Passau

St. Peter

Anschrift Kirche
Neuburger Straße 118
94036 Passau

Schlichte Wucht

Neben dem Dom ist St. Peter die größte Kirche der Stadt Passau. Das Werk des Architekten Hansjakob Lill wirkt geschlossen, nahezu wehrhaft und gleichzeitig weit: Sein schiffsbugartig emporragender Baukörper mit nahezu undurchdringlich wirkenden, fensterlosen Ziegelmauern wird aufgebrochen durch eine lichte stadtoffene Glasfront. Im Inneren setzt sich die archaische Strenge fort, die durch Reduktion und Wucht an die christliche Frühzeit anzuknüpfen sucht und gleichzeitig die von Rudolf Schwarz vorgedachte Parabelform weiterentwickelt.

  • Überblick
    Ort
    Passau

    Bistum
    Bistum Passau

    Name der Kirche
    St. Peter

    Weihe
    1965 (18. Juli)

    Architekt
    Hansjakob Lill

    Künstler
    Manfred Bergmeister, Leopold Hafner, Erich Koch, Franz Xaver Zettler
    Besonderheit
    Neben dem Dom ist St. Peter die größte Kirche der Stadt Passau. Die schiffsburgartige Form des Baukörpers versinnbildlicht das Patrozinium.

    Nutzung
    Pfarrkirche

    Standort / Städtebau
    Im Südwesten der niederbayerischen Dreiflüssestadt Passau erhebt sich die Pfarrkirche auf einer Anhöhe im Stadtteil Haidenhof am Beginn des Dreiecks zwischen Donau und Inn.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Passau | St. Peter | Grundriss

    Passau | St. Peter | Grundriss

    St. Peter verbindet mehrerer Baukörper auf je parabolischem Grundriss. Zunächst erhebt sich der Hauptraum über einer regelmäßigen Parabel auf einer Nordost-Südwest-Achse. Im Nordosten tritt neben dem – die Parabel zunächst horizontal abschließenden – Eingangsbereich eine zweite Parabel aus dem Hauptbau heraus. An der Südseite fügt sich am Übergang vom Gemeinde- zum Altarraum die ebenfalls auf einem Parabelgrundriss errichtete Sakramentskapelle an.

     

    Außenbau

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    In städtebaulich exponierter Lage empfängt St. Peter den von der Altstadt emporsteigenden Besucher mit einer offenen gläsernen Portalfront. Diese wird im oberen Bereich durch die heraustretende, ansteigende Kirchendecke abgeschlossen. Die Sakramentskapelle wurde als Glaskonstruktion ausgeführt. Besonders auf Fernwirkung angelegt ist die bugartig hervortretende Beicht- und Taufkapelle, die gleichzeitig – ein eigener Turm fehlt – in ihrem Obergeschoss die Glocken aufnimmt und an ihrer südlichen Seite eine Uhr trägt. Insgesamt hebt sich der Bau vor allem durch sein unverputztes Ziegelmauerwerk von der Umgebung ab.

     

    Innenraum

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Der Innenraum wird durch den lebendigen Rotton unregelmäßig gesetzter Ziegelsteine und das Braun der holzverkleideten Decke geprägt. Zentrum des Raums, auf das die Parabelbögen zusteuern, ist der leicht erhöhte Altarbereich. Die südwestliche, dem Altarraum gegenüberliegende Nische birgt die Orgelempore, unter der sich die Tauf- und Beichtkapelle befindet. Südlich vor dem Altarraum liegt die gläserne Sakramentskapelle. Gemeinsam mit der Glasfront des Eingangsbereichs sorgt sie für die indirekte Belichtung des Hauptraums, die durch kleine Rechteckfenster im Südosten um blautonige Akzente ergänzt wird.

  • Liturgie und Raum
    Passau | St. Peter | Portal | Foto: Theodor Frey

    Passau | St. Peter | Portal | Foto: Theodor Frey

    Der Architekt Hansjakob Lill orientierte sich bei St. Peter maßgeblich an den Leitideen der (vorkonziliaren) Liturgischen Bewegung, insbesondere am Kirchenbauer Rudolf Schwarz. Dieser beschrieb in seinem Buch „Vom Bau der Kirche“ (1938) die parabolische Grundrissform im Modell „Heiliger Wurf (Der dunkle Kelch)“. Verwendung fand dieses Konzept bei Schwarz unter anderem für die Heilig-Kreuz-Kirche in Bottrop, deren große Glasfront in Lills Passauer Kirche ebenfalls Widerhall findet. Gerade die Parabel, deren Bögen sich zum Altar hin orientieren und im Scheitel das liturgische Zentrum umfangen, kann die feiernde Gemeinde dynamisch auf das Geschehen hinlenken. Zugleich wird der Gottesdienstbesucher in umgekehrter Richtung wieder hinaus in die Welt geführt.

  • Ausstattung
    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Auf der nordöstlichen Ecke der Kirchenmauer sitzt der bronzene Petrushahn des Künstlers Erich Koch, der auch das Kreuz über der Sakramentskapelle entwerfen sollte. Über den Portalen zieht sich ein Betonrelief des Bildhauers Leopold Hafner über die ganze Breite, das mittig den Kirchenpatron und die Elemente Schiff und Wasser darstellt. Hafner gestaltete die Hauptausstattungsstücke vorwiegend aus französischem Kalkstein: den Altarblock, den Ambo und in der nordwestlichen Ecke das große (hölzerne) Kruzifix (1971). Die gläserne Sakramentskapelle, mit der Marienskulptur (1971) an ihrer Seite, wird ganz vom Tabernakel beherrscht, das als Kugel auf einem pyramidenhaften Sockel gestaltet ist. Aus vielen Gesichtern bestehend, steht die Form für die Wohnung Gottes unter den Menschen. Dem entspricht auch die netzartige Fenstergestaltung. Sie verweist auf den „Menschenfang“, mit dem Petrus von Jesus beauftragt wurde. Rund um den Tabernakel füllen 16 Leuchter aus Bronze und Kristallglas des Künstlers Manfred Bergmeister das Kapellenrund.

    Hafner schuf 1965 auch den Altarblock der Unterkirche, die für kleinere Gottesdienste genutzt wird, und schließlich 1967 den quadratischen Taufstein im Eingangsbereich der Kirche. Zehn blautonige Buntglasfenster wurden nach dem Entwurf von Hansjakob Lill von der Malereianstalt Franz Xaver Zettler (München) geschaffen. Sie tragen Verse des 1. Petrusbriefs in der Handschrift des Architekten. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1971 aus der Passauer Werkstatt Eisenbarth. Jüngstes Ausstattungsstück ist der 2005 in die Kirche gekommene Kreuzweg aus Stoff, den eine Frauengruppe der Pfarrei fertigte.

  • Von der Idee zum Bau
    Passau | St. Peter | Innenraum | Foto: Nicolas Kusser

    Passau | St. Peter | Foto: Nicolas Kusser

    Als der Stadtteil am Haidhof nach dem Zweiten Weltkrieg stark angewachsen war, entschloss sich die Mutterpfarrei St. Anton zur Errichtung einer eigenen Kirche für den aufstrebenden Gemeindeteil. Am 30. November 1960 wurde ein Kirchbauverein gegründet und im Dezember 1961 der Architekt Hansjakob Lill beauftragt. Kaplan Martin Moritz, der auch erster Pfarrer der später selbstständigen Pfarrei werden sollte, wurde mit der Durchführung seitens der Muttergemeinde betraut. Am 10. November 1963 konnte die Grundsteinlegung erfolgen und am 18. Juli 1965 der Bau seine Weihe erhalten.

  • Der Architekt Hansjakob Lill

    Als Sohn des einflussreichen Kunsthistorikers und Direktors des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, Georg Lill (1883-1951), wurde Hansjakob am 6. März 1913 in München geboren. In den Jahren 1932 bis 1937 studierte Lill an der TH München unter anderem bei Größen wie German Bestelmeyer und Hans Döllgast. Nach dem Kriege konnte Lill seine Hauptwerke im Kirchenbau vor allem in seiner bayerischen Heimat verwirklichen.

    München-Hasenbergl | St. Nikolaus | Foto: Rufus46, CC BY SA 3.0

    München-Hasenbergl | St. Nikolaus | Foto: Rufus46, CC BY SA 3.0

    An seinen Kirchen ist jene Entwicklung ablesbar, die diese Baugattung nach Kriegsende bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil einschlagen sollte: Während Herz Jesu in Berg am Starnberger See noch dem beliebten Schema des Langbaus mit erhöhtem Altarhaus folgte, etablierten sich ab den 1950er Jahren neue Grundrissformen und das auch in Passau bevorzugte Material Ziegelstein – etwa beim Zentralbau St. Nikolaus in München-Hasenbergl. Den paraboloiden Grundriss von St. Peter wählte Lill zuvor in einfacherer Form für St. Josef in Nördlingen (1962). Schon 1960 hatte er sich mit der Gestaltung einer Altarinsel für den 37. Eucharistischen Weltkongress in München vor der Liturgiereform deren Kerngedanken zu eigen gemacht: Die Gläubigen umgaben von drei Seiten den erhöhten Altar. Lill starb am 21. Februar 1967 in München im Alter von 53 Jahren.

  • Literatur (Auswahl)
    • Alfons Leitl: Vorübergehendes und Bleibendes. Im Gedenken an Hansjakob Lill, in: Das Münster 21, 1968, 393-423.
    • Rudolf Schwarz: Vom Bau der Kirche, Würzburg 1938, 126-14.
    • Monika Soffner-Loibl: Passau Pfarrkirche St. Peter, Passau 2015.
    • Sankt Peter in Passau, hg. vom Pfarramt St. Peter Passau, Passau 1965.
    • Walter Zahner: Baukunst aus Raum und Licht. Sakrale Räume in der Architektur der Moderne, Lindenberg 2012, 34f.
    • St. Peter, Passau, auf: Passauer Kirche. seiten von Theodor Frey (theodor-frey.de/passkirchen#peter, Abrufdatum: 14. Dezember 2017)

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Daniel Greb, Würzburg (Beitrag online seit 01/2018)

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