Frankfurt am Main-Nordend
Epiphaniaskirche
Holzhausenstraße 6
60318 Frankfurt am Main-Nordend
-
Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Die aktuellen Öffnungszeiten erfragen Sie bitte beim Pfarramt der Petersgemeinde. Anschrift Pfarramt Evangelische Petersgemeinde
Fürstenbergerstraße 21
60322 Frankfurt am Main
069 285809
E-Mail
Zur Webseite
Öffnungszeiten Pfarramt Bitte telefonisch oder per email Kontakt aufnehmen:
DI, MI + FR: 10.00 - 12.00 Uhr
DO: 16.00 - 18.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten finden Sie online unter:petersgemeinde.de/gottesdienste-2.
Kirchen in Deutschlands Mitte
Ein Bogen in die Geschichte
Manchmal – zugegebenermaßen nur äußerst selten – funktioniert Denkmalpflege in Frankfurt dort am besten, wo das Amt nicht eingreift. Mitte der 1950er Jahre stand Karl Wimmenauer vor der Aufgabe, eine Kriegsruine wieder in eine Kirche zu verwandeln. Selbstbewusst formte er aus Beton und Stahl ein modernes Schiff mit markantem Faltdach. Doch ließ er nicht nur den alten Turm unbehelligt, sondern ließ sich auch vom neugotischen Triumphbogen beeindrucken, der aus den Trümmern ragte. Wimmenauer inszenierte ihn als geschichtsträchtigen Rahmen für das neue Leben, das 1956 in die modern wiederhergestellte Epiphaniaskirche einzog.
- ÜberblickOrt
Frankfurt am Main-Nordend
Landeskirche
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Name der Kirche
Epiphaniaskirche
Einweihung
1903/1956 (11. März)
Architekten
Aage von Kauffmann, Karl Wimmenauer
Künstler
Hans Heinrich Adam, Ilselore BezzenbergerBesonderheit
Wie Karl Wimmenauer eine neugotische Kriegsruine in eine moderne Gemeindekirche verwandelte, setzte bundesweit Maßstäbe für eine – im besten Wortsinn – schöpferische Denkmalpflege.
Nutzung
Die Epiphaniaskirche wird als Teil der evangelischen Petersgemeinde für gottesdienstliche und kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Standort / Städtebau
Auf einer prominenten Straßeninsel im gründerzeitlichen Holzhausenviertel setzen das modern gefaltete Schiff und der neugotische Turm gemeinsam einen deutlichen, aber städtebaulich maßstäblichen Akzent. - Beschreibung
Grundriss
Im Frankfurter Nordend, im Holzhausenviertel, findet sich die Epiphaniaskirche in einer Insellage, auf die fünf Straßen sternförmig zulaufen. Hier erhebt sich der Bau auf einem längsrechteckigen Grundriss.
Außenbau
Die beiden rahmenden Bauglieder, der neugotische Turm im Norden und die Hauptportalwand im Süden, zeigen nach außen Naturstein. Dazwischen wird der Baukörper – das Hauptschiff als verputzte Stahlbeton-Konstruktion über zwei niedrigeren steinverkleideten Seitenschiffen – von einem Faltdach überfangen.
Innenraum
Die repräsentative Kirchentreppe im Süden rahmen zwei vorkragende Bauglieder, die eine Werktagskapelle und Funktionsräume aufnehmen. Im Inneren wird der Blick unter der Orgelempore zwischen Bankblöcken über den Mittelgang zum Altarraum im Norden gelenkt. Kantige Betonstützen, die das Mittel- von den Seitenschiffen trennen, gliedern den gitterförmigen Obergaden und münden in eine sterngewölbeähnliche Decke. Der freigestellte Triumphbogen öffnet sich zum Altar, den Ambo und Taufe flankieren. Das spitzbogige Chorfenster zeigt ebenso wie die Seitenschifffenster eine gegenständliche Bleiverglasung.
- Liturgie und Raum
Die neugotische Immanuelskirche – der Vorgängerbau der heutigen Epiphaniaskirche – entsprach der nüchternen Frömmigkeit ihrer bibelgläubigen Erbauer: Es sollte aussehen wie eine Kirche, aber nicht wie eine Kathedrale. 1956 brachte der schöpferische Wiederaufbau mehr Farbe und Feierlichkeit in den Gottesdienstraum, der nun Epiphaniaskirche hieß. Wimmenauer inszenierte den traditionsreichen Triumphbogen als Schwelle zwischen der diesseitigen Gottesdienstgemeinde und einer im Chorfenster aufscheinenden anderen Welt. Solch eine farbenfrohe Sakralität erwies sich für die pragmatischen Frankfurter als gewöhnungsbedürftig: Zur Einweihung mussten sie ermutigt werden, die täglich geöffnete Kirche auch unter der Woche zu nutzen.
In den 1960er Jahren erprobte der Stadtjugendpfarrer Dieter Trautwein u. a. in der Epiphaniaskirche seinen „Gottesdienst in anderer Gestalt“: von der Predigt im Gespräch über das Tischabendmahl bis zum „neuen geistlichen Lied“. 1968 schließlich sammelte sich hier auch der Protest gegen das „Establishment“. Doch während vielerorts in Frankfurt die Werktagskapelle zum Gemeindesaal umgenutzt wurde, hatte die Epiphaniaskirche – als 1963 ein Gemeindehaus angebaut wurde – erst nachträglich einen Andachtsraum erhalten. Heute öffnet die Gemeinde ihre renovierte Kirche wieder stolz zur (werk)täglichen Besinnung.
- Ausstattung
Die bleiverglasten Fenster des Kirchenraums gestaltete die Kasseler Malerin Ilselore Bezzenberger, geborene Harting, Ehefrau des Theologen und Publizisten Günter Bezzenberger. „Stark und eigenwillig“ nannte Karl Wimmenauer ihre Arbeit, deren Motive zum Thema „Epiphanie“ mit dem Chorfenster in einer Kreuzigungsszene gipfeln. Dieser kräftigen Farbigkeit stellte Wimmenauer gezielt bescheidene Hauptstücke gegenüber: Altar, Ambo und Taufstein aus geschichtetem Schiefer, dem Material des Fußbodens.
Die im Boden verankerten Altarleuchter, die Taufschale und das Altarkreuz gestalteten Frankfurter Goldschmiede, das silberne Abendmahlsgerät fertigte Gotthold Schönwandt aus Nordeck und die Antependien entwarf der Grafiker Rupert Hans Stöcker aus Frankfurt. Nachträglich erhielt die Kirche neue kupferne Portale und für die Werktagskapelle neue Betonglasfenster, beides vom (Glas-)Maler Hans Heinrich Adam.
- Von der Idee zum Bau
Als Vorgängerbau der modernen Epiphaniaskirche gestaltete Aage von Kauffmann 1903 die neugotische Immanuelskirche. Damit erhielt der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein – bibelgläubige Christen, die schon 1883 die Frankfurter Christuskirche verwirklicht hatten – eine weitere Predigtstätte. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau beschädigt, 1953 trat der Hilfsverein als eigenständige Personalgemeinde der Landeskirche bei. Mit der evangelischen Ortsgemeinde wollte man nicht fusionieren, um die angestammte Frömmigkeit nicht zu verlieren. Stattdessen verkaufte der Hilfsverein die Kirchenruine an die Landeskirche und verlagerte den eigenen baulichen Schwerpunkt in die Nibelungenallee, wohin sie den Namen Immanuelskirche mitnahm.
Die landeskirchliche Gemeinde richtete sich die Ruine nun als Epiphaniaskirche neu her: Am 3. Oktober 1954 wurde der Grundstein gelegt, am 11. März 1956 die Einweihung gefeiert. Als Architekt hatte man Karl Wimmenauer gewählt, der sich gerade mit seinem Wettbewerbsentwurf für die Frankfurter Weißfrauenkirche hervorgetan hatte. 1963 erhielt die Epiphaniaskirche ein nach Norden anschließendes Gemeindehaus nach Entwürfen des Frankfurter Architekten Hans Bartolmes. Bis 2007 renovierte man die Epiphaniaskirche zuletzt in Anlehnung an die Farbigkeit von 1956. Und die „neue“ Immanuelskirche in der Nibelungenalle wird heute u. a. durch die englischsprachige Trinity Lutheran Church genutzt.
- Der Architekt Karl Wimmenauer
Der Architekt Karl Wimmenauer (* 1914 Mannheim, + 1997) sammelte früh Erfahrungen im Wiederauf- und (römisch-katholischen) Kirchenbau durch seine langjährige Mitarbeit bei Rudolf Schwarz. Mit diesem wirkte Wimmenauer etwa beim Wiederaufbau der Trierer Liebfrauenkirche (1950) mit. Großen Einfluss entfaltete er als (Hochschul-)Lehrer und Architekturtheoretiker, etwa als beratender Architekt am Marburger Kirchbauinstitut oder als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie. So wagte er 1968 – wenn auch rein auf dem Papier – mit großer Geste die Überbauung des dortigen Akademiegebäudes.
Im protestantischen Frankfurt bildete Wimmenauer eine wichtige Brücke zwischen dem katholischen und dem evangelischen Kirchenbau. In der Mainmetropole hinterließ er viele kaum bekannte Spuren: sein nicht realisierter Entwurf für die Weißfrauenkirche (1953), seine Mitarbeit an der Umgestaltung der St. Marien-Krankenhauskapelle (1948) und am durch Rudolf Schwarz verantworteten Neubau von St. Michael (1954). Eine Inkunabel, die Wimmenauer 1962 – nach dem Tod des Meisters – um einen Campanile ergänzte. Auf seinen Wiederaufbau der Epiphaniaskirche (1956) folgten noch wenige späte hessische Eigenschöpfungen: von der Friedenskirche (1965) in Frankfurt-Harheim bis zur Adventskirche.
- Literatur (Auswahl)
- Dieter Bartetzko (Hg.): Sprung in die Moderne. Frankfurt am Main. Die Stadt der 50er Jahre (Die Zukunft des Städtischen. Frankfurter Beiträge 7), Frankfurt am Main 1994.
- Karin Berkemann: Nachkriegskirchen in Frankfurt am Main (1945-76), hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland; Kulturdenkmäler in Hessen), Stuttgart 2013 [zugl. Dissertation, Kirchliche Hochschule Neuendettelsau, 2012].
- Die Fenster in der Epiphaniaskirche Frankfurt am Main und eine Darstellung der Gemeindegeschichte, hg. vom Kirchenvorstand der Evangelisch-Lutherischen Epiphaniasgemeinde, Frankfurt am Main 1981.
- Grundsteinlegung der Epiphaniaskirche, Frankfurt am Main. 3. Oktober 1954, Frankfurt am Main 1954.
- Kai Kappel: Memento 1945? Kirchenbau aus Kriegsruinen und Trümmersteinen in der Westzone und in der Bundesrepublik Deutschland (Kunstwissenschaftliche Studien 145), München/Berlin 2008 [zugl. Habil., Mainz 2006].
- Alexander Klemm: Von der Immanuelskirche zur Epiphaniaskirche, Frankfurt am Main 2006.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.