Mülheim an der Ruhr
Mariae Geburt
Althofstraße 5
45468 Mülheim an der Ruhr
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche 0208 32525
E-Mail
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Anschrift Pfarramt Pfarrei St. Mariae Geburt
Althofstraße 5
45468 Mülheim an der Ruhr
0208 32525
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Öffnungszeiten PfarramtMO, DI, FR: 9.30 - 12.00 Uhr
MI: 14.00 - 16.00 Uhr
Gottesdienstzeiten KircheAktuelle Gottesdienstzeiten unter: http://www.pfarreimariaegeburt.de/gemeinde-mariae-geburt.
Kirchen im Westen
Ein Ruhrpfarrer kämpft für die Moderne
Ein protestantischer Architekt, der während der 1920er und 30er Jahre eher für repräsentative Industrie- und Wohnbauten im rheinisch-westfälischen Industriegebiet bekannt ist, baut mitten in Mülheim auf der Krone des Kirchenhügels eine moderne, katholische Kirche! Das konnte nur möglich werden durch den unerbitterlichen Einsatz des im Ruhrgebiet so beliebten Pfarrers Konrad Jakobs und der Stifterin der Kirche, Jula Thyssen, Mitglied der berühmten deutschen Unternehmerfamilie Thyssen. Geschickt und wirksam verbindet Fahrenkamp die Wünsche der Auftraggeber mit ebenso traditionellen wie modernen Bauformen und setzt ein markantes Zeichen mitten in Mülheim.
- ÜberblickOrt
Mülheim an der Ruhr
Bistum
Bistum Essen
Name der Kirche
Mariae Geburt
Weihe
1929 (10. März)
Architekt
Emil Fahrenkamp
Künstler
Carl Burger, Ernst RascheBesonderheit
Kombination tradierter Bauform mit modernen Elementen des „Neuen Bauens“ sowie die Umsetzung des Baus in Stahlskelettbauweise.
Nutzung
Pfarrkirche der Pfarrei Mariae Geburt
Standort / Städtebau
Erhöht von der Stadt auf dem Kirchenhügel, in unmittelbarer Umgebung zu historischen Bauten. - BeschreibungGrundriss
Emil Fahrenkamp entwirft in der Mitte der 1920er Jahre für Mülheim an der Ruhr eine Kirche mit den Eigenschaften einer dreischiffigen Basilika, die jedoch mit einer modernen Stahlskelettkonstruktion erbaut ist: Ein hohes Hauptschiff wird von zwei Seitenschiffen flankiert. Je fünf regelmäßige Stützen, die das Stahlskelett erkennen lassen, strukturieren den Innenraum. Während die Seitenschiffe von hohen rundbogigen Fenstern erhellt werden, durchzieht ein Obergaden das Hauptschiff: Kleinere, ebenfalls rundbogige Fensteröffnungen durchbrechen die Wand des Mittelschiffes über den niedrigeren Seitenschiffen.
Der klassische Bautyp der Basilika wird aufgebrochen durch die Nischen, die an den Seitenwänden nach außen treten. Anstelle einer halbkreisförmigen Apsis bildet sich der Altarraum der Kirche in einem ebenfalls kubischen Chorraum aus. Dem Innenraum der Kirche vorgelagert ist eine Vorhalle, die den Zugang durch zwei seitliche Eingänge in die Seitenschiffe der Kirche ermöglicht. Die sich an den Chorraum anschließende Sakristei ist Verbindungsbau zum Wohn- und Verwaltungsbau der Gemeinde. Auf der linken Seite des Altarraumes befindet sich ein Zugang zur Krypta.
AußenbauDie Außenansicht der Mülheimer Kirche wird dominiert von der rotbraunen Backsteinverkleidung sowie der rhythmischen Anordnung streng kubischer Bauelemente. Die im Grundriss der Kirche erkennbaren Nischen an den Außenwänden dominieren von außen gesehen die Seitenansicht des Baus: Fünf Baukörper treten sowohl in der Höhe wie auch in der Tiefe in regelmäßigen Abständen aus dem flachen Seitenschiff heraus. Gebrochen wird das Kubische durch die hohen, schlanken Rundbogenöffnungen, die in regelmäßigen Abständen die Außenfassade gliedern: Sowohl die Fenster der Seiten- und des Mittelschiffes als auch der Arkadengang , der die Eingangsfassade prägt, wie auch die Schallöffnungen des Turmes weisen eine hohe, schlanke Rundbogenform auf. Von weitem macht die Kirche durch ein hohes, grün-kupfernes Kreuz auf dem hoch aufstrebenden Turm auf sich aufmerksam.
Innenraum
Im Inneren ist der Kirchenraum schlicht und klar gestaltet: Während die Wände weiß verputzt sind, ist das 1989 vom Künstler Ernst Rasche gestaltete Wandbild des Himmlischen Jerusalem der Chorrückwand der optische Anzugspunkt der ganzen Kirche. Ein überdimensionales Kreuz tritt aus der reliefartig gestalteten Wand heraus. Das Wandbild ist dabei ebenso dunkel wie der gesamte Fußboden, was die Wirkung des erleuchteten Lammes im Mittelpunkt verstärkt. Der flachen, weiß verputzten Decke sind quer verlaufende, dunkle Holzbalken als Verstärkung vorgelagert, die mit den dunklen Kirchenbänken auf dem Boden korrespondieren. Die Orgelempore befindet sich heute im Rücken der Gemeinde.
- Liturgie und Raum
Auch wenn dem Architekten keine direkten Verbindungen zur Liturgischen Bewegung nachgewiesen werden können, so lassen sich diese Einflüsse doch über die Auftraggeber Familie Thyssen und Pfarrer Jakobs ausmachen. Beide pflegten Verbindungen zu Protagonisten der Liturgischen Bewegung und brachten die im Bau ablesbaren christozentrischen Tendenzen ein. Sowohl die Basilika als Grundform wie auch der auf den Altar als Ort Christi hin ausgerichtete Raum bringen dies zum Ausdruck.
Geplant war ursprünglich außerdem eine monumentale Christusfigur an der Chorwand, die der Künstler und langjährige Freund Fahrenkamps, Werner Peiner, ausführen sollte. In Kontrast dazu steht die monumentale Betonung der Eingangsfassade, die dem Altar gegenüber steht und diesen damit nicht nach außen hin hervorhebt. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden zwar Veränderungen im Chorraum vorgenommen, so z.B. die Gestaltung eines Ambos und anderer liturgischer Orte durch Ernst Rasche, doch wurde an der grundsätzlichen Disposition des Innenraumes nicht viel geändert.
- Ausstattung
Wie bei den meisten Kirchen, die im frühen 20. Jahrhundert erbaut wurden, ist auch St. Mariae Geburt im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden und mit ihr die ursprüngliche Ausstattung. Für die heutige Ausstattung der Kirche, die nach dem Wiederaufbau des Gebäudes ab 1958 Einzug hielt, war vor allem der Mülheimer Bildhauer Ernst Rasche (geb. 1926) verantwortlich. Er hat die wesentlichen Einrichtungsgegenstände der Kirche entworfen: den Altarraum (1962), Altar und Ambo aus schwerem schwarzen Granit, das Sakramentshäuschen, die fünf Bronzeleuchter, den Taufstein und den Osterleuchter sowie die Chorrückwand (1988). Auch das aus dunkelgrauem Schiefer geschnittene Flachrelief unter der Orgelempore, das den Kreuzweg darstellt, stammt von Rasche (1958).
Der herausragende Orgelprospekt, der heute über dem Eingangsbereich das optische Gegengewicht zum Chorraum darstellt, stammt von der Firma Klais aus Bonn und wurde im April 1972 eingeweiht. Wesentlich älter ist die Bronzeplastik des auferstandenen Christus, der über dem Eingangsportal an der Außenwand zu finden ist. Er wurde 1930 von dem Mayener Künstler Carl Burger (1875-1950) gefertigt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden die Fenster und Obergaden der Kirche durch den Krefelder Glasmaler Hubert Spierling (geb. 1925) neu gestaltet.
- Von der Idee zum Bau
Im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Ruhrregion sind auch die Bevölkerungszahlen in Mülheim rasant gestiegen. Das hat dazu geführt, dass in den frühen Jahren des Jahrhunderts bereits 10 000 katholische Gläubige zum Einzugsgebiet der schon bestehenden St. Mariae Geburt-Gemeinde gehörten. 1925 wurden sodann die Planungen für einen Neubau in Angriff genommen und die im 19. Jahrhundert gebaute Vorgängerkirche abgerissen. Treibende Kraft für den Neubau war der „Ruhrpfarrer“ Konrad Jakobs (1874-1931), der sich – unterstützt durch die Familie Thyssen – für einen Neubau durch den im Rhein-Ruhr-Gebiet etablierten Architekten Emil Fahrenkamp stark machte.
Nachdem der Kirchenvorstand die Pläne, die Fahrenkamp entwickelt hatte, einstimmig befürwortete, kamen vom Bischöflichen Generalvikariat heftige Einwände, da Fahrenkamp als Protestant keine katholische Kirche bauen könne! Außerdem mussten einige gestalterische Elemente des Vorentwurfes überarbeitet werden. Fahrenkamp wurde ein katholischer Büromitarbeiter zur Seite gestellt, der mit ihm die Pläne fertig stellte und den Bau realisierte.
- Der Architekt Emil Fahrenkamp
In den Jahren zwischen 1910 und 1930 konnte sich der in Aachen geborene Emil Fahrenkamp (1885-1966) als Architekt vor allem bei großbürgerlichen Auftraggebern aus Industrie und Wirtschaft rund um Rhein und Ruhr etablieren. Zahlreiche persönliche Kontakte zu Fabrikanten und Direktoren der florierenden Region ermöglichten ihm eine große Zahl an lohnenswerten Bauaufträgen.
Den Auftrag für St. Mariae Geburt hat Fahrenkamp aber wohl weniger aufgrund seiner persönlichen Kontakte, als vielmehr aufgrund seines Könnens bekommen. In Mülheim konnte Fahrenkamp außer der Marienkirche auch die Innengestaltung der Stadthalle (1925), das Kaufhaus Othegraven in der Schloßstraße (1928) sowie mehrere Wohnbauten und -siedlungen (1928, 1929) realisieren.
- Literatur (Auswahl)
- Christoph Heuter: Emil Fahrenkamp (1885-1966). Architekt im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, Petersberg 2002 (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 59).
- Route der Industriekultur: Mariae Geburt Mülheim
- ZEITZEICHEN 10. März 1929: Konsekration der Pfarrkirche St. Mariae Geburt
Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.