Lutherstadt Eisleben
Kloster Helfta, Gertrudkapelle
Lindenstraße 36
06295 Lutherstadt Eisleben
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche SOMMER: 6.00 - 20.00 Uhr
WINTER: 6.00 - 17.15 Uhr Anschrift Pfarramt Sekretariat
Kloster St. Marien
06295 Lutherstadt Eisleben
03475 711461
E-Mail
Zur Webseite
Öffnungszeiten Pfarramt MO - FR: 8.00 - 17.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Gertrudkapelle
Anbetungsstunde (erster Freitag im Monat): 20.00 - 21.00 Uhr
für Gästegruppen auf Anfrage
Klosterkirche (neben Gertrudkapelle):
Werktags: 5.30, 6.00, 7.30, 11.45, 17.30, 19.45 Uhr
Sonn-/feiertags: 6.30, 7.00, 8.30, 11.45, 17.30, 19.45 Uhr
Kirchen im Osten
Brasilianische Moderne
Wenn man etwas nicht in Südamerika erwartet, dann ist es die Begegnung mit einer Heiligen aus Sachsen-Anhalt. Doch Gertrud von Helfta ist dort allgegenwärtig: Spanische und portugiesische Missionare machten die Schriften der mittelalterlichen Mystikerin von Mexiko bis Chile derart populär, dass man dort unzählige Kirchen, Kapellen und Gemeinden nach ihr benannte. Folglich betrachtete es der brasilianische Ausnahmekünstler Cláudio Pastro als Berufung, der in seiner Heimat so beliebten „Santa Gertrudes, a Grande“ im Kloster Helfta eine Kapelle zu gestalten. Verwirklicht wurde ein Bau, der historische und moderne (Bau-)Kunst verbindet, der von klösterlichen Idealen geprägt ist: von „simplizidade, limpeza, cantralidade“ – „Einfachheit, Reinheit, Zentralität“.
- ÜberblickOrt
Lutherstadt Eisleben
Bistum
Bistum Magdeburg
Name der Kirche
Kloster Helfta, Gertrudkapelle
Weihe
2008 (28. Juni)
Architekt
Michael Maas
Künstler
Cláudio Pastro, Sr. Marie Paul OSBBesonderheit
Der Kapelle St. Getrud glückt an einem kirchen- und frömmigkeitsgeschichtlich bedeutenden Ort eine stimmungsvolle Verbindung aus hochmittelalterlicher Bausubstanz und moderner Architektur.
Nutzung
Kapelle innerhalb der Klosteranlage Helfta
Standort / Städtebau
Die Kapelle St. Getrud liegt im Südosten des Klosterkomplexes des Zisterzienserinnenpriorats Helfta – in unmittelbarer Nähe der Klosterkirche St. Marien. - Beschreibung
Grundriss
Die Kapelle St. Gertrud stellt keinen Einzelbau dar, sondern ist eingebettet in den langgestreckten Südflügel der Klosteranlage, die auch die Klosterkirche St. Marien umfasst. Der einfache Grundriss des in Nord-Süd-Richtung orientierten Saalbaus besitzt eine rautenähnliche Form. Die kleine Kapelle wird im Westen flankiert vom Torhaus, das den Teichgarten mit dem Klosterhof verbindet, und im Osten von einem (noch) ruinösen zweigeschossigen Bruchsteinbau („alter Schafstall“).
Außenbau
Von außen beeindruckt die kubisch wirkende Gertrudkapelle durch eine Verbindung aus alten und neuen Architekturelementen. Während der Bau im Westen und Osten von Torhaus bzw. „altem Schafstall“ begrenzt und im Süden von einer im Kern mittelalterlichen Bruchsteinmauer abgeschlossen wird, erhebt sich im Norden die moderne Eingangsfront. Die flache, außen gänzlich verputzte Betonfläche wird von einem monumentalen, rechteckigen Eingangsportal aus Holz durchbrochen, über dem sich ein reliefartig in die Wand eingelassenes Kreuz erhebt.
Innenraum
Der Kapellenraum von St. Gertrud wird maßgeblich von unverputztem, massivem Bruchsteinmauerwerk geprägt, das noch im Kern aus dem 13. Jahrhundert stammt und zum damaligen Konversenbau des Klosters gehörte. Außer einem an die Westwand angelehnten Strebepfeiler, der den Rundbogen des außen anschließenden Torhauses stützt, trübt nichts den Blick nach vorne zum gerade abschließenden Altarbereich. Zwischen dem Mauerwerk und der flachen Sichtbetondecke verläuft ein Lichtband, das im Nordwesten und Nordosten in raumhohe Fensterflächen übergeht. Des Weiteren wird der Raum belichtet durch zwei übereinander gestellte Rundbogenfenster westlich des Altarbereichs.
- Liturgie und Raum
Die liturgischen Handlungsorte, die vom brasilianischen Künstler Cláudio Pastro gestaltet wurden, greifen klare geometrische Formen auf und fügen sich auf diese Weise in die schnörkellose und klare Architektur ein. Der Altar besteht aus einem Sandsteinkubus mit einer Seitenlänge von 1,05 Metern, die Tabernakelstele aus einem Zylinder mit schrägem Abschluss und kreisförmiger Metallversiegelung. Ambo und Sedilien sind aus Holz gearbeitet und können der jeweiligen Feiersituation entsprechend im Altarraum angeordnet werden. Über dem Altarraum schwebt ein bronzenes Kreuz. Als Metallschnitt sind die Konturen des Gekreuzigten herausgearbeitet.
- Ausstattung
Neben den liturgischen Handlungsorten und dem monumentalen Metallkreuz im Altarraum hat Cláudio Pastro die beiden Rundbogenfenster in der Westwand gestaltet. Während das obere Fenster sich allgemein auf die biblische Lichtsymbolik bezieht (z. B. Gen 1,3: „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.“), zeigt das untere Fenster konkret Jesus und die Heilige Gertrud von Helfta. Das Herz-Motiv im Zentrum des Fensters steht für die Liebe Gertruds zu Christus, aber gleichzeitig für die von ihr stark geförderte Herz-Jesu-Verehrung. Diese Frömmigkeitsform wird außerdem durch ein Zitat des Heilgen Arnold Janssen, Gründer der Steyler Missionare, im Nordwestfenster ins Wort gebracht: „Et vivat cor Iesu in cordibus hominum“ – „Und es lebe das Herz Jesu in den Herzen der Menschen“. Zwei Ikonen mit Holzrahmen stellen weitere Meditationspunkte im Raum dar. Sie zeigen Jesus und den Apostel Johannes (2002) sowie die Heilige Familie (2005). Beide stammen von Sr. Marie Paul OSB (Jerusalem) und wurden von ihr unter Gebet eigens für Helfta „geschrieben“, wie Ikonenmaler diesen Vorgang nennen.
- Von der Idee zum Bau
Die Geschichte des Klosters Helfta ist von Zerstörung und Wiederaufbau geprägt. Bereits 1258 entstand am heutigen Platz ein Kloster, das als Wirkungsort der drei berühmten Mystikerinnen Mechthild von Hackeborn (1241-1299), Mechthild von Magdeburg (1207/10-1282/94) und Gertrud von Helfta (1256-1302) zur „Krone der deutschen Frauenklöster“ aufstieg. Politische Wirren zwangen die Nonnen, ihren Konvent bereits 1342 nach Eisleben zu verlegen („Neu-Helfta“), was den Niedergang der Klosteranlage in Helfta („Alt-Helfta“) bedeutete. Eine Wiederbesiedlung von „Alt-Helfta“ 1529 war aufgrund der Reformation nur wenig erfolgreich: 1546 löste man das Frauenkloster endgültig auf und verkaufte die Gebäude, die seitdem als Gutshof genutzt wurden. Ein Verfall der Baulichkeiten erfolgte in der Zeit der DDR, als das Gelände zu einem landwirtschaftlichen Großbetrieb („Volkseigenes Gut“, VEG) umgewandelt wurde.
Erst die politische Wende eröffnete neue Perspektiven für das heruntergekommene Areal: Getragen von bürgerschaftlichem und kirchlichem Engagement erfolgte in den 1990er eine schrittweise Revitalisierung der Klosterruine, als deren Höhepunkte 1999 die Wiederbesiedlung durch Zisterzienserinnen aus Kloster Seligenthal (Landshut) und die Weihe der Klosterkirche St. Marien gelten kann. Die Weihe der Getrudkapelle, die vor allem für Anbetungsstunden und Gottesdienste von Gästegruppen genutzt wird, erfolgte am 28. Juni 2008 durch Raimund Sternal, den Generalvikar der Diözese Magdeburg. Die künstlerische Gesamtgestaltung lag beim brasilianischen Künstler Cláudio Pastro. Für die bauliche Grundkonzeption zeichnete der Münsteraner Architekt Michael Maas verantwortlich.
- Der Künstler Cláudio Pastro und der Architekt Michael Maas
Der am 15. Oktober 1948 in São Paulo geborene Cláudio Pastro studierte zunächst Sozialwissenschaften, dann ab 1975 Kunsttheorie und Bildende Kunst in Frankreich, Spanien, Italien, Mexiko und Brasilien. Geistliche Grundlagen seiner Arbeiten waren u. a. die Spiritualität des benediktinischen Mönchtums, die Schriften der Liturgischen Bewegung und die Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils. Zu seinen vorwiegend sakralen Werken, die er für über 300 geistliche Orte weltweit – und auch im Kloster Helfta in Sachsen-Anhalt – verwirklichen konnte, gehören neben Gemälden und Skulpturen auch Glasmalereien, Wandkeramiken und liturgisches Gerät. Einen Namen („Michelangelo Brasiliens“) machte sich Pastro durch die Ausmalung der modernen Basilika „Nossa Senhora da Conceição Aparecida“, dem bedeutendsten Marienwallfahrtsort Brasiliens. Der Künstler starb am 19. Oktober 2016 in seiner Geburts- und Heimatstadt São Paulo.
Michael Maas wurde 1961 in Kleve geboren, das Architekturstudium führte ihn nach Hagen und Münster in Westfalen. 1989 gründete er in Münster das Büro „Prof. Beckmann, Maas und Partner Architekten“, das er seit 1996 als „Maas & Partner“ mit seiner Frau führt. Zu seinen Projekten zählen Umbaumaßnahmen im Ruhrpark Bochum und im Weserpark Bremen sowie im kirchlichen Bereich der Wiederauf-/Umbau der historischen Klosteranlage Helfta und aktuell in Münster die sog. Clemensbögen, an ein historisches Kloster anschließende Wohnbauten. 2013 wurde Maas zum Vorsitzenden des Bundes Deutscher Baumeister (BDB) in Nordrhein-Westfalen gewählt. Zudem engagiert er sich u. a. als Wettbewerbsberater der Architektenkammer NRW und im Gestaltungsbeirat der Stadt Münster.
- Literatur (Auswahl)
- Josef Hochenauer: Gertrud-Kapelle in Kloster St. Marien zu Helfta. Kapelle der Anbetung, Lindenberg 2008.
- Josef Hochenauer: Kloster Helfta – Ein Abenteuer Gottes. Die Geschichte des Wiederaufbaus 1990-2000, Lindenberg 2001.
- Josef Hochenauer: Kloster Helfta. Raum schaffen für das Licht, Bamberg 1999.
- Mathias Köhler: Kloster Helfta. Zisterzienserinnenpriorat St. Marien (Schnell Kunstführer 2219), Regensburg 2013.
- Reiner Stracke: Münsteraner Architekt neuer Vorsitzender des BDB.NRW, auf: baumeister-online.de, 23. November 2013 (nrw.baumeister-online.de/aktuell/news/, Abrufdatum: 4. November 2018).
- Internetpräsenz des Architekturbüros Maas & Partner: maasundpartner.com.
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