Frankfurt am Main-Ostend
Allerheiligen
Thüringer Straße 35
60316 Frankfurt am Main-Ostend
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
Täglich 10.00 - 18.00 Uhr Anschrift Pfarramt Dompfarrei St. Bartholomäus
Domplatz 14
60311 Frankfurt am Main
069 297032 -0
E-Mail
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Öffnungszeiten Pfarramt MO - FR: 9.00 – 12.00 Uhr MO - DI: 16.00 - 18.00 Uhr MI, DO: 17.00 - 17.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche SO: 10.00, 12.30 Uhr (letztere: Messe in spanischer Sprache) DI: 10.00 Uhr (Messe in spanischer Sprache) DO: 9.00 Uhr Das aktuelle Veranstaltungsprogramm der KunstKulturKirche Allerheiligen kann online eingesehen werden: www.kunstkulturkirche.de.
Kirchen in Deutschlands Mitte
An alles gedacht
Als der Frankfurter Pfarrer Alfons Kirchgässner um 1950 eine neue Kirche plante, setzte er sich zuerst an die Schreibmaschine. In elf kurzen Punkten sorgte er sich neben den zutiefst menschlichen („Ein Klo nicht vergessen!“) vor allem um die liturgischen Bedürfnisse seiner Gemeinde: Der Altar dürfe nicht zu stark erhöht werden, die Chorfenster müssten an die Seite rücken und eine Sakramentskapelle wäre auch noch schön. Als die geschwungene Allerheiligenkirche 1953 geweiht wurde, hatten sich fast alle Wünsche erfüllt, nur mit der Idee einer Sakramentskapelle war Kirchgässner seiner Zeit noch zu weit voraus.
- ÜberblickOrt
Frankfurt am Main-Ostend
Bistum
Bistum Limburg
Name der Kirche
Allerheiligen
Weihe
1953 (13. Dezember)
Architekten
Alois Giefer, Hermann Mäckler
Künstler
Hans Mettel, Leo Peter, Georg Poppe, Albert WelkerBesonderheit
Mit der parabelförmig geschwungenen Allerheiligenkirche fand sich Frankfurt 1953, noch ein Jahr vor Einweihung der Rudolf-Schwarz-Kirche St. Michael, liturgisch wie architektonisch an der Speerspitze des modernen katholischen Kirchenbaus wieder.
Nutzung
Teil der Dompfarrei St. Bartholomäus sowie "KunstKulturKirche. Forum für Moderne Kunst und Neue Musik"
Standort / Städtebau
Im Ostend tut sich die Allerheiligenkirche – zwischen Zoo und Brüderkrankenhaus – nicht durch ihre Höhe, sondern durch ihre außergewöhnliche Form- und Farbgebung hervor. - Beschreibung
Grundriss
Im Frankfurter Osten, im Niemandsland zwischen Brüderkrankenhaus und Zoo, entstand die Allerheiligenkirche auf einem parabelförmigen Grundriss. Nach Norden laufen die geschwungenen Linien im erhöhten Altarraum zusammen, dem nach Westen und Osten jeweils auf quadratischem Grundriss Nebenräume angefügt sind. Das Schiff wurde im Verlauf der Thüringer Straße nach Norden zurückgesetzt und auf Stufen erhöht. Dagegen zeigt sich der Campanile, der auch die ehemaligen Jugendräume aufnimmt, nach Süden bis an den Gehsteig vorgezogen. Beide Bauglieder verbindet eine Wandscheibe, die den Verlauf der Parabel nach Südwesten fortsetzt.
Außenbau
Das dynamisch geschwungene Schiff mit flach geneigtem Satteldach wird durch sein farbiges Muster geprägt: In waagerechten Streifen wechseln sich gelbe und weiße Kalksandsteine ab. Der schlanke Campanile gewinnt durch senkrechte Wandvorlagen optisch zusätzlich an Höhe.
Innenraum
Von Süden erschließen drei Portale den Kirchenraum, der sich zum Hauptaltar im Norden hin verjüngt. Entlang der weiß gefassten Wände steigern sich die Betonstreben bis zum Altar, wo sich der Raum wieder weitet: für eine Seitenkapelle mit Sängerbühne und Orgelspieltisch im Westen, für eine Sakristei und eine Orgelempore im Osten. Dazwischen wird der Hautaltar durch eine baldachinartige Lichtkuppel auf schlanken Stützen besonders ausgezeichnet.
- Liturgie und Raum
Als Pfarrer Alfons Kirchgässner 1948 mit dem Architektenduo Alois Giefer und Hermann Mäckler die Kapelle des Frankfurter Brüderkrankenhauses wiederaufbaute, konnten sie den freistehenden Hauptaltar vom Wandtabernakel trennen. Auch das von Giefer und Mäckler erstellte Wettbewerbsmodell für die neue Allerheiligenkirche zeigte eine ähnliche Lösung: Der Tabernakel sollte hinter dem Hauptaltar, nochmals auf Stufen erhöht, im Scheitelpunkt der Parabel zu stehen kommen. Noch während der Bauarbeiten warb die Gemeinde beim Bistum hartnäckig für diese Idee und unterlag schließlich: Der Tabernakel wanderte auf den Hauptaltar, direkt unter die Lichtkuppel im Norden des Kirchenraums.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) nutzt die Gemeinde rasch die neuen Spielräume und eröffnete die Diskussion wieder. Man wollte den Tabernakel hinter den Hauptaltar versetzen, notfalls in die Seitenkapelle. Das Bistum hingegen fürchtete, damit den Tabernakel ins Abseits zu verbannen und schlug einen Standort seitlich des Altars vor. Schließlich verwirklichte man 1967 eine gut sichtbare, treppenartige Konstruktion hinter dem Hauptaltar, den man dafür leicht in Richtung Gemeinde vorzog.
Mit der letzten Umgestaltung von 2015 rückte der Altar wieder an seinen ursprünglichen Standtort unter der „Lichtkuppel“. Der Tabernakel wurde in der Seitenkapelle aufgestellt, die man – ähnlich wie die darüberliegende Sängerbühne – gitterartig vom Hauptraum abteilte. Und der Taufort, der 1953 noch im Westen in der Seitenkapelle platziert war, findet sich heute im Süden zwischen zwei der drei Hauptportalen. In dieser theologisch wie ästhetisch hochreflektierten Tradition versteht sich die KunstKulturKirche Allerheiligen heute nicht nur als Raum für zeitgenössische Kunst, sondern auch als Ort für eine moderne Liturgie und Kirchenmusik.
- Ausstattung
Da der eigentliche Schmuck der Allerheiligenkirche in ihrer architektonischen Form liegt, fiel auch das einzige großformatige Kunstwerk wandfest aus: Über den Hauptportalen kerbte der Frankfurter Bildhauer Hans Mettel (1903-66) stilisierte Heiligenfiguren in den Stein. Mettel, der schon 1930 den renommierten Rom-Preis erhielt, prägte in Hessen nach 1945 zahlreiche öffentliche Bauten durch seine charakteristischen verfremdeten Menschen-Motive.
Zur Bauzeit erhielt die Allerheiligenkirche auch einige qualitätvolle kleinere Ausstattungsstücke, die teils direkt nach dem Krieg bereits für die Kapelle des Brüderkrankenhauses beauftragt worden waren: der Tabernakel und der Deckel des Taufsteins von Albert Welker, das Altarkreuz nach einem Entwurf von Leo Peter und ein Altarbild von Georg Poppe. Seit 2008 wird der programmatisch schlichte Kirchenraum wechselnd für Installationskünstler geöffnet: von Hermann Nitsch bis Angela Glajcar.
- Von der Idee zum Bau
Als die Zahl der Katholiken im protestantischen Frankfurt sprunghaft anstieg, legte der Architekt Martin Weber 1927 Pläne für eine neue Kirche im Ostend vor. Das Projekt musst durch die Wirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg auf Eis gelegt werden. Doch schon 1948 konnten sich die Katholiken des Ostends in der – vom Architektenduo Alois Giefer und Hermann Mäckler unter Pfarrer Alfons Kirchgässner wiederaufgebauten – Kapelle des Brüderkrankenhaues versammeln. In den folgenden Jahren feierte man hier die Messe versus populum und ließ lateinische Texte durch einen deutschen Vorbeter begleiten.
Kirchgässner lernte 1938/39 in Leipzig die Priestergemeinschaft der Oratorianer kennen, deren Liebfrauenkirche Rudolf Schwarz im Sinne der liturgischen Reformbewegung umgestaltete. In Frankfurt gehörte Kirchgässner zu den Mitbegründern des Oratorium Philipp Neri, das innovative römisch-katholische Kirchenbauten wie St. Michael (1954, Rudolf Schwarz) hervorbringen sollte. Schon im Planungs- und Bauprozess von Allerheiligen bildeten sich viele der Liturgie- und Architekturideen ab, die zeitversetzt für St. Michael bestimmend werden sollten: von der geschwungenen Bauform bis zum Streit um Tabernakel und freistehenden Hauptaltar.
Bereits 1953, ein Jahr vor St. Michael, konnten am 15. März der Grundstein gelegt und am 13. Dezember die Weihe von Allerheiligen gefeiert werden. Seit 2008 wird der Raum als Profilkirche für zeitgenössische Kunst und Kultur genutzt, 2015 erhielt der Innenraum im Zuge der Renovierung durch das Frankfurter Büro Christoph Mäckler Architekten u. a. eine neue flexible Bestuhlung, die die Stuhldesigner Oliver Elsner und Veit Streitenberger eigens für die Kirche entworfen haben.
- Die Architekten Alois Giefer und Hermann Mäckler
Der Architekt Alois Giefer (* 1908 Frankfurt am Main, + 1982 Frankfurt am Main) studierte in Berlin u. a. bei Hans Poelzig und hospitierte bei Heinrich Tessenow. Nach 1945 arbeitete Giefer in Frankfurt in Bürogemeinschaft mit Hermann Mäckler (* 1910 Vallendar, + 1982 Frankfurt am Main), Vater des Architekten Christoph Mäckler, der auch an der jüngsten Neugestaltung der Allerheiligenkirche beteiligt war. Hermann Mäckler studierte in Offenbach und wirkte bis 1941 als Mitarbeiter von Martin Weber. Neben verschiedenen Werken im Profanbau, darunter der Frankfurter Flughafen, machte sich das Architektenduo vor allem um den nachkriegsmodernen katholischen Kirchenbau in Südhessen verdient.
Giefer und Mäckler waren eng mit der Liturgischen Bewegung und der Avantgarde des römisch-katholischen Kirchenbaus vernetzt. Über prominente Projekte im schöpferischen Wiederaufbau wie den Dom (1953) hinaus etablierten sie sich in Frankfurt rasch durch bundesweit beachtete, innovative Neubauten wie der Maria Hilf- (1951) oder der Allerheiligenkirche (1953). Ebenso verstanden sie es, qualitätvolle Kapellen in größeren karitativen Einrichtungen einzubinden, z. B. im Frankfurter St. Katharinen-Krankenhaus (1960). In den 1960er Jahren führten Giefer und Mäckler ihre nachkriegsmoderne Formensprache mit Kirchen wie St. Elisabeth (1963) in Fulda oder St. Matthias (1965) in der Frankfurter Nordweststadt zu einer späten Blüte.
- Literatur (Auswahl)
- Dieter Bartetzko (Hg.): Sprung in die Moderne. Frankfurt am Main. Die Stadt der 50er Jahre (Die Zukunft des Städtischen. Frankfurter Beiträge 7), Frankfurt am Main 1994.
- Karin Berkemann: Nachkriegskirchen in Frankfurt am Main (1945-76), hg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland; Kulturdenkmäler in Hessen), Stuttgart 2013 [zugl. Dissertation, Kirchliche Hochschule Neuendettelsau, 2012].
- Almut Gehebe-Gernhardt: Architektur der 50er Jahre in Frankfurt am Main am Beispiel der Architektengemeinschaft Alois Giefer und Hermann Mäckler (Studien zu Frankfurter Geschichte 59), Frankfurt am Main 2011.
- Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main, Bild- und Informationsmaterial (www.chm.de, Abruf: Mai 2016)
- Hugo Schnell: Allerheiligen-Kirche Frankfurt (Kleine Kunstführer), München/Zürich 1962.
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