Monheim am Rhein

Friedenskirche

Anschrift Kirche
Schellingstraße 13
40789 Monheim-Baumberg
  • Informationen
    Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Zur Webseite
    DI - SA: 9.00 - 12.00 Uhr
    Anschrift Pfarramt Evangelische Kirchengemeinde Monheim
    Friedenauer Straße 17.II
    40789 Monheim am Rhein
    02173 2757600
    E-Mail
    Zur Webseite
    Öffnungszeiten Pfarramt MO - DI, DO - FR: 9.00 - 12.00 Uhr
    MO, DO: 14.00 - 16.00 Uhr
    (Gemeindebüro liegt NICHT neben der Friedenskirche)
    Gottesdienstzeiten Kirche Die aktuellen Gottesdienstzeiten können online eingesehen werden unter: www.ekmonheim.de/page/195/unsere-gottesdienste.
    Kirchen im Westen

Wie die Alpen an den Rhein kamen

Bei alpinen Sehnsuchtsanfällen hilft ein Ausflug ins rheinische Flachland: Für die Evangelische Kirchengemeinde Monheim formte Walter Maria Förderer bis 1974 ein hochaufragendes zerklüftetes Betongebirge. Zu diesem außergewöhnlichen Gemeindezentrum soll der Schweizer Architekt durch seine heimische Berglandschaft inspiriert worden sein. Die weitläufige Anlage verbindet ein breitgefächertes Gottesdienst- und Gemeindeleben unter einem Dach. Doch den besten Raum haben sich die Pfadfinder gesichert. Am höchsten Punkt, über sich nur noch die Glocken, genießen sie einen weiten Blick in die Rheinebene.

  • Überblick
    Ort
    Monheim am Rhein

    Landeskirche
    Evangelische Kirche im Rheinland 


    Name der Kirche
    Friedenskirche

    Einweihung
    1971 (9. Mai)

    Architekt
    Walter Maria Förderer

    Künstler
    Hans Schweizer
    Besonderheit
    Mit dem formbaren Baustoff Beton gestaltete der gelernte Bildhauer Walter Maria Förderer die Friedenskirche als begehbare Plastik: nach außen deutlich sakral ausgebildet, nach innen pragmatisch beweglich gehalten.

    Nutzung
    Gottesdienst-, Kultur-, Gemeinde- und Wohnraum

    Standort / Städtebau
    Zwischen dem historischen Ortskern und dem modernen Neubaugebiet gelegen, erhebt sich inmitten des weitläufigen Gemeindezentrums weithin sichtbar der massive Glockenturm.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Monheim | Friedenskirche | Grundriss

    Monheim | Friedenskirche | Grundriss

    Im Ortsteil Baumberg, zwischen dem historischen Ortskern und dem modernen Neubaugebiet, fächerte Förderer ein vielgliedriges Ensemble auf, das hufeisenförmig einen nach Süden offenen Kirchplatz umfängt.

     

    Außenbau

    Monheim | Friedenskirche | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Monheim | Friedenskirche | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Den höchsten Punkt der Anlage bildet das kristallin geformte Gemeindezentrum: ein aufstrebender Glockenturm, an den sich nach Süden der Kirchsaal und nach Nordwesten verschiedene Gemeinderäume anschließen. Die Jugendräume im Souterrain lassen sich nach Norden zu den Sitzstufen des sog. Amphitheaters öffnen – beliebt für Basketballturniere oder Public Viewing von Fußballübertragungen. Dem Gemeindezentrum ist im Südwesten das flachgedeckte mehrgeschossige Mitarbeiterhaus mit insgesamt sechs Wohnungen beigeordnet.

     

    Innenraum

    Monheim | Friedenskirche | Kirchenraum | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Monheim | Friedenskirche | Kirchenraum | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Am nordöstlichen Ende des Kirchplatzes wird das Gemeindezentrum an der Gelenkstelle zwischen Gottesdienst- und Gemeinderäumen erschlossen. Die nach außen und innen materialsichtigen Betonwände zeichnen bis heute die Maserung der detailreichen hölzernen Schalung nach, welche diese feinteilige begehbare Plastik erst form- und baubar machten. Im Gottesdienstraum regen Nischen und Empore, Rücksprünge und Durchblicke ebenso wie die bewegliche Ausstattung – von der losen Bestuhlung bis zu Taufbecken und Altartisch – zu immer neuen liturgischen Formen an. Einzelne, kleine, tief in die Wände einschneidende Fensteröffnungen tauchen den Raum in ein gedämpftes Licht. Durch eine massive Mauer abgeteilt, steht der angrenzende Gemeindesaal mit Bühne für größere weltliche Veranstaltungen offen.

  • Liturgie und Raum
    Monheim | Friedenskirche | Altarraum | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Monheim | Friedenskirche | Altarraum | Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Jürgen Gregori

    Nachdem Förderer für seine kunstvollen Sakralbauten bekannt geworden war, für die er bis heute geschätzt wird, veröffentlichte er Ende der 1960er Jahre seinen neuen Ansatz: eine Kirche ohne Schwelle, in der nicht nur Gottesdienst gefeiert wird. Unter der Woche sollte man sich hier trauen, die Kinder spielen zu lassen oder eine Wurst zu essen. Als die Fachwelt über Kirchenbau in „nachsakraler“ Zeit diskutierte, träumte Förderer von einem Saal, der über den Gottesdienst und konfessionelle Grenzen hinaus auch für ganz weltliche Veranstaltungen nutzbar wäre – eine Vision, die kaum zur Umsetzung kam.

    Auch die Baumberger Friedenskirche geriet nicht zum nutzungsneutralen Gebilde, sondern zum deutlich sakralen Baukunstwerk. Auf ganz andere Weise wurde seine Idee einer „wursttauglichen“ Predigtstätte mit der Friedenskirche doch noch wahr. Nicht genug, dass man im kunstvollen Kirchenraum immer wieder die Ausstattung für Liturgie und Gemeindearbeit bewegte. Auch die Monheimer Kinder entdeckten das Betongebirge für ihre Kletterübungen. Und in der leeren Turmstube, die erst 1983 Glocken erhalten sollte, wurde bei improvisierten Grillpartys gerne die eine oder andere Wurst verzehrt.

  • Ausstattung
    Monheim | Friedenskirche | Kirchendecke | Foto: Florian Monheim, Krefeld

    Monheim | Friedenskirche | Kirchendecke | Foto: Florian Monheim, Krefeld

    Das eigentliche Kunstwerk ist die betonplastische Kirche selbst. Im Gottesdienstraum durchbrach Förderer die abgehängte Decke zusätzlich durch geometrische (Pfeil-)Formen, die sich auf den Heiligen Geist hin deuten lassen. Schon zur Bauzeit blieb die Ausstattung programmatisch beweglich – von der losen Bestuhlung bis zur Projektionsfläche für moderne Medien. Aus Holz fertigte der Baumberger Künstler Hans Schweizer (1925-2005) für die Friedenskirche den Altartisch und das Taufbecken. Im gesamten Zentrum setzen (Holz-)Elemente wie orangefarbene Türen oder grüne Fensterrahmen belebende farbige Akzente.

  • Von der Idee zum Bau

    Im katholisch geprägten Monheim hatte sich die Reformation zunächst nicht dauerhaft durchsetzen können, so dass erst 1858 ein eigener evangelischer Kirchenbau eingeweiht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg explodierten die Bevölkerungszahlen der Region. Als man 1960 die Orte Hitdorf, Monheim und Baumberg zur Stadt Monheim zusammenlegte, wurden auch in Baumberg großzügig Neubaugebiete ausgewiesen. An den Planungen beteiligte sich auch der renommierte Frankfurter Architekt Ernst May (1886-1970). Die Stadt Monheim müsse – so die damalige Hoffnung – künftig rund 60.000 Menschen ein Zuhause bieten.

    Auch wenn der bundesweite Kirchbau-Boom schon abflaute, sah man sich im wachsenden Monheim zum Handeln gezwungen. Die erste moderne Predigtstätte sollte im Ortsteil Baumberg entstehen: ein funktional wie gestalterisch möglichst innovatives Zentrum. Nach einem Wettbewerb wurde Förderer mit einer vielgliedrigen Anlage beauftragt, für die man mit Gesamtkosten von rund 3,2 Millionen DM rechnete. Die Bauarbeiten wurden 1968 aufgenommen, der erste Gottesdienst 1971 gefeiert und die Anlage offiziell 1974 vollendet. Später kamen ein schützendes Kupferdach, der Namen Friedenskirche und ein Kindergarten hinzu. Im Jahr 2003 wurde schließlich die Betonmauer geöffnet, die den Kirchplatz nach Süden zur Siedlung hin abschirmte.

  • Der Architekt Walter Maria Förderer

    Nach dem Krieg ließ sich Walter Maria Förderer (* 21. März 1928 in Nohl/Schweiz, † 29. Juni 2006 in Thayngen/Schweiz) an der Baseler Kunstgewerbeschule zum Bildhauer ausbilden. Im Jahr 1954 begann er ein Volontariat beim Architekten Hermann Baur (1894-1980), der den modernen Schweizer Kirchenbau entscheidend prägte. Mit Rolf G. Otto konnte Förderer 1956 bis 1964 ein eigenes Architekturbüro führen, dem 1958 Hans Zwimpfer beitrat. Seine spätere Zusammenarbeit mit den Architekten Rolf Lüscher und Jost Meier beendete Förderer 1978, um sich wieder auf die Bildhauerei zu konzentrieren.

    In den 1960er Jahren fand Walter Maria Förderer zu plastischen materialsichtigen Betonformen, die dem Stil des Brutalismus zugerechnet werden. Neben Bildungsbauten wie die Hochschule St. Gallen (1963) wurde er bekannt durch Kirchenräume wie Heilig Kreuz (1969) in Chur, deren alpine Silhouette an die Monheimer Friedenskirche erinnert. Ob als Dozent in Karlsruhe und Stuttgart, ob als Vortragsreisender und Publizist – Förderer engagierte sich auch theoretisch im Schul- und Kirchbauwesen. Mit offenen Räumen wollte er zur lebendigen Begegnung und Auseinandersetzung einladen. Zukunftsweisend plädierte er dafür, dass die christlichen Konfessionen sich in Stadt- und Einkaufszentren, Schulen und Bahnhöfen einmieten.

  • Literatur (Auswahl)
    • Gemeindezentrum Baumberg, hg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Monheim/Rhld., o. O. [Monheim am Rhein], o. J. [um 1968].
    • Martin Görbing u. a. (Hg.): Planen. Bauen. Nutzen. Erfahrungen mit Gemeindezentren (Bild und Raum 3), Gießen 1981.
    • Zara Reckermann: „Gebilde von hoher Zwecklosigkeit“. Walter Maria Förderers Gratwanderung zwischen Architektur und Skulptur am Beispiel von St-Nicolas in Hérémence, Weimar 2009.
    • Religiana.com: Friedenskirche, Monheim-Baumberg
    • Günter Rombold (Hg.): Kirchen für die Zukunft bauen. Beiträge zum neuen Kirchenverständnis (Theologie konkret), Wien u. a. 1969.
    • Horst Schwebel: Kirche als expressive, begehbare Großplastik, in: kunst und kirche 39, 1976, S. 12-13.
    • Kerstin Wittmann-Englert: Zelt, Schiff, Wohnung. Kirchenbauten der Nachkriegsmoderne (Forschungen zur Nachkriegsmoderne), Lindenberg i. A. 2006 [zugl. Habil., TU Berlin, 2004].

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Karin Berkemann, Frankfurt am Main/Greifswald (Beitrag online seit 01/2016)

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