Meckenbeuren-Kehlen

St. Verena

Anschrift Kirche
Verenaweg 6
88074 Meckenbeuren-Kehlen
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Bitte beim Pfarramt erfragen!
    Anschrift Pfarramt Katholisches Pfarrbüro St. Verena und St. Jakobus
    Verenaweg 6
    88074 Meckenbeuren
    07542 4431
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt MO, MI, DO, FR: 9:00 - 11:30 Uhr
    DI: 15:00 - 17:00 Uhr
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: st-verena-kehlen.drs.de/gottesdienste.html.
    Kirchen im Südwesten

Leichtes Grau

In Kehlen zeigten die Architekten Kammerer + Belz den schweren Baustoff Beton von seiner leichten Seite. Die neuromanische Vorgängerkirche hatte wegen des nicht sehr tragfähigen Untergrunds mit der Zeit Schaden genommen. An ihre Stelle trat ein massiv wirkender Bau, der sein Material nach innen und außen sichtbar beließ. Hierfür setzte man einige Beton-Gründungspfeiler in den unsicheren Tonboden und wählte für den Baukörper das Material Leichtbeton. So wurde für die Gemeinde alles auf einmal möglich: ein bergender Gottesdienstraum in moderner Formensprache am gewohnten zentralen Standort

  • Überblick
    Ort
    Meckenbeuren-Kehlen

    Bistum
    Bistum Rottenburg-Stuttgart

    Name der Kirche
    St. Verena

    Weihe
    1968 (19. Oktober)

    Architekten
    Walter Belz, Hans Kammerer

    Künstler
    Wilfried Blecher, Hilde Broër, Franz Bucher, Emil Kiess
    Besonderheit
    Mit dem Material Leichtbeton schufen Kammerer + Belz auf schwierigem Baugrund – ingenieurstechnisch wie künstlerisch gekonnt – 1968 eine expressive brutalistische Kirche.

    Nutzung
    St. Verena Kehlen gehört mit St. Maria Meckenbeuren und St. Jakobus Brochenzell zur Seelsorgeeinheit Meckenbeuren.

    Standort / Städtebau
    Am Ende des Verenawegs, der von der Straße "Mittelesch" nach Nordosten abzweigt, erhebt sich das Ensemble aus brutalistischer Betonkirche, klassizistischem Pfarrhaus sowie Gemeindehaus mit Schwesternheim und Kindergarten aus dem Jahr 1957.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Grundriss

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Grundriss

    Der Grundriss von St. Verena beruht auf einem Rechteck, das einem Quadrat sehr nahe kommt. Dem ist nach Nordosten der eingezogene Altarraum als querrechteckige Fläche angegliedert. Nach Südwesten folgt die Taufkapelle auf quadratischem Grundriss, im Nordwesten schließen sich der Turm ebenfalls auf quadratischer Grundfläche und die Sakristeiräume je als querrechtige Formen an.

     

    Außenbau

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Martin Schall

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Martin Schall

    Der heute hell gefasste Baukörper von St. Verena verbindet Betonfertigteile und vor Ort gegossenen Betonelemente. Die mit Eternitschiefer gedeckten Sheddächer über dem Altarraum, der Taufkapelle, dem Glockenturm und den Seitenräumen fallen nach außen hin ab. Im Süden erreichen die Dachhauben ihren höchsten Punkt mit dem aufgeständerten Turm, den eine freistehende Wendeltreppe erschließt.

     

    Innenraum

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Martin Schall

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Martin Schall

    Der hohe geschlossene Innenraum wird hauptsächlich indirekt über die Sheddächer belichtet. Nur nach Süden öffnet sich die Kirche durch Glasflächen zur Umgebung. Nach innen zeigen sich die Wände bis heute betonsichtig, selbst der Fußboden trägt glatt geschalte Betonplatten. Die Betonbalkendecke zeigt in ihren Feldern eine hölzerne Verkleidung, drei hölzerne Bankblöcke sind nach Nordosten, zum Altarraum hin ausgerichtet.

  • Liturgie und Raum
    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Taufort | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Taufort | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Weniger der annähernd quadratische Grundriss, als vielmehr die feststehenden liturgischen Orte machen aus St. Verena einen klar gerichteten Raum. Der Altarbereich im Nordosten wird mit seinen Ausstattungsstücken (Altar, Ambo, Sedilien, Tabernakelstele) durch mehrere Stufen und vor allem das Material (weißer Kristallmarmor) herausgehoben. Dem gegenüber ist der Taufort im Südwesten stärker in die Gemeinschaft eingebunden: Er ist um zwei Stufen eingetieft und die metallene Schale ruht auf einem Betonsockel. Zwischen diesen beiden Polen vermittelt im Nordwesten die Beton-Orgelempore mit den darunterliegenden Beichträumen.

  • Ausstattung
    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Schwalbennest-Schwellwerk | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Schwalbennest-Schwellwerk | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Gemeinsam schufen der Bildhauer Franz Bucher und der Maler Emil Kiess die teils farbig gefasste, betonplastische Gestaltung der Altarwand wie der Seitenwände zu biblischen Themen wie „Arche Noah“, „Brennender Dornbusch“ und „Himmlisches Jerusalem“. Hierfür wurden größtenteils separat gegossene Betonelemente in dafür vorgesehene Aussparungen in den Wänden eingefügt. Wilhelm Blecher gestaltete einen Verena-Holzschnittzyklus, aus dem Elemente in die Glasgestaltung im Eingangsbereich übertragen wurden. Das Betonrelief der Geburt Christi am Eingang zur Taufkapelle stammt von Hilde Broër, ebenso wie eine Darstellung des Hl. Antonius am Aufgang zur Empore. Die moderne Baukunst ergänzte man um historische Ausstattungsstücke aus Gotik und Barock: ein Kruzifix, vier Evangelistenfiguren, eine Maria mit Kind und die Skulpturengruppe „Taufe Jesu“. Die barocke Orgel, deren Prospekt aus der Pfarrkirche St. Maria in Altdorf stammt, wurde 1968 von der Werkstatt Reiser aufgearbeitet und um ein Schwalbennest-Schwellwerk ergänzt.

  • Von der Idee zum Bau
    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Pfarrhaus | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Pfarrhaus | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    An der Stelle der heutigen modernen Kirche St. Verena stand bis 1967 ein neuromanischer Kirchenbau aus dem Jahr 1866. Nach dem Zweiten Weltkrieg sah man sich wegen Bauschäden gezwungen, über eine neue Kirche nachzudenken. Zunächst wurde diskutiert, auf ein neues Grundstück auszuweichen. Doch die zentrale Lage des bisherigen Standorts, das dortige klassizistische Pfarrhaus sowie das 1957 errichtete Gemeindehaus mit Schwesternheim und Kindergarten gaben schließlich den Ausschlag. Als die alte Kirche St. Verena im Frühjahr 1967 abgerissen wurde, legte man noch im selben Jahr den Grundstein für den Neubau. Die Weihe wurde am 19. Oktober 1968 begangen. Auch die weltliche Gemeinde Kehlen wuchs in diesen Jahren, erhielt z. B. 1966/67 ein Rat-/Dorfgemeinschaftshaus.

  • Die Architekten Hans Kammerer und Walter Belz
    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Meckenbeuren-Kehlen | St. Verena | Foto: Andreas Praefcke, CC BY SA 3.0

    Hans Kammerer wurde am 25. Februar 1922 in Frankfurt am Main geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Stuttgart und wirkte dort in der Lehre von den 1950er bis in die 1980er Jahre, ab 1965 als Professor. Ab 1952 arbeitete er als freier Architekt, ab 1955 mit Rolf Gutbier, bevor er sich 1964 mit Walter Belz zum Büro Kammerer + Belz zusammentat (ab 1972 Kammerer + Belz und Partner, ab 1982 Kammerer + Belz, Kucher und Partner). Hans Kammerer verstarb in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 2000 im Alter von 77 Jahren. Der Architekt Walter Belz wurde geboren am 31. Januar 1927 in Stuttgart. Wie sein späterer Büropartner Kammerer studierte er in Stuttgart, übernahm jedoch 1972 eine Professur in Darmstadt. Er verstarb am 6. März 2009 im Alter von 82 Jahren.

    Das Büro Kammerer und Belz (und Kucher) reüssierte vor allem durch öffentliche Bauprojekte zwischen einer Moderne im Internationalen Stil und Anklängen an die Postmoderne. In Stuttgart sind zu nennen: das Geno-Hochhaus (1972), die Erweiterung der Volksbank (1972) oder die Calwer Passage (1978). In den Folgejahren kamen z. B. die Karlspassage (1989) oder das Technische Zentrum der Dresdener Bank (1993) hinzu. Die betonplastische Kirche St. Verena in Kehlen, die noch am Anfang der Zusammenarbeit von Kammerer und Belz stand, wurde entworfen unter Mitarbeit von Hans-Ulrich Schroeter. In der Fachliteratur der 1960er und 1970er Jahre würdigte man St. Verena für den baukünstlerisch wie ingenieurtechnisch gekonnten Einsatz von Leichtbeton.

  • Literatur (Auswahl)
    • Walter Belz (1927-2009). Architekt, Stadtplaner, Lehrer, auf: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)/Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) (Abruf: 20180203, www.saai.kit.edu/304.php).
    • Patrick Filipaj: Architektonisches Potenzial von Sichtbeton, Zürich 2010, 2. überarbeitete Auflage, 32.
    • Katholische Kirche St. Verena in Meckenbeuren-Kehlen: Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg – Ausstellung ZWÖLF Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne in Baden-Württemberg. (Abruf: 20191129)
    • Kammerer + Belz (Werkbericht), Stuttgart 1985, 46, 242.
    • Hans Kammerer (1922-2000). Architekt, Stadtplaner, Lehrer, auf: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)/Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai) (Abruf: 20180203, www.saai.kit.edu/458.php).
    • G. Linder: Kirche in Kehlen bei Friedrichshafen/Bodensee, in: Detail 1969, 1031-1042.
    • Große Offenheit. Zum Tod des Stuttgarter Architekten Hans Kammerer, auf: Baunetz 18. Februar 2000 (Abruf: 20180129, www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Zum_Tod_des_Stuttgarter_Architekten_Hans_Kammerer_6549.html).
    • Die katholische Pfarrkirche St. Verena in Kehlen (BR Deutschland), in: Gaetano Bologna (Hg.): Leichtbeton im Hoch- und Ingenieurbau, hg. von der AITEC, Assoc. Italiana Tecnico Economica del Cemento, Düsseldorf 1974, 144-147.
    • Michael Ruhland: Wie eine Siedlung im Dorf. Die katholische Kirche St. Verena in Meckenbeuren-Kehlen, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 33.2004, 123-124.
    • Martin Schall: Fotoporträt der Kirche St. Verena in Kehlen, auf: you-are-here.com (Abruf: 20180202, you-are-here.com/kirche/verena.html).
    • Jörg Widmaier: St. Verena in Meckenbeuren-Kehlen. Kirchenbau als Siedlungsbild im Dorf, in: Gotteszelt und Großskulptur. Kirchenbau der Nachkriegsmoderne in Baden-Württemberg (Ausstellungskatalog Zwölf). Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Arbeitsheft 38, Ostfildern 2019, 204-209.
    • Internetpräsenz des Büros KBK (Belz, Lutz) Architekten Stuttgart: kbk-architekten.de/buero/buerogeschichte/.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Karin Berkemann, Frankfurt am Main/Greifswald (Beitrag online seit 02/2018)

Kirchen in der Nähe

Baienfurt | Mariä Himmelfahrt