf die neue, plastisch entwickelte Südwand oder auf das große Ostfenster zu. Bei größeren Ereignissen kann außerdem der unmittelbar westlich anschließende Gemeindesaal zugeschaltet werden.
- Ausstattung
Der Ursprungsbau bot rund 600 Personen Platz. Für den Fußboden hatte man geschliffenen schwarzen Asphalt gewählt, das erhöhte Altarpodest war mit Basaltlava belegt. Altar, Kanzel und Taufe ließen die Architekten nach ihren Plänen in Beton erstellen. Eine besondere Wirkung entfaltete das ca. 125 Quadratmeter große, farbige Bleiglasfenster in der Ostwand des Altarraums: Mit rund 10.000 einzelnen Glasscheiben in roten, gelben, blauen und weißen Schattierungen hatte es 1958 der – über Jahrzehnte in Arnoldshain lebende – Künstler Hans Heinrich Adam (1919-2007) mit einem Christusmotiv gestaltet. Von ihm stammte auch der zu beiden Seiten im Hauptschiff oben entlanglaufende Glasfries, der in die großflächig verglaste, frühere (südliche) Eingangsfront der Kirche mündete.
Wurden diese Gläser bei Umbau und Teilabriss ebenso wie die Bänke und die Einrichtung des Altarbereichs aufgegeben, blieb das große Fenster im ehemaligen Altarraum erhalten. Dessen Neuausstattung gestaltete man flexibel. Dabei erscheinen Altar, Pult und Taufe, deren Holzkorpusse wie der Fußboden in geräucherter Eiche entwickelt wurden, schwer, stehen aber auf Rollen. Zugleich sind die Prinzipalien ebenso wie die Lager-Boxen und die Bestuhlung der neuen Farbgestaltung des 180 Personen fassenden Raumes angepasst. Die bisherige Orgel (1964 Oberlinger, Windesheim) wurde verkauft und eine neue kleinere Orgel (2005, Hugo Mayer, Heusweiler) eingebaut.
- Von der Idee zum Bau
Die Besiedlung des „Dornbusch“ setzte um die Wende zum 20. Jahrhundert ein. 1929 gründete man hier eine evangelische Gemeinde, für die 1930 eine hölzerne „Notkirche“ entstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg lange von den Amerikanern beschlagnahmt, wurde sie erst mit weiterem Aufstreben und Wachstum des Stadtteils in den 1950er Jahren von einem Neubau an anderem Standort abgelöst. Diese 1962 eingeweihte Kirche zeigte in den 1990er Jahren einen schlechten baulichen Zustand bei deutlich zurückgegangenem Gottesdienst-Besuch und stark gesunkenen Gemeindegliederzahlen. Langwierige Diskussionen führten bis zu Überlegungen, die nun als zu groß empfundene Kirche aufzugeben und durch einen kleinen Andachtsraum zu ersetzen.
Über Planungsstudien kam man – unter Federführung von Meixner Schlüter Wendt Architekten – schließlich zu einer per Direktauftrag umgesetzten Neuentwicklung mit Teilrückbau. Kernstück wurde die am ehemaligen Altarraum neu erstellte Südwand. Deren plastische Struktur spiegelt mit „Stanzungen“ bzw. „Abdrücken“ entfernte Teile des alten, niedergelegten Ensembles wider. Raumbelichtung, konstruktive Aussteifung, bauliche Erschließung und Vorgaben aus dem Bestand ergaben die endgültige Form. Auch durch die – einem Sportfeld ähnlichen – Markierungen des einstigen Hauptschiffs auf dem seine Stelle einnehmenden, vielfältig nutzbaren Kirchvorplatz ließen die Architekten den Ursprungsbau ablesbar. Dieser Ansatz wurde von der (Fach-)Presse wie mit (inter-)nationalen Architekturpreisen gewürdigt. So schrieb Christian Holl: „Die Geschichte des Ortes wird nicht auf ein plattes Abbild reduziert, sondern zu einer neuen architektonischen Qualität geformt.“
- Die Architekten
Den Ursprungsbau entwarfen die Architekten Ernst Görcke (1906-90) und Ludwig-Eberhard Müller (* 1928) aus der Bauabteilung des Gemeindeverbands der evangelisch-lutherischen und -unierten Kirchengemeinden in Frankfurt am Main (heute Evangelischer Regionalverband). Oberbaurat Görcke war von 1946 bis 1973 ihr Leiter und zeichnete hier für etliche Kirchenwiederauf- und -neubauten in Frankfurt verantwortlich.
Den Umbau entwickelte die 1997 gegründete Bürogemeinschaft Meixner Schlüter Wendt Architekten, Frankfurt: Dipl.-Ing. Claudia Meixner wurde 1964 in Bad Hersfeld geboren, studierte Architektur in Darmstadt (TH) und Florenz. Ab 1991 war sie bei Wörner+Partner, Frankfurt, sowie freischaffend tätig und Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Günter Pfeifer, TH Darmstadt. In verschiedenen Gremien vertreten (etwa im Präsidium des Evangelischen Kirchbautags), wirkt sie außerdem kunstschaffend.
Dipl.-Ing. Florian Schlüter, geboren 1959 in Karlsruhe, studierte ebenfalls in Darmstadt und Florenz Architektur. Er war ab 1988 bei Wörner+Partner sowie freischaffend tätig. Von 1993 bis 1998 Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Floriano Bodini, TH Darmstadt, hatte er 2001 eine Professur-Vertretung in Siegen inne. Auch er schafft Kunst.
Dipl.-Ing. Martin Wendt wurde 1955 in Ahlen geboren und studierte in Frankfurt (FH) Architektur. Ab 1981 in verschiedenen Büros, ab 1994 im eigenen tätig, beriet er außerdem in der Organisation und Abwicklung von Großprojekten. – Meixner Schlüter Wendt Architekten sind vielfältig im öffentlichen Raum beschäftigt und zeichneten u. a. für den Um-/Anbau der Stephanuskirche Frankfurt-Unterliederbach (2001/02) verantwortlich. Gern inszenieren sie, so Christian Holl, „ein Spiel mit Volumen, Innen und Außen, Positiv und Negativ“.
- Literatur (Auswahl)
- Karin Berkemann: Nachkriegskirchen in Frankfurt am Main (1945-76), hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland; Kulturdenkmäler in Hessen), Stuttgart 2013 [zugl. Dissertation, Kirchliche Hochschule Neuendettelsau, 2012].
- Christian Holl: Geschichte prägt. Umbau Dornbuschkirche Frankfurt 2005, in: german-architects – Bau der Woche ( www.german-architects.com/de/projects/27579_Umbau_Dornbuschkirche_Frankfurt_am_Main, Abrufdatum: 6. November 2016).
- Meixner Schlüter Wendt: Entwurfsstrategien, in: Thomas Erne (Hg.): Protestantischer Kirchenbau mit Zukunft? (Tagungsdokumentation/KBI 02), Darmstadt 2010, 65-73.
- Joachim Proescholdt/Jürgen Telschow: Frankfurts evangelische Kirchen im Wandel der Zeit, Frankfurt am Main 2011.
- Sven Sabary: Weniger Masse – mehr Raum. Der Umbau der Dornbuschkirche in Frankfurt am Main, in: Evangelischer Kirchbautag und Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart – Architektur Flash September 2009 ( www.kirchbautag.de/index.php?id=987&type=98, Abrufdatum: 6. November 2016).
- Enrico Santifaller: Dornbuschkirche. Rück-, Um- und Neubau in Frankfurt/Main, in: Bauwelt 96, 2005, 26, 24-28.
- Walter Zahner: Zukunft des Deutschen Kirchenbaus. Teilvitalisierender Abriss als Alternative zum Totalverlust, in: db Deutsche Bauzeitung 141, 2007, 2, 50-57.
- Internetpräsenz der Gemeinde: www.dornbuschgemeinde.de.
- Internetpräsenz der Architekten: www.meixner-schlueter-wendt.de.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.