Meerbusch-Büderich
Christuskirche
Karl-Arnold-Straße 12-18
40667 Meerbusch-Büderich
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Bitte beim Pfarramt erfragen! Anschrift Pfarramt Ev. Kirchengemeinde Büderich
Dietrich-Bonhoeffer-Straße 9
40667 Meerbusch-Büderich
02132 991911
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Öffnungszeiten Pfarramt DI, MI, FR: 10.00 – 12.00 Uhr
DO: 14.30 – 17.30 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten und Veranstaltungshinweise finden Sie online unter: www.evangelisch-in-buederich.de/events/kategorie/gottesdienst/.
Kirchen im Westen
„St. Schildkröt“
„Wird’s ein Bunker? – Nein, den legt man heutzutage unterirdisch an. Wird’s ein Atomreaktor? – Nein, es stand nichts von Protesten in der Zeitung. … Also wird’s doch ’ne Kirche!“ So kommentierten Zeitgenossen den Bau der Christuskirche, die noch heute wegen ihrer prägnanten Kuppelform gerne als „Eierkirche“, „Schlumpfkirche“ oder „St. Schildkröt“ betitelt wird. Letzteres wird besonders anschaulich, wenn man den Glockenturm betrachtet, der sich als langer Hals aus dem „Kuppelpanzer“ zu schieben scheint. Tatsächlich ist die Christuskirche eine von wenigen Kuppelkirchen der Nachkriegszeit, die sich unmittelbar zeltartig aus dem Boden erhebt.
- ÜberblickOrt
Meerbusch-Büderich
Landeskirche
Evangelische Kirche im Rheinland
Name der Kirche
Christuskirche
Einweihung
1964 (6. Dezember)
Architekten
Reimar Kirchhoff, Wolf Kirchhoff
Künstler
Paul IsenrathBesonderheit
Die Kuppelschale aus Beton wurde in Gleitbauweise errichtet.
Nutzung
Predigtstätte der Evangelischen Kirchengemeinde Büderich
Standort / Städtebau
Die Kirche liegt im Ortsteil Büderich in der Einflugschneise des Düsseldorfer Flughafens in einem ansonsten ruhigen Wohngebiet. - Beschreibung
Grundriss
Der Grundriss entsteht aus dem Teilstück einer Hyperbel, das sich im Süden durch die leicht konvexe Eingangsseite zum Dreieck schließt. Diese Achsensymmetrie wird durch den konischen Glockenturm gestört: Wie ein Geschoss dringt er von Westen in den Kirchenraum ein und schiebt die Wand mit sich. Der Hyperbelarm, der auf der anderen Seite flach ausläuft, trifft hier in einer stärkeren Krümmung auf den Turm und gibt so die Nordwand des Glockenturms frei. Auch die fischgrätenförmige Anordnung der Bänke wird damit aus der Achsensymmetrie verschoben. Dem Kirchenraum vorgelagert ist eine trapezförmige Eingangshalle, die über eine im Osten anschließende Galerie mit dem L-förmig angelegten Gemeindezentrum verbunden ist. Zur Planung gehörte ebenfalls das Pfarrhaus im Nordosten.
Außenbau
Der zeltartige Kuppelbau reicht an drei Schmalseiten bis zum Boden herab, während dazwischen die flach gewölbte, hohe, durchfensterte Eingangswand sowie die beiden niedrigeren Fensterwände vertikal einschneiden. Man betritt die Kirche über eine Vorhalle, deren linke Seitenwand ein Relief aus Betonklötzen zeigt. Dieses Mauerrelief sucht durch die Verglasung hinweg die unmittelbare Verbindung zum Außenbereich. Über der Eingangshalle erhebt sich die flache, von einem breiten Betonband eingefasste, hyperbolische Fensterwand, die mit vor- und zurückspringenden Betonlamellen verschattet ist. In der Frontalansicht lassen die Lamellen die Fensterscheiben durchscheinen. Die beiden seitlichen Fensterwände sind identisch gestaltet. An der Westseite schließt der 27 Meter hohe, sich nach oben verjüngende Glockenturm an. Die 13 Meter hohe Betonkuppel wurde im sog. Gleitschalverfahren gegossen: Die Verschalung wurde nicht stückweise angesetzt, sondern „im Fluss“ kontinuierlich hydraulisch weitergeschoben. So sollte das Material bereits im Prozess fortlaufend abbinden, damit die unteren die oberen Betonschichten stützen. Diese Arbeitsweise erforderte über zwei Tage und Nächte einen ununterbrochenen Schichtbetrieb. 1999 wurde eine Kupferdeckung aufgesetzt, da Teile des Sichtbetondachs abgerutscht waren.
Innenraum
Man betritt die Kirche unter der niedrigen Decke der Orgelempore. Diese zieht sich als leicht einschwingender Riegel von der Süd- bis zur Nordwestwand der Kirche. Dahinter öffnet sich ein zeltartiger Kuppelraum, dessen drei schmale, von den Fensterwänden angeschnittene Mauersegmente bis zum Boden reichen. An der Kuppeldecke befinden sich versetzt angeordnete Klangschalen, die aus rechteckigen, mit Lochblech verkleideten Pressholzplatten gebogen sind. Von Licht hinterstrahlt, dienen sie gleichermaßen der goldenen Beleuchtung der Kuppel wie der guten Akustik. Das Tageslicht dringt gefiltert durch die niedrigen Fensterwände ein. Deren milchige Verglasung ist aus unterschiedlich großen Rechtecken zusammensetzt, die mit schwarzen Metallrahmen gefasst und mit teils weißem teils flaschengrün bzw. blau und grau gefärbtem geriffelten Glas gefüllt sind. Der graue Schieferboden greift die Farbe der Betonkuppel wieder auf.
- Liturgie und Raum
Im Brennpunkt des hyperbolischen Grundrisses steht der Altar auf einem zweigestuften Podest, an dessen rechten Rand die Kanzel geschoben ist. Links ist das Taufbecken, über einen Ausschnitt der zweiten Stufe, auf der ersten Stufe abgesenkt. Der Altar bildet nicht die Mitte des Zentralbaus, sondern wird von der Rundung der Hyperbel wie von einem Chorraum umschlossen. Auch die Bänke gruppieren sich nicht um den Altar, sondern sind in zwei leicht schräg gestellten Blöcken davor aufgebaut und geben einen Mittelgang als zentrale Achse frei. Damit verbinden sich Forderungen des Rummelsberger Programms von 1951 (gerichteter Raum) mit dem wiedererwachenden Wunsch nach einer Gemeinschaftsorientierung (zentralisierender Raum).
- Ausstattung
Eine zweiflügelige Tür von Paul Isenrath bildet den Eingang. Das abstrakte expressionistische Kupferrelief soll das Chaos in der Welt versinnbildlichen, das man mit dem Eintritt in den Kirchenraum hinter sich lässt. Der Altar wird gerahmt vom Taufbecken (links) und der Kanzel (rechts), alle drei wurden aus Waschbeton gefertigt. Dieses Material entsprach der ursprünglichen Gestaltung des Kirchenvorplatzes, die u. a. einen Brunnen sowie Sitzbänke umfasste. Das Kruzifix hinter dem Altar stammt von einem unbekannten Künstler und wurde von einem der neuen Gemeindemitglieder aus Ostpreußen gestiftet. Die Kerzenleuchter aus Keramik stammen noch aus der Bauzeit. Die Bänke – Betongerüste mit Holzauflagen – sind ebenfalls noch original erhalten. Fischgrätenförmig angeordnet, lassen sie einen Mittelgang zum Altar frei. Die 1965 gebaute Orgel wurde von der Hamburger Firma Beckerath 2014 rechtzeitig zum 50-jährigen Kirchenjubiläum restauriert. Die drei Glocken im Turm entstanden 1964 in der Glocken- und Kunstgießerei Rincker in Sinn/Dillkreis.
- Von der Idee zum Bau
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Zahl der Protestanten im Rheinland – teils durch die Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen, Pommern und Schlesien, teils durch den allgemeinen Bevölkerungsanstieg in den frühen 1960er Jahren. Diese Entwicklung machte den Weg frei für zahlreiche Kirchenneubauten. Auch in Büderich war die Kapelle an der Düsseldorfer Straße zu klein geworden. Zudem bewog die Situation an der stark befahrenen B9 die Gemeinde, kleine Zentren in den neuen ruhigeren Wohngebieten Büderichs zu gründen. Ein Bauausschuss des Presbyteriums konnte 1960 entsprechende Grundstücke an der Niederdonker Straße erwerben. Bereits 1951 war, angeregt durch Mitglieder des Presbyteriums, der Evangelische Kirchbauverein Büderich gegründet worden, der Teile der Ausstattung und der künstlerischen Gestaltung beim Kirchenneubau finanzieren konnte. 1960 wurde ein Wettbewerb für das neue evangelische Gemeindezentrum ausgeschrieben. Die Jury verlieh den ersten Preis an die Architekten Wolf und Reimar Kirchhoff. Die Bauarbeiten auf dem 5.000 Quadratmeter großen Grundstück begannen am 1. Juli 1963. Am 1. Juni 1964 wurde zunächst das Pfarrhaus vollendet. Die Einweihung der Kirche erfolge am 2. Adventssonntag 1964.
- Die Architekten Wolf und Reimar Kirchhoff
Die Brüder Wolf und Reimar Kirchhoff wurden 1925 bzw. 1926 in Mannheim geboren und zogen 1936 nach Berlin. Wolf Kirchhoff studierte von 1946 bis 1949 Architektur an der HBK Berlin bei Klaus Hildebrand Müller-Rehm. Reimar Kirchhoff, der bis 1949 in russischer Gefangenschaft war, absolvierte von 1950 bis 1955 sein Architekturstudium an der RWTH Aachen bei Rudolf Steinbach. Nach dem Studium gingen die Brüder zunächst getrennte Wege und arbeiteten u. a. in Düsseldorf, Lissabon und Zürich, bis sie schließlich 1957 ein gemeinsames Architekturbüro in Düsseldorf eröffneten. Ihr Schwerpunkt lag auf der Planung und Bauleitung von Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie von Bürohäusern. In den frühen 1970er Jahren gestalteten sie zudem in Zusammenarbeit mit dem Architekten Gerhard Thiede die Krankenhäuser in Donaueschingen und Soest sowie das Dialysezentrum in Villingen-Schwennigen.
Obwohl Wolf und Reimar Kirchhoff viele Aufträge für die Evangelische Kirche im Rheinland ausführten, darunter zahlreiche Bauten und Umbauten von Gemeindezentren, blieb die Christuskirche in Büderich ihr einziger Kirchenbau. In Düsseldorf entstand das damalige „Haus der Kirche“ (Bastionstraße 6), das eine ähnliche Reliefstruktur in der Fassade aufweist wie die Christuskirche. Unter den zahlreichen Projekten wären in den Jahren 1973 bis 1985 weiter zu nennen die Japanische internationale Schule in Düsseldorf-Oberkassel und das Rheinische Rechenzentrum für Kirche und Diakonie in Düsseldorf. Von 1980 bis 1995 entstanden verschiedene Siedlungsprojekte, darunter der sog. Maurenbrecher Hof in Düsseldorf-Niederkassel und die Siedlung Spich in Kaiserswerth. Wolf Kirchhoff verstarb 1992, Reimar Kirchhoff lebt in Berlin.
- Literatur (Auswahl)
- Festschrift zur Einweihung der Christuskirche in Büderich, Selbstverlag des evangelischen Kirchbauvereins Büderich, Meerbusch-Büderich 1965.
- Paul Isenrath, in: De Gruyter Allgemeines Künstlerlexikon, Band 76 (2013), 426f.
- Meerbusch. 50 Jahre Christuskirche, auf: rp-online, 3. Dezember 2014 [www.rp-online.de/nrw/staedte/meerbusch/50-jahre-christuskirche-aid-1.4710737, Abrufdatum: 5. Mai 2017].
- Falk Neefken: Christuskirche, auf: Kirchen Kunst Kultur in Meerbusch, 2010/2016 [www.kirchen-kunst-kultur.de/2013-05-31-12-46-40/christuskirche.html, Abrufdatum: 10. Jnauar 2022]
- Norbert Schöndeling: Stadt Meerbusch (Rheinische Kunststätten Heft 389), Köln 1993.
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