Meiningen
Unsere Liebe Frau
Mauergasse 22
98617 Meiningen
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche
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MO - SO: 10.00 Uhr - 18.00 Uhr Anschrift Pfarramt Katholische Gemeinde "St. Marien"
Mauergasse 22a
98617 Meiningen
03693 465960
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Öffnungszeiten Pfarramt MO, MI, DO, FR: 9.00 Uhr - 12.00 Uhr
MI: 08.00 Uhr - 16.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten unter:
http://www.kim-net.de
Kirchen in Deutschlands Mitte
Wände aus Licht
Leuchtend wie die Fenster mittelalterlicher Kathedralen erscheinen die vielfarbig gestalteten Betonglaswände der katholischen Meininger Marienkirche. Aber nicht nur das Spiel des Lichts im Inneren dieses Gotteshauses ist faszinierend. Beeindruckend ist auch die Baugeschichte. Unter den schwierigen Bedingungen des kirchlichen Bauens in der DDR der späten 1960er Jahre – Materialknappheit, Bauverzögerungen u. ä. – schuf ein regionaler Baumeister ein gelungenes Beispiel individueller Kirchenarchitektur, das den Anforderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils gerecht wird.
- ÜberblickOrt
Meiningen
Bistum
Bistum Erfurt
Name der Kirche
Unsere Liebe Frau
Weihe
1972
Architekt
Armin Trautmann
Künstler
Christof GrügerBesonderheit
äußerlich schlichter, innen lichtdurchfluteter, zukunftsträchtiger Bau, der unter den schwierigen Baubedingungen der DDR-Zeit in der thüringischen Provinz entstehen konnte
Nutzung
Pfarrkirche der Mariengemeinde
Standort / Städtebau
am Rand der Innenstadt, am Standort des Vorgängerbaus, innerhalb der Häuserzeile, Westseite direkt am Flusslauf der Werra - Beschreibung
Grundriss
Die Marienkirche wurde als Zentralbau über einem annähernd quadratischen Grundriss errichtet. Im Westen hat man den Altarraum mit stumpfwinkliger Grundform angefügt. An dieser Seite wurde entlang dem Flusslauf der Werra außerdem ein eingeschossiger Anbau mit unregelmäßigem Grundriss ergänzt, der die Werktagskapelle und Nebenräume aufnimmt.
Außenbau
Der Außenbau erscheint schlicht. Die Kirche wurde in Stahlskelettbauweise errichtet. Sie hat keinen Turm und ist mit einem Satteldach nach oben abgeschlossen. Städtebaulich fügt sie sich gut in die umliegende Bebauung der thüringischen Kleinstadt ein. Die Straßenfassade ist maßgeblich durch eine Glaskonstruktion geprägt, die einen Großteil der gesamten Gebäudehöhe und -breite einnimmt. Das Glas (eine abstrakte Gestaltung des Urnebels als Spirale) erscheint nach außen hin in unauffälligen Brauntönen. Der Hauptzugang zur Kirche von Osten her wird durch zwei doppelflüglige kupferne Außentüren, die in die Fensterwand eingefügt sind, architektonisch betont. Die freie Südseitenwand der Kirche ist ebenfalls fast ganzflächig verglast. An der Kirchennordseite wurde das Schwesternhaus angebaut.
Innenraum
Der Innenraum ist ein stützenloser Saal, Stahlbinder überspannen die Weite von 20 Metern. Die kräftig farbigen Glaswände leuchten wie Edelsteine und tauchen den Kirchenraum in ein geheimnisvolles Licht. Gemeindebereich und Altarraum sind baulich kaum voneinander getrennt.
Über dem Zugang befindet sich die Orgelempore. Der Weg ist vom Eingang direkt auf den Altarbereich ausgerichtet. Dieser wird durch eine rosettenartige Fensterkonzeption betont: kleinteilige, unterschiedlich große, rechteckige Lochfenster mit vielen farbigen Einzelgläsern gestalten die Altarwand. Die Bänke mit etwa 300 Sitzplätzen sind fächerförmig um den Altarbereich angeordnet. - Liturgie und Raum
Der Kirchenraum ist deutlich ausgerichtet auf das Wechselspiel von Licht und farbigem Glas; es sorgt für eine insgesamt sakrale Atmosphäre, eine fast mystische Stimmung. Das gestalterische Gesamtkonzept der Fensterwände steht unter dem Thema „Schöpfung – Erlösung – Vollendung“, das die Eingangs- bzw. Straßenfassade, die freie Seitenwand und die Altarwand umfasst. Letztgenannte ist nach der biblischen Apokalypse eine bildliche Übersetzung des himmlischen Jerusalems.
Das Erlösungsfenster (freie Seitenwand) ist dreigeteilt und zeigt in abstrakter Darstellung von links nach rechts die folgenden Einzelthemen: Schöpfung in Sünde und Erlösung, Die Welt in Sünde und Tod, Aus dem geöffneten Kreis (Symbol Gottes) bricht das Licht.
Der Altar steht auf der um zwei Stufen erhöhten Altarinsel. Ursprünglich gab es Überlegungen, den Altarblock in der geometrischen Mitte des Raumes aufzustellen. Letztendlich hat man sich dann jedoch zugunsten einer erlebnismäßigen Mitte entschieden. Der Altar ist ein ungeteilter grauer Granitblock, der Tabernakel ist aus demselben Material gefertigt, um die Zusammengehörigkeit der liturgischen Orte zu verdeutlichen.
- Ausstattung
Am auffälligsten sind die vielfarbigen Fenstergestaltungen in Beton-Glas-Technik, deren Entwürfe von Christof Grüger aus Schönebeck stammen. Grüger wirkte außerdem als künstlerischer Berater für den Gesamtraum.Der Kreuzweg, eine Textilarbeit, die Grüger mittels eines speziellen Batik-Verfahrens fertigte, besteht aus einem Stück. Die Herstellung dauerte ein Jahr.
Werner Schubert aus Friedrichroda schuf den Altar, den Tabernakel und das Marienrelief im Altarraum sowie Ambo, Altarleuchter und Weihwasserbecken.
Werner Nickel aus Nienburg konzipierte die Fenster in der Altarwand, den Grundriss des Altarraumes und gestaltete die kupfernen Außentüren.
Übrigens war St. Marien in Meiningen die erste Kirche in der DDR, die mit einer elektrischen Fußbodenheizung ausgestattet wurde.
- Von der Idee zum Bau
Die ursprünglich in Meiningen vorhandene katholische Kirche war Ende des 19. Jahrhunderts durch Um- und Ausbau aus einem ehemaligen Tanzlokal entstanden. Für die Bedürfnisse der Gemeinde war sie schon lange zu klein, jedoch ließen die politischen Umstände wiederholt keinen größeren oder auch zusätzlichen Kirchenneubau zu. Pfarrer Viktor Hofmann kam schließlich Mitte der 1960er Jahre zu dem Schluss, dass eine neue Kirche für Meiningen äußerlich schlicht, aber innen lichtdurchflutet und zukunftsgebend sein sollte und damit dem neuen Geist der Liturgiereform entsprechen könnte. Aus politischen Gründen war es sehr schwierig, eine Baugenehmigung für dieses Vorhaben zu erhalten. Durch einige „Husarenstreiche“ (Zitat Hofmann) konnten jedoch anstelle des genehmigten „Umbaus“ der alten Kirche und der „Generalsanierung“ des benachbarten Schwesternhauses beide Gebäude durch vollständige Neubauten ersetzt werden.
Als Architekten konnte Hofmann den ortsansässigen Planer Armin Trautmann gewinnen, der ihm persönlich bekannt war. Die Baugenehmigung hatte den zeitgemäßen Zusatz, dass für dieses Vorhaben keine Firmen, kein Geld und kein Material der DDR-Planwirtschaft entzogen werden durften. Demzufolge musste die bauende Gemeinde einen kleinen kircheneigenen Baubetrieb organisieren, in dem viele Helfer unentgeltlich mitarbeiteten. Auch gab es kaum technische Hilfsmittel für den Kirchenbau, so wurde beispielsweise das Fundament von Hand in den sumpfigen Baugrund an der Werra eingebracht. „Der Scholze hat ein statisches Gefühl“, bemerkte Architekt Trautmann des Öfteren zu den Fähigkeiten des einzigen beim Bischöflichen Kommissariat angestellten Maurermeisters und Poliers, der mit Improvisationstalent und Engagement den Bau voran brachte. „Es war der Wille, es dem Staat zu zeigen, daß wir es trotzdem schaffen, eine neue Kirche zu bauen“, erinnerte sich Scholze.
Als Bauherr fungierte der damalige Gemeindepfarrer Hofmann, jedoch war die Verantwortung für den Kirchenbau grundsätzlich aufgeteilt: Der Würzburger Bischof, zu dessen Einzugsgebiet Meiningen damals noch gehörte, unterstützte die Pfarrei mit Geld und Vertrauen und Prälat Joseph Schönauer, zur Bauzeit Bischöflicher Kommissar und Generalvikar in Südthüringen, übernahm die Verhandlungen mit den staatlichen Behörden. Am 13. Mai 1972 nach einer vierjährigen Bauzeit, die von mehreren staatlicherseits verursachten Baustopps unterbrochen worden war, weihte der Erfurter Bischof Hugo Aufderbeck die Kirche. - Der Architekt Armin Trautmann
Armin Trautmann (1905-1983) schlug nach der Schule zunächst die berufliche Laufbahn seines Vaters ein und absolvierte eine Ausbildung zum Zimmermann. In den 1920er Jahren war er in diesem Beruf tätig und besuchte ferner bis 1930 die Baugewerkschulen in Erfurt und Berlin. Trautmann nahm verschiedene Arbeiten als Bautechniker und Bauzeichner in Meiningen und Umgebung wahr, außerdem studierte er noch bis etwa 1939 in Dessau. Als Architekt war er dann ebenfalls vorwiegend in Südthüringen tätig, plante und baute zumeist Wohn- und Geschäftshäuser.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war Trautmann in der neugegründeten DDR einer der wenigen noch privat tätigen Architekten. Er arbeitete nun vorwiegend im Industriebau; eine Kirche hatte er – vor St. Marien – noch nicht gebaut. Dieser Sakralbau entstand durch wiederholtes Experimentieren und Ausprobieren an Modellen und durch die gelungene Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen, von Architekt, Pfarrer und den verschiedenen bildenden Künstlern, die durch ihre Werke dem Kirchenraum seine einzigartige Prägung gaben.
- Literatur (Auswahl)
- Dehio Thüringen, DKV 2003, 792.
- Die katholische Pfarrkirche St. Marien in Meiningen. Eine Kurzdokumentation, o. V., o. J.
- Eckhard Pohl: „Wir wollten es dem Staat zeigen“. 30 Jahre Meininger Kirche, in: Tag des Herrn 47 (1997) Nr. 45.
- Verena Schädler: Katholischer Sakralbau in der SBZ und in der DDR, Regensburg 2013, 209-215.
- Ulrich Wieler u. a.: Architekturführer Thüringen. Vom Bauhaus bis zum Jahr 2000, Weimar 2001, 79.
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.