Halle an der Saale

Zur Heiligsten Dreieinigkeit

Anschrift Kirche
Lauchstädter Str. 14b
06110 Halle/Saale
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche 0345 136630
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    Anschrift Pfarramt Pfarrei St. Franziskus Halle (Saale)
    Lauchstädter Straße 14b
    06110 Halle/Saale
    0345 136630
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    Kirchen im Osten

Drei mal Drei mal Drei

Der rechte Winkel – Zeichen für Rationalität und Sachlichkeit – man sucht ihn vergeblich im baulichen Konzept. Statt 90 Grad messen die Winkel zumeist 120 Grad. Der Grundriss ist ein gleichseitiges Dreieck, eigentlich aber ein Sechseck, denn die Ecken sind gebrochen. Der Aufriss ist ein stimmiger Dreiklang, eigentlich aber ein Aufbau aus Gemeinde-, Licht- und Glockengeschoss. Der Schnitt ist eine architektonische Dreiheit, eigentlich aber eine Gesamtheit, denn die Geschosse sind ineinander gestellt. Das Geheimnis des dreieinigen Gottes, das menschliche Vorstellung übersteigt – es ist in der Dreidimensionalität des Raumes nur symbolhaft anzudeuten. Die Kirche Zur Heiligsten Dreieinigkeit ist dafür ein herausragendes Beispiel.

  • Überblick
    Ort
    Halle an der Saale

    Bistum
    Bistum Magdeburg

    Name der Kirche
    Zur Heiligsten Dreieinigkeit

    Weihe
    1930 (24. August)

    Architekt
    Wilhelm Ulrich

    Künstler
    Rudolf Brückner-Fuhlrott
    Besonderheit
    Konsequent drei- bzw. sechseckiger Zentralbau in betont sachlicher Formgebung mit Richtungsachse im Inneren und dreiteiligem Aufbau als Verbildlichung des Patroziniums

    Nutzung
    Klosterkirche der Franziskaner und katholische Pfarrkirche für den Süden der Stadt Halle an der Saale

    Standort / Städtebau
    Die Kirche steht im Süden von Halle unweit des Lutherplatzes und kommt an einer Straßenecke zur Wirkung.

  • Beschreibung

    Grundriss und Außenbau

    Grundriss | DLI

    Halle/Saale | Zur heiligsten Dreieinigkeit | Grundriss

    Der gleichseitig dreieckige (bzw. sechseckige) Grundriss ist in der Mitte zweier Außenseiten ergänzt durch Windfänge (kleine Sechsecke). In der dritten Außenseite liegt die Altarzone (großes Sechseck). Diese Bauteile treten nach außen vor. Sie bereichern das schlichte, aber raumgreifende äußere Erscheinungsbild aus verputzten Wandflächen und pfannengedeckten Steildächern.

    Aufriss | DLI

    Halle/Saale | Zur heiligsten Dreieinigkeit | Aufriss: Dr. Heinrich Otten, Werl

    Es fällt auf, dass das Lichtgeschoss um 120 Grad gegenüber dem Gemeindegeschoss gedreht ist, das Glockengeschoss aber wieder in Ausgangsstellung erscheint. Es trägt bestimmend das Kreuz Christi. Unterschiedlich sind auch die Fenster: im Gemeinderaum vertikale Bahnen, im Lichtgeschoss ein horizontales Band, im Glockengeschoss eine quadratische Fläche.

    Innenraum

    Zur Heiligsten Dreieinigkeit | DLI

    Halle/Saale | Zur Heiligsten Dreieinigkeit | Foto: © Schütze-Rodemann, Bildarchiv Monheim GmbH

    Der stützenlose Innenraum gehört zu den ungewöhnlichsten Raumschöpfungen der 1920er Jahre. Ähnlich dem Außenbild treten auch innen Windfänge und Altarzone in den Raum. Sie sind über den Raum hinweg im Dreieck (bzw. im Sechseck) in einer Höhe von neun Metern durch mächtige Unterzüge verbunden. Mittig geht der Blick weiter nach oben und trifft die Unterseite des dreiseitigen Lichtgeschoss-Umgangs (13,5 m) und – weiter oben – die Unterseite der Glockenstube (17,5 m). Der Umgang mit seiner flächigen Betonbrüstung verdeckt dabei das Lichtband des Lichtgeschosses. Seine in den drei Ecken ausgerundete Gestalt bereitete eine verlorene Deckenmalerei aus drei sich schneidenden Kreisen vor, die einst unter der Bodenplatte des Glockengeschosses angebracht war, eine gegenstandslose Verbildlichung des Patroziniums.

    Der Zentralbau ist in Halle raumästhetisch wie funktional bereichert durch eine Richtungsachse. Ausgehend vom Hauptportal mit einem gerundeten flachen Vordach – ein Sonderelement im gesamten Bau – unterläuft die Achse eine Empore, berührt den früheren Ort der Taufe, durchläuft den Mittelgang und erreicht die leicht erhöhte Altarzone, die im Sechseck von sechs schlanken Stützen umstellt ist. Ziel ist der Altar, auf dem einst der Tabernakel mit dem geborgenen Leib Christi aufgestellt war.

  • Liturgie und Raum
    Zur Heiligsten Dreieinigkeit | DLI

    Halle/Saale | Zur Heiligsten Dreieinigkeit | Foto: © Schütze-Rodemann, Bildarchiv Monheim GmbH

    Der offene Sechsstützen-Raum mit Umgang ist höchst ungewöhnlich. Er erklärt sich aus Reformvorstellungen der 1920er Jahre, den Altar als Zentrum und Bezugspunkt des Kirchenraums stärker hervortreten zu lassen. Die aufwendigen Retabel des Historismus sollten entfallen zugunsten eines schlichten, blockartigen Altars, der aber architektonisch angemessen zu inszenieren war. Dazu dient in Halle die Sechsstützen-Krone. Die 2010 rekonstruierte Farbigkeit – goldfarbene Stützen, ein tiefroter Hintergrund – sowie die verdeckte Belichtung durch ein Fenster hinter dem Altar inszenieren einen heiligen Bezirk als Zielpunkt des Raums. Anzumerken bleibt, dass der Altar erst nach dem Konzil in die Mitte der Sechsstützen-Krone rückte, ursprünglich aber etwas zurückversetzt auf einem Podium stand.

    Der kompakte Raum erlaubt noch die Umsetzung einer zweiten Reformvorstellung: Es war ein Anliegen, die versammelte Gemeinde stärker um den Tisch des Herrn zu scharen. Dies gelingt in Halle durch die fast dreiseitige Ordnung des Gestühls um den Altar. Zwei Apsiden, die heute abgemauert sind, nahmen links und rechts noch Nebenaltäre auf. Die Taufstelle lag ursprünglich in der Achse gegenüber am Eingang.

  • Ausstattung

    Die bauzeitliche Ausstattung ist nur in Fragmenten überliefert, darunter der Tabernakel (heute Sakristei). Die farbig emaillierte Vorderseite zeigt drei sich schneidende Kreissegmente aus parallelen Linien. Deren unterschiedliche Farbigkeit erlaubt eine inhaltliche Deutung: Oben die himmlischen Blauwerte Gottvaters, unten das erdhafte Rotbraun des Mensch gewordenen Gottessohnes, mittig das lichte Goldgelb des Geistes. Die Idee der sich schneidenden Kreise lag auch der früheren Deckenmalerei zugrunde. Ein blockartiger Altar von 1930 ist in einer zugemauerten Seitenapsis erhalten.

    Rudolf Brückner-Fuhlrott aus Weißenfels stattete um 1960 den Raum schrittweise neu aus. Dazu zählen das beherrschende Kruzifix hinter dem Altar in einer Höhe von 3,50 Metern, überlebensgroße Figuren der Hl. Maria und des Hl. Josefs, gemalte Kreuzwegtafeln und die Ornamentverglasung von 1961/62. Orgelbauer Gerhard Kühn aus Merseburg erweiterte 1965 die von Gebr. Rieger aus Jägerndorf erbaute Orgel (1932) auf drei Manuale. Nach dem Konzil kamen der Blockaltar sowie Ambo und Tabernakel in schlichten Formen in den Raum. Den schmucklosen Taufstein verlegte man mit der Renovierung 2010 vor die Altarzone.

  • Von der Idee zum Bau

    Halle/Saale | Zur Heiligsten Dreieinigkeit | Foto: © Rainer Fisch, Berlin

    Auf einem großzügigen Grundstück im Süden der Stadt Halle entstand 1923/24 ein Franziskanerkloster nach Planung von Architekt Clemens Lohmer. Die Niederlassung sollte unterstützend in der Seelsorge wirken. Es entstand für den Konvent ein längliches zweigeschossiges Wohngebäude mit Walmdach. Als zweiter Abschnitt erfolgte 1929/30 der Anbau der Pfarr- und Klosterkirche nach veränderter Planung des Architekten Wilhelm Ulrich aus Halle.

    Die Veränderung der ursprünglich neubarocken Planung war vorrangig bestimmt durch das Anliegen, einen stärker liturgisch bestimmten Raum zu schaffen, der die Sammlung der Gemeinde und die Fokussierung auf den Altar baulich umsetzt. Dahinter stand neben Pater Erasmus Baumeister vor allem Vikar Konstantin Loens, der in liturgischen Fragen sehr interessiert war und in enger fachlicher Beziehung zu Architekt Ulrich stand.

  • Der Architekt Wilhelm Ulrich

    Wilhelm Ulrich (1890-1971) entstammte einem begüterten Elternhaus aus Pfungstadt in Hessen und studierte bis 1913 Architektur in Darmstadt, München, Dresden. 1910 konvertierte er zum Katholizismus. Nach Kriegsverwundung arbeitete er 1918-21 im Büro Kees Bremer in Den Haag, anschließend im Büro seines Onkels Gustav Wolff in Halle, das er folgend mit Aufträgen für Villen und Warenhäuser übernahm.

    1924/25 entstand sein Haus zu den sieben Waben, Beginn der konzentrierten Beschäftigung mit dem Sechseckbau, der vorrangig in Theorie und Planung seine Lebensaufgabe wurde. So spannt sich ein Bogen von seinem Wettbewerbsbeitrag Völkerbundpalast (1927) bis zu sechsseitigen Hochhaus-Entwürfen (1963). Seine Tätigkeit für jüdische Bauherren und sein intellektuell-katholisches Engagement hinderten jede Anbiederung an die NS-Diktatur. Im Krieg war er dienstverpflichtet. 1951 verließ er die sozialistische DDR-Diktatur. In seiner Geburtsstadt gelang ihm nur noch ein mäßiger Neuanfang.

  • Literatur (Auswahl)
    • Festschrift zur Einweihung der neuen Dreieinigkeitskirche der Franziskaner zu Halle a. d. S., Halle a. S. 1930.
    • Hans Georg Finken: Die Franziskaner in Halle an der Saale, Halle (Saale) 1980.
    • Hans Georg Finken: Seht Gottes Zelt. 75 Jahre Franziskanerkirche zur Heiligsten Dreieinigkeit in Halle (Saale) 1930-2005, o.O., o.J. (2005).
    • Sabine Klug: Das Ende des rechten Winkels. Wilhelm Ulrich und die hexagonalen Baukonzepte in der Architektur des 20. Jahrhunderts (Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 175), Hildesheim / Zürich / New York 2008.
    • Heinrich Otten: Die Dächer der Heiligsten Dreieinigkeit in Halle an der Saale, in: Spuren. Eine Suche nach dem kunsthistorischen Lustgewinn. Herausgegeben von Martin Bredenbeck, Constanze Moneke und Martin Neubacher, Bonn 2012, S. 38-43.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Heinrich Otten, Werl (Beitrag online seit 07/2015)

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