Freiburg-Rieselfeld
Maria Magdalena
Maria-von-Rudloff-Platz 1
79111 Freiburg im Breisgau
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
Sommer 9-18 Uhr Winter 10-17 Uhr Anschrift Pfarramt Kath. Kirchengemeinde und Ev. Pfarrgemeinde I Freiburg-Südwest
Maria-von-Rudloff-Platz 1
79111 Freiburg im Breisgau
Öffnungszeiten Pfarramt Kath. Pfarrgemeinde:
Tel. 0761-1374310
www.kath-freiburg-suedwest.de/pfarreien/st-maria-magdalena/
Ev. Pfarrgemeinde:
Tel. 0761-459690
www.ekifrei-suedwest.de/gemeindeprofil/wer-ist-wer-sw/1019-infos-maria-magdalena/102-unsere-maria-magdalena-kirche
Gottesdienstzeiten Kirche Die Gottesdienstzeiten der kath. Gemeinde können online abgerufen werden unter: www.kath-freiburg-suedwest.de/pfarreien/st-maria-magdalena/.
Die Gottesdienstzeiten der ev. Gemeinde können online abgerufen werden unter: www.ekifrei-suedwest.de/termine-suedwest.
Kirchen im Südwesten
Mauern verschieben – (noch) nicht einreißen
Mehrmals im Monat werden ganze Wände verschoben. Auf Knopfdruck. Ohne Schweißperlen. Denn Ökumene ist heute einfacher als früher, und lebendiger. Was früher langer Vorbereitungen und „diplomatischer“ Verhandlungen bedurfte, dass nämlich Gemeinden mal ökumenisch gemeinsam Gottesdienst feiern, ist inzwischen vielerorts Normalität geworden. Doch dafür auch eine angemessene Form zu finden und zu bauen, diese Gelegenheit gab es bisher noch nicht so häufig. In Freiburg hat sich dieser Wunsch erfüllt. Motoren bewegen ganze Wände, und aus zwei Kirchen wird ein großer Feierraum. Ein wichtiger Schritt der Ökumenischen Bewegung. Nach außen sieht das monolithisch gestaltete Gemeindezentrum Maria Magdalena in Freiburg teilweise trutzig aus. Der brutale Beton gefällt nicht jedem. Doch die hoch aufragenden Mauern beheimaten nicht allein zwei Gemeinden, sondern eine ökumenische Gemeinschaft.
- ÜberblickOrt
Freiburg-Rieselfeld
Bistum
Erzbistum Freiburg
Name der Kirche
Maria Magdalena
Weihe
2004 (25. Juli)
Architekten
Susanne Gross, ksg Architekten (Kister Scheithauer Gross)
Künstler
Dieter WeissenbergerBesonderheit
Der monolithische, weithin sichtbare Bau eint zwei Konfessionen unter einem Dach. Ökumene manifestiert sich in der Architektur durch verschiebbare Wände sowie gemeinsame liturgische wie pastorale Nutzungsbereiche.
Nutzung
Ökumenische Begegnungsstätte sowie Gemeindekirche der ev. Pfarrgemeinde Freiburg Südwest I ev. Landeskirche Baden und der kath. Kirchengemeinde Maria Magdalena I Erzbistum Freiburg.
Standort / Städtebau
Westlich der Innenstadt Freiburg im Siedlungsgebiet Rieselfeld auf dem zentrale gelegenen Maria-von-Rudloff-Platz errichtet. Dieser ist durch Bibliothek, Wochenmarkt und öffentliche Veranstaltungen regelmäßig belebt. - BeschreibungGrundriss
Der nordsüdlich ausgerichtete Komplex aus Gottesdienstbereichen und allgemein zugänglichen Räumen fügt sich in seiner Großform in ein Rechteck, dessen Längsseiten mehrfach parallel geknickt sind. Der geraden, strengen Eingangsfront, die durch einen schiefwinkelig eingeschobenen Hof aufgebrochen wird, antwortet eine entsprechende geradlinige Rückfront mit Zugang zu Gemeinde- und Verwaltungsräumen. Die Linienführung der Außenwände wird im Inneren ringsum aufgenommen. Der so entstehende zentrale Freiraum unterteilt die linke und rechte Seite des Baus in seitenschiffartige Bereiche für die beiden Gottesdiensträume. Er beherbergt vor allem aber das brunnenartig angelegte Taufbecken als gemeinsamen Fixpunkt. Im geöffneten Zustand der variablen Innenwände entsteht ein großer Andachtsraum, dessen liturgisches Zentrum um den Ort der Taufe angeordnet wird.
AußenbauIm aufgehenden Bauwerk, das den nordwestlichen Teil des Maria-von Rudloff-Platzes einnimmt, können die einzelnen Bereiche des Komplexes klar differenziert werden. Die Gebäudeflanken sind für sich geformt, ein aufragendes Dach ist nicht zu sehen. Es verbirgt sich hinter hoch gezogenen Außenmauern. Die fensterlose Eingangsseite erscheint fast abweisend, würde nicht – leicht asymmetrisch versetzt – der große Portalbereich den Weg in einen Vorhof und weiter ins Innere ermöglichen. Der rückwärtige Teil des Bauwerks mit seinen regelmäßigen Fensterreihen nimmt kleinere Räume (Büroräume, Gruppenarbeitsräume) in mehreren Etagen auf. Die seitlichen Wände, mehrfach gebrochen und auch aus der Senkrechten leicht gekippt, weisen auf der einen Seite ein besonders großes Fenster, auf der anderen schmale, mal waagerecht, mal senkrecht geführte Fensterbänder, eher Fensterschlitze auf. Das hier eindringende Licht wird gefiltert, gelenkt, sortiert. Hier sind die beiden Gottesdienstbereiche zu verorten.
InnenraumDrei große Räume, die zu einem zusammengeschaltet werden können, prägen das Erscheinungsbild. Hinter schräg verlaufenden, variablen Innenwände liegen zwei in der Grundfom ähnliche, jedoch unterschiedlich große und in der Breite organisierte Räume. Zur Rechten befindet der Raum für die kleinere evangelische Gemeinde (ca. 100 Sitzplätze), zur Linken der Raum für die katholische Gemeinde mit ca. 250 Plätzen. Die Beleuchtung beider Räume erfolgt weitgehend indirekt – auf der evangelischen Seite ist das große Fenster durch eine eingesetzte Holzkonstruktion kaschiert. Der zentrale Raum führt vom Eingangsbereich längs durch das Gebäude fast bis zur Rückseite. Die Dachgestaltung, ein nach unten offenes Dachwerk mit mächtigen Dachbalken, zieht sich vereinheitlichend durch den gesamten Bereich. Schmale Lichtbänder lassen senkrecht Licht einfallen. Die Dachbalken erinnern an das Dachwerk frühchristlicher Kirchen und verstärken den Eindruck, dass die drei Baukörper zusammengehören wie die drei Schiffe einer Basilika.
- Liturgie und Raum
Der Grundgedanke von Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten durchzieht auch die liturgische Anordnung der beiden Kirchenräume, die als Teile eines Ganzen ausgewiesen werden. Zwar ist die Größe der Räume unterschiedlich und der katholische Kirchenraum benötigt aufgrund seiner Liturgie weitere Anräume. Die liturgische Schnittstelle beider Kirchen aber ist der gemeinsame Foyerbereich samt Taufbecken. Das flexibel aufzustellende Gestühl beider Räume ist – bei geschlossenem Zustand der Innenwände – im Halbkreis strahlenartig um die Altartische angeordnet. Diese sind längsseitig an den Außenwänden, je unterhalb der zentralen Lichtöffnungen (Fenster bzw. Lichtschlitz) positioniert. Die ca. 8 Meter hohen und bis zu 30 Tonnen schweren Betonscheiben der Innenwände können elektrisch verschoben werden. Bei außerordentlichen Anlässen und den großen Festen im Jahreslauf (Ostern, Weihnachten) ist das der Fall: aus den zwei Kirchen wird dann ein einziger großer Raum, der alle drei Teilbereiche umfasst, das beste Zeichen der gelebten Ökumene. Der Linienverlauf der Innenwände bleibt auch bei vollständiger Öffnung in der Deckenstruktur ablesbar.
- Ausstattung
Altar und Ambo bzw. Lesepult aus Eichenholz – entworfen von der Architektin Susanne Gross – sind in beiden Gottesdiensträumen praktisch identisch gestaltet. Die massiven, hölzernen Altarplatten ruhen auf 40 schräg verlaufenden Streben, die biblische Bilder entfachen: 40 Jahre wanderte das Volk Israel durch die Wüste; 40 Tage und Nächte verbrachte Mose auf dem Berg Sinai; 40 Tage fastete Jesus in der Wüste. Ferner korrespondieren die Streben mit der Schrägstellung der Kirchenwände. Das Taufbecken im zentralen Freibereich zwischen den Gottesdiensträumen ist um zwei Stufen abgesenkt und von einer Balustrade umgeben – sein Deckel ist eine Schenkung. Als Sakrament, das beide Konfessionen gegenseitig anerkennen, ist die Taufe das Symbol der einen Kirche. Die weitere Ausstattung ist sparsam eingesetzt. Wenige Bildwerke ergänzen das Ensemble programmatisch. Das Kreuz an der Fassade (2005) gestaltete ebenfalls Susanne Gross; Symbol für das Haus Gottes (das ohne Glockenturm auskommt). Aus geflammtem Edelstahl hergestellt, zeigt es nach außen die Spuren des Feuers und des Todes. An seiner Innenseite verweist leuchtendes Gold auf die Botschaft Gottes. In den Fußboden des Eingangsbereichs ist ein begehbares Labyrinth eingelegt; Symbol für die Suche des Menschen auf dem Weg zu Gott. Tabernakel und Apostelleuchter im katholischen Kirchenraum sind auch nach Entwürfen der Architektin gefertigt. Öffentlichkeitswirksam und Niedrigschwelligkeit betonend ist ferner im nordwestlichen Eck ein gemeinsam betriebener Kirchenladen, u.a. mit Fairtrade-Produkten, untergebracht.
- Von der Idee zum Bau
Die Planungen des neu angelegten Stadtteils Rieselfeld für ca. 10.000 Einwohner datieren in die 1990er-Jahre. Die Universitätsstadt Freiburg gehörte bereits in jener Zeit zu den ökologisch führenden Städten Deutschlands, so dass Umweltaspekte von Anfang an wichtig waren. Der Gedanke, dass die beiden großen Konfessionen ein ökumenisches Zentrum einrichten könnten, kam erst nachträglich hinzu. Die Stadt unterstützte das ökumenische Projekt, indem sie ein zentrales Grundstück zur Verfügung stellte. Ende 1999 gewann das Büro Kister Scheithauer Gross (ksg) den Realisierungswettbewerb. Ein Team aus beiden Gemeinden hatte die Vorgaben formuliert, die nun umgesetzt werden sollten: je Kirchenraum, Gemeindezentrum, Pfarrräume, Feierräume; Räume für Sondergruppen wie Senioren und Jugendliche sollten berücksichtigt werden.
Der Entwurf von Susanne Gross mit dem Titel Zwei Kirchen – Eine Kirche entsprach diesen Vorstellungen am besten, zum Beispiel mit der Idee, nicht nur zwischen Kirchenräumen eine Tür zu öffnen (die berühmte Ökumene-Tür), sondern die ganze Wand beiseite zu schieben. Ökologische Gesichtspunkte zeigen sich einerseits in der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, andererseits in der Auswahl der Materialien Holz und Beton. Bereits 2002 konnte mit dem Bau begonnen und 2004 die Weihe vollzogen werden. - Die Architektin
Susanne Gross (geb. 1960 in Marburg) hat seit 2004 eine Professur für Entwerfen und Gebäudekunde an der Bergischen Universität Wuppertal inne. Sie begann ihre berufliche Ausbildung mit dem Studium der Philosophie in Bonn, setzte sie mit dem Studium der Architektur in Aachen und als Meisterschülerin an der Kunstakademie Düsseldorf (Fach Baukunst) fort. Im Jahr 1997 wurde sie Gesellschafterin des Architekturbüros Kister Scheithauer Gross in Leipzig bzw. Köln. Der Auftrag für das Freiburger Gemeindezentrum markierte für das Büro den Anfang einer Reihe von Projekten im Bereich Sakralbau. Konstanten in der Form sind schwer auszumachen. Konfessionell nicht festgelegt, spielen ökumenische Projekte eine größere Rolle. Die jeweils realisierten Bauten sind individuell durch ihre besondere Geschichte geprägt. Ein zentrales Moment stellt allerdings die Sorge um die Memorialorte dar, ein konstitutives Element des Sakralbaus aller Zeiten. In St. Ursula in Köln (2008) schuf das Architekturbüro eine Gedenkstätte für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts in Form eines durchlichteten Andachtsraums. Die Synagoge am Weinhof in Ulm (2012) besitzt als spektakulären Höhepunkt ein Jerusalemfenster – gebildetet aus hunderten von Davidsternen.
- Literatur (Auswahl)
- Marta Binaghi: Ökumenische Kirchenzentren, Regensburg 2015
- Walter Zahner: Maria Magdalena. Katolische und evangelische Kirche in Freiburg-Rieselfeld, Lindenberg 2006
- Susanne Gross: Zwei Kirchen, Eine Kirche, in: das münster, 57.2004, 245-248
- Kerstin Wittmann-Englert: Ökumenisches Kirchenzentrum Maria Magdalena in Freiburg – Kister, Scheithauer, Gross und der
Kirchenbau im 21. Jahrhundert, in: Thomas Erne (Hg.): Kirchenbau, Göttingen 2012, 284-302
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