Künzell

St. Antonius von Padua

Anschrift Kirche
Keuloser Straße 24
36093 Künzell
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Katholische Pfarrgemeinde
    Keuloser Straße 24
    36093 Künzell
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    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online abgerufen werden unter: www.st-antonius-kuenzell.de
    Kirchen in Deutschlands Mitte

Edle Moderne

Das monumentale Rund der Antoniuskirche hebt sich beeindruckend vom Grün des Kirchenvorplatzes ab. Die fensterlosen Außenwände strahlen eine außergewöhnliche Zeitlosigkeit in der Kirchenarchitektur der Moderne aus. Erscheint bereits die originale Granit-Ummantelung des Betonbaus für die späten 1960er Jahre bemerkenswert, so ist ihm heute unbedingt eine ganz besonders schlichte Eleganz in Materialwahl wie Raumgestaltung zuzusprechen.

  • Überblick
    Ort
    Künzell

    Bistum
    Bistum Fulda

    Name der Kirche
    St. Antonius von Padua

    Weihe
    1969 (26. Oktober)

    Architekt
    Erich Weber

    Künstler
    Agnes Mann, Ingrid Moll-Horstmann, Heinrich Söller
    Besonderheit
    Materialien und Oberflächen des Innen- und Außenraums, geometrische Grundformen und die künstlerische Ausstattung sind in perfekter Harmonie aufeinander abgestimmt.

    Nutzung
    Eine von vier Pfarrkirchen im Pastoralverbund Florenberg-Ziehers Süd Fulda/ Künzell.

    Standort / Städtebau
    St. Antonius erhebt sich etwas zurückgesetzt auf einem Dreiecksgrundstück zwischen Keuloser Straße und Antoniusstraße in der Fuldaer Stadtrandsiedlung Künzell, inmitten lockerer Wohnbebauung und in unmittelbarer Nähe zum örtlichen Friedhof.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Künzell | St. Antonius | Grundriss

    Künzell | St. Antonius | Grundriss

    Der mit seiner Altarseite parallel zum Straßenverlauf ausgerichtete, genordete Kirchenbau nutzt die schwungvolle Dynamik der geometrischen Figuren Kreis und Parabel zur Erschließung des Areals. Ein kreisrunder Kirchenraum wird von einer nach Norden hin weit geöffneten Parabel umschlossen. Diese erstreckt sich von der Sakristei in ihrem Scheitelpunkt über die seitlichen Zugänge zum Kirchenschiff bis weit hinein in den Vorplatz. Den Sakristeiräumen gegenüber befindet sich am anderen Ende des Raums die Altarinsel. Das Gestühl ist rings um den Altar in vier asymmetrischen Blöcken aufgestellt. Neben dem Mittelgang entstanden so zwei diagonal angeordnete Seitengänge, die mit der Lage der seitlichen Portale korrespondieren.

     

    Außenbau

    Künzell | St. Antonius | Außenbau | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Künzell | St. Antonius | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Breite Freitreppen führen von der parallel zum Kirchengrundstück verlaufenden Straße hinauf zu zwei gepflasterten Wegen. Dem Verlauf niedriger Umfassungsmauern folgend führen diese zu zwei seitlichen Eingängen. Dazwischen erhebt sich deutlich von der Straße zurückgesetzt das mit dunklen Natursteinplatten verkleidete, fensterlose Halbrund des Kirchenschiffs. Unter dem eingewachsenen Baumbestand ragt ein schlichtes Holzkreuz empor . Am vorderen, östlichen Ende des Grundstücks erhebt sich an der Straße ein hell verputzter Campanile für das Geläut, während sich westlich hinter dem Kirchenbau, tief im Grundstücksinneren das alte Pfarrhaus befindet.

     

    Innenraum

    Künzell | St. Antonius | Innenraum | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Künzell | St. Antonius | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Beim Betreten der Kirche vollzieht der Besucher eine bereits im Verlauf der Zugänge angelegte 180°-Wendung, um sich dem Altarort zuzuwenden. Das Kircheninnere öffnet sich in einem großzügigen Rund. Die flache, Richtung Altar leicht ansteigende Decke ist im vorderen Teil in parallel zum Altar verlaufenden Linien strukturiert. Der hintere, etwas niedrigere Deckenbereich ist flach verputzt. Quer zur Raumrichtung durchschneidet eine Stufe in halbrunder Biegung das Deckenniveau. Durch ihre Verglasung fällt Tageslicht in das Kirchenschiff Richtung Altarort. Die mehrstufig erhöhte, querrechteckige Altarinsel ist von der äußeren Raumschale ein wenig abgerückt, wird jedoch von einer freistehenden, natursteinverkleideten Betonwand hinterfangen. Die Wände des Kirchenraums sind mit Platten aus Travertin in einem grafisch anmutenden Relief bis unter die Decke verkleidet. Besonders ins Auge fällt die Harmonie der verschiedenen Materialien, Plattenformate und angenehmen Licht- und Farbgestaltung.

  • Liturgie und Raum
    Künzell | St. Antonius | Altarinsel | Foto: M. Klauser

    Künzell | St. Antonius | Altarinsel | Foto: M. Klauser

    Im Kirchenbau der 1950er und 1960er Jahre entstanden vielfältige Räume aus sich durchschneidenden geometrischen Figuren. Bereits in den späten 1920er Jahren bezeichnete der evangelische Kirchenbaumeister Otto Bartning die Parabel als Symbol des „Liturgen mit ausgebreiteten Armen“ (1928). Erich Weber jedoch kehrte das Verhältnis von Kreis und Parabel in der Antoniuskirche um und nutzte die sich durchdringenden Grundrisslinien zur konsequenten Einbeziehung weiterer Raumbereiche, etwa der Sakristei oder des Vorplatzes. Die Vorgaben des 2. Vatikanischen Konzils (1962-1965) ebenso aufgreifend wie die allgemeinen Tendenzen zur Vereinheitlichung des kirchlichen Raums, findet eine Verdichtung der liturgischen Orte auf der Altarinsel statt. Hier sind neben Altarblock, Ambo und Vorstehersitz auch Taufstein und Tabernakel im künstlerischen Entwurf von Heinrich Söller fest installiert. Es fällt auf, dass keine weiteren architektonischen Interventionen den Blick hemmen. Alles ist auf die Einheit von Gemeinde- und Altarraum ausgerichtet sowie auf eine Steigerung und Blicklenkung Richtung Altar. In diesem Sinn fängt das rückwärtig die Altarinsel hinterfangende Wandelement den Blick auf und lässt ihn hier verweilen. Auch die Zugänge und Lichtsituation sind auf den liturgischen Höhepunkt des Raums ausgerichtet. Als spannungsvoller Kontrapunkt ist der Orgelprospekt in die Wand zwischen Kirchenschiff und Sakristei integriert.

  • Ausstattung
    Künzell | St. Antonius | Vortragekreuz von Heinrich Söller | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Künzell | St. Antonius | Vortragekreuz von Heinrich Söller | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Ein Teil der Ausstattung wurde vom Vorgängerbau übernommen, darunter der 1952 entstandene Kreuzweg von Agnes Mann (1907-1994). Die 14 in expressionistischer Weise gemalten Stationen interpretieren in engem Bezug zur Biografie der Künstlerin den Leidensweg Christi als den Leidensweg der Menschheit.

    Die Gestaltung der Altarinsel oblag dem Schweinfurter Bildhauer Heinrich Söller (1903-1997) in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten. Von Söller stammen auch das bronzene Vortragekreuz sowie der in die Stellwand hinter dem Altar eingelassene, das Relief einer Abendmahlsdarstellung tragende Tabernakel. Darunter befindet sich die in einen Steinquader eingelassene Taufschale fest am Rande der Altarinsel verankert, während Ambo und Vorstehersitz auf der Westseite zu finden sind.

    Künzell | St. Antonius | Taufstein | Foto:M. Klauser

    Künzell | St. Antonius | Taufstein | Foto:M. Klauser

    Das gläserne Altarbild mit dem Titel „Du, Gott, hast alles nach Maß und Zahl geschaffen“ wurde 2008 von Helga Moll-Horstmann gestaltet. Moll-Horstmann schuf 2018 weitere Bilder für die verglasten Windfänge der Kircheneingänge sowie auf 14 Glasstelen eine erweiterte Neufassung des Kreuzwegs von Agnes Mann. Mehrere nach historischen Vorbildern geschnitzte und gefasste Heiligenfiguren aus der ersten Antoniuskirche schmücken die Kirchenwände seitlich der Altarzone auf eigens vom Architekten geschaffenen Sockeln. Sowohl Taufbrunnen als auch eine großformatige Antoniusfigur der Vorgängerkirche sind heute auf dem Vorplatz der Kirche aufgestellt. Der Außenbau ist mit Halbgranit-Platten aus dem Tessin verkleidet, während den Innenraum Travertin aus dem Jura schmückt.

  • Von der Idee zum Bau
    Künzell | St. Antonius | Grundstein von Heinrich Söller | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Künzell | St. Antonius | Grundstein von Heinrich Söller | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    1900 bis 1902 wurde auf dem Grundstück an der Keuloser Straße ein einschiffiger Bau in neugotischen Formen errichtet. Nachdem im wachsenden Ort bereits längere Zeit die Errichtung einer zweiten Kirche diskutiert wurde, entschied man sich nach Feststellung größerer Baumängel an der alten Kirche für deren Abriss und einen großzügigen Neubau auf dem bisherigen Grundstück. 1967 wurde ein Wettbewerb unter sechs Architekten ausgeschrieben, den Erich Weber mit seinem Entwurf für sich entscheiden konnte. Am 21. Juli 1968 begannen die Bauarbeiten, doch die offizielle Grundsteinlegung fand erst am 20. April 1969 statt. Der von Heinrich Söller angefertigte Grundstein trägt das Datum des Baubeginns 1968. Nach weiteren 5 Monaten Bauzeit wurde die Kirche am 26. Oktober des Jahres geweiht. Die alte Kirche blieb bis zur Fertigstellung der Bauarbeiten stehen. Sie wurde im September 1969 niedergelegt. Teile ihrer Ausstattung wurden in die neue Antoniuskirche integriert – sowohl innen als auch außen. Der Architekt zeigte hierbei ein sensibles Gespür für die Aufnahme historischer Bildwerke in eine moderne Architektur. Der alte Taufbrunnen wurde bei einer Neugestaltung des Kirchenvorplatzes 1996 im Außenbereich aufgestellt.

  • Der Architekt Erich Weber
    Künzell | St. Antonius | Bild | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Künzell | St. Antonius | Bild | Foto: Gemeinde St. Antonius, Künzell

    Erich Weber (* 1927) errichtete zwischen 1962 und 1970 mindestens 9 Kirchen in den Bistümern Fulda und Hildesheim, von denen allein 5 Stück 2014 in der Sonder-Briefmarkenserie Kirchen im Bistum Fulda vertreten waren. Dennoch sind kaum Details über die Vita des Architekten zu finden. Seine Sakralbauten, die er anfangs in Kooperation mit dem Architekten Herbert Roer plante (1962: St. Laurentius, Giesel; 1963: St. Josef, Bad Sachsa), zeichnen sich meist durch zentralisierende Grundrisse wie Polygonale, Zelt- oder Pyramidenform und die komplexe Integration weiterer Gemeindebauten aus. St. Antonius in Künzell sticht aus diesen Werken mit seiner ausgewogen ellipsoiden Grundrissgestalt heraus. Die künstlerisch reife Raumgestaltung entstand zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Heinrich Söller, der auch für Webers Kirche Mariä Himmelfahrt in Melsungen (1968/69) Teile der Ausstattung entwarf. Weber blieb dem Bau und der Gemeinde viele Jahre verbunden und wurde bei Änderungswünschen immer wieder zu Rate gezogen. Er entwarf Jahre nach der Fertigstellung des Baus z.B. die zylindrischen Deckenlampen, deren bronzene Einfassung auffällig mit dem Relief der Wandverkleidung harmoniert.

  • Literatur (Auswahl)
    • Johanna Anders: Neue Kirchen in der Diaspora. Eine Studie zu den Kirchenneubauten nach 1945 im nordhessischen Teil des Bistums Fulda, Kassel 2014.
    • Dieter Wagner: 40 Jahre St. Antonius , Vortragsmanuskript 2009 (Abruf: 20200624).
    • Ludwig Pralle (Hg.): Neue Kirchen im Bistum Fulda. 25 Jahre kirchlichen Bauens und Kunstschaffens, Fulda 1970.
    • Hugo Schnell: Zwei Malerinnen abseits der Großstadt: Agnes Mann und Ursula Koschinsky, in: das münster 16.1963, 329-342.
    • Paul Ultsch: Heinrich Söller, in: Städtische Sammlungen Schweinfurt, Der Bildhauer Heinrich Söller, Schweinfurt 1983.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Manuela Klauser, München (Beitrag online seit 06/2020)

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