St. Ingbert

St. Hildegard

Anschrift Kirche
Hildegardstraße 1
66386 St. Ingbert
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Pfarrbüro der Pfarrei Heiliger Ingobertus
    Prälat-Goebel-Str. 1
    66386 St. Ingbert
    06894 9249-0
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    und 14.00 - 18.00 Uhr
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    Kirchen im Südwesten

Zwischen Gottesburg und Bergwerksstollen

Hoch über der saarpfälzischen Stadt St. Ingbert erhebt sich eine Kirche, die gleich zwei Bilder wachruft: Die wuchtige kubische Gestalt und der gedrungene Turm mahnen an eine schon lange bestehende (romanische) Kirche. Das Sichtmauerwerk aus Backstein hingegen erinnert an eines jener neuzeitlichen Fabrikgebäude, wie sie im frühen 20. Jahrhundert vielerorts entstanden. Beide Assoziationen weckte der Architekt Albert Boßlet wohl bewusst, als er die neue Kirche St. Hildegard für die wachsende Industriestadt St. Ingbert gestaltete. Eine lebendige Spannung zwischen Tradition und Moderne, die sich im Inneren fortsetzt …

  • Überblick
    Ort
    St. Ingbert

    Bistum
    Bistum Speyer

    Name der Kirche
    St. Hildegard

    Weihe
    1929 (22. September)

    Architekt
    Albert Boßlet

    Künstler
    Felix Baumhauer, Willi Hahn, Franz Mayrhofer, August Weckbecker
    Besonderheit
    Im Kirchenraum erinnern trapezförmige Eisenbetonträger an die Stollen der Region, die über eine lange Bergbautradition verfügt.

    Nutzung
    Pfarrkirche der Pfarrei St. Hildegard. - In naher Zukunft soll die Kirche profaniert und die denkmalgeschützten Räume durch den neuen Träger - die Stadt St. Ingbert - zu einer Multifunktionshalle umgebaut werden.

    Standort / Städtebau
    Im Sinn der zu ihrer Bauzeit verbreiteten Idee, steht St. Hildegard als architektonische Stadtkrone dem Altort von St. Ingbert gegenüber auf einer Anhöhe. Der Bezirk um die Kirche wird rechteckig durch die Theresienstraße im Süden, die Hildegardstraße im Westen, die Theodorstraße im Norden und die Gabelsbergerstraße im Süden begrenzt.

  • Beschreibung

    Grundriss

    St. Ingbert | St. Hildegard | Grundriss

    St. Ingbert | St. Hildegard | Grundriss

    Der Grundriss der von Albert Boßlet entworfenen Kirche zeigt auf den ersten Blick eine traditionelle dreischiffige Basilika. Der Eingangsbereich im Westen und der Altarbereich mit seinen Anbauten für Sakristeien und Paramente bilden eigenständige Baukörper. Der Turm fügt sich südlich an das Chorhaus an und stellt mit einer gewölbten Vorhalle den Bezug zur parallel verlaufenden Straße her. Jeweils sieben Betonpfeiler grenzen das Hauptschiff zu den Seitenschiffen ab.

     

    Außenbau

    St. Ingbert | St. Hildegard | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY SA 3.0

    St. Ingbert | St. Hildegard | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Am backsteinsichtigen Außenbau zeigt sich die von Boßlet damals bevorzugte Dreiteilung: ein leicht abgesetzter kubischer Westbau, ein Langhaus mit Seitenschiffen und ein wiederum abgesetztes kubisches Altarhaus. Ähnlich gestaltete Boßlet auch die etwa gleichzeitig entstandenen Aschaffenburger Kirchen Herz Jesu und St. Josef. Die Westfassade in St. Ingbert ist gegliedert durch drei abgestufte Spitzbögen über dem dreiteiligen Hauptportal und ein unter dem Dachansatz verlaufendes Schmuckfries. Über dem Portal erhebt sich die Figur der Kirchenpatronin Hildegard. Als Gegenstück zeigt die zur Stadt weisende Ostfassade ein Spitzbogenfenster. Südlich des Westblocks – und mit ihm durch einen spitzbogigen Durchgang verbunden – erhebt sich das Pfarrhaus. Im Nordosten wird der wuchtige Turm mit Pyramidendach im oberen Geschoss durch vier spitzbogige Schallfenster und parallel dazu gesetzte kleine Dreiecksfenster gegliedert. Zur Straße hin ist eine spitzbogige Vorhalle mit vier Öffnungen vorgelagert.

     

    Innenraum

    St. Ingbert | St. Hildegard | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY SA 3.0

    St. Ingbert | St. Hildegard | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY SA 3.0

    Ganz im Gegensatz zum traditionell wirkenden Außenbau, erscheint der Innenraum erstaunlich modern. Diesen Eindruck verstärken vor allem die trapezförmigen Eisenbetonrahmen, welche die Deckenkonstruktion stützen, sowie die Eisenbetonpfeiler, die darüber hinaus noch die Seitenschiffe abgrenzen. Der Betrachter wird über die Trapezkonstruktion zum Altarbereich geführt, der sich vom Langhaus durch einen großen Spitzbogen absetzt. Die Trapezform erinnert an das Spießwerk in den Stollen dieser Region, die über eine lange Bergbautradition verfügt. Im Chorraum bildet nun wieder der expressionistisch geweitete Spitzbogen das bestimmende Merkmal. Die indirekte helle Belichtung hebt den Altarraum zusätzlich vom eher düster gehaltenen Kirchenschiff ab. Vor dem eigentlichen, spitzbogig gewölbten Altarraum mit Hochaltar und Buntglasfenster befindet sich ein Zwischenbereich für Oratorien sowie für die Zugänge zu Sakristei und Turmkapelle. Im Altarraum werden die abgestuften Spitzbögen des Westeingangs wiederholt.

  • Liturgie und Raum
    St. Ingbert | St. Hildegard | Hochaltar um 1930 | Bildquelle: Die christliche Kunst 26, 1929/30, 334

    St. Ingbert | St. Hildegard | Hochaltar um 1930 | Bildquelle: Die christliche Kunst 26, 1929/30, 334

    Geprägt von der Christozentrischen Kirchenkunst des Gladbecker Priesters Johannes van Acken, versucht der Architekt Albert Boßlet eine fruchtbare Verbindung von Liturgie und Raum herzustellen. Hierbei muss besonders die unterschiedliche Gestaltung von Langhaus und Altarbezirk herausgehoben werden: eine sich steigernde Dynamik vom Portal über den mit Trapezformen überspannten Langhausbereich hin zu den hoch aufstrebenden Spitzbögen des Chorraums. Unterstützt wird diese Wirkung durch die unterschiedliche Verglasung der Fenster mit eher dunkleren „düsteren“ Farben im Langhaus und eher helleren „mystischen“ Farben im Chor. Sie lenken den Blick unweigerlich zum Zentrum der Kirche, zum großen Glasfenster und zum Hochaltar.

    Störender Schmuck, Figuren, Nebenaltäre wurden fast ganz vermieden, um alle Architektur und Ausstattung auf den Bereich des Messopfers zu konzentrieren. Die Seitenschiffe treten fast völlig zurück und sollten vor allem als Prozessionsgänge dienen. Mit der liturgischen Erneuerung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden Volksaltar und Ambo eingebaut. Da die Zahl der Gottesdienstbesucher besonders an Werktagen immer kleiner wurde, richtete man in der Marienkapelle 1996 eine Werktagskirche ein. Hier versammelt sich die Gemeinde nun von drei Seiten als Circumstantes um den mittig stehenden Altar.

  • Ausstattung
    St. Ingbert | St. Hildegard | Altarraum | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY 3.0

    St. Ingbert | St. Hildegard | Altarraum | Foto: atreyu, GFDL oder CC BY 3.0

    Die künstlerische Ausstattung von St. Hildegard erfolgte unter Federführung des Architekten. Der von Boßlet entworfene Hochaltar bildet zusammen mit dem von Prof. Felix Baumhauer aus München gestalteten Glasfenster das architektonische wie liturgische Zentrum der Kirche. Auf dem Altartisch aus Marmor befindet sich ein vom Silberschmied Franz Mayrhofer geschaffener Aufsatz. Das Fenster stellt Szenen aus dem Leben der Kirchenpatronin Hildegard von Bingen dar.

    Volksaltar und Ambo wurden 1984 von Bildhauer Willi Hahn aus Trier geschaffen. Im südlichen Seitenschiff steht der Josefsaltar mit Figuren von August Weckbecker, in der Turmkapelle findet sich der Marienaltar mit einem Gemälde von Baumhauer und einem zeitgenössischen Glasvolksaltar von 1996. Hervorzuheben ist auch die große Orgel auf der Westempore, deren Ursprung das 1933 von den Gebrüdern Späth errichtete Werk mit 50 Registern bildet. 2004 wurde es nach mehreren Umbauten in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt und umfasst nun 54 Register auf vier Manualen und Pedal.

  • Von der Idee zum Bau
    St. Ingbert | St. Hildegard | Baustelle | Foto: Pfarrei St. Hildegard, St. Ingbert

    St. Ingbert | St. Hildegard | Baustelle | Foto: Pfarrei St. Hildegard, St. Ingbert

    Als die Industrialisierung Arbeiter in die damals bayerische Saarpfalzregion zog, wuchs St. Ingbert von 3.000 Einwohnern im Jahr 1829 auf 17.000 im Jahre 1917 an. Prälat Josef Goebel, der Pfarrer der erst Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen großen Kirche St. Josef, ging an die Planung für einen neuen Gottesdienstraum. Am 7. Januar 1917 wurde – durch Beschluss der Kirchenverwaltung St. Josef und mit Zustimmung des bayerischen Königs – die Kirchenstiftung St. Hildegard errichtet.

    Schwung in die Planung kam nach zehnjähriger, durch den Ersten Weltkrieg und die Inflation bedingter, Unterbrechung, als Bischof Ludwig Sebastian von Speyer am 28. Mai 1927 die eigenständige Pfarrei St. Hildegard errichtete. Auf dem ersten Pfarrer Peter Eckhard lastete nun die schwere Aufgabe, eine Pfarrkirche für die junge Gemeinde zu bauen. Aus einem Wettbewerb ging der Entwurf des Architekten und gebürtigen Pfälzers Albert Boßlet hervor. Am 28. November 1928 konnte der Grundstein gelegt und nicht einmal ein Jahr später, am 22. September 1929, die neue Kirche durch den Speyerer Bischof geweiht werden.

  • Der Architekt Albert Boßlet

    Der Architekt Albert Boßlet (1880-1957) wandte sich nach einer – an seinen Lehrern Josef Cades und Heinrich Renard orientierten – historistischen Phase ab den frühen 1920er Jahren einem expressionistischen Eklektizismus zu. Hierfür bediente er sich vorwiegend der gotischen Formensprache, die er aber weitete und umdeutete. Deutlich wird dies bei der Kirche St. Josef in Aschaffenburg, aber auch in St. Ingbert ist der geweitete Spitzbogen das bestimmende Gliederungsmerkmal. In dieser Schaffensphase übernahm Boßlet auch erstmals die Ideen der liturgischen Bewegung, namentlich des christozentrischen Bauens nach Johannes van Acken. Hier verkörperte gerade der aufstrebende Spitzbogen ideal den Gedanken des „werkwerdenden Gebets“ (Dominikus Böhm).

    Im Außenbau deutet sich in St. Ingbert schon der stilistische Wechsel Boßlets ab Beginn der 1930er Jahre an: Anstelle von Eisenbetonkonstruktionen verwendete er nun Natursteinmauerwerk in der für ihn typischen romanisierenden monumentalen Form. Diesen Stil zeigen auch seine Hauptwerke, die Christkönigskirche in Hauenstein, Herz Jesu in Aschaffenburg, St. Ludwig in Frankenthal und die Abteikirche Münsterschwarzach. Bis zu seinem Tode 1957 gestaltete Boßlet über 150 Kirchen, hauptsächlich auf dem Gebiet der Bistümer Speyer und Würzburg.

  • Literatur (Auswahl)
    • Marianne Groh: Die Kirche St. Hildegard in St. Ingbert. Ihre Entstehungszeit und ihre Schutzheilige, St. Ingbert 1998.
    • 75 Jahre Pfarrei St. Hildegard: 1927 – 2002, hg. vom Katholischen Pfarramt St. Hildegard, St. Ingbert 2002.
    • Clemens Jöckle: Albert Boßlet (1880-1957). Ein Kirchenbaumeister zwischen Historismus und Moderne, in: Jahrbuch des Vereins für Christliche Kunst in München 19, 1993, 542-617.
    • Johann Joseph Morper: Katholische Kirchenbauten an der Saar, Saarbrücken 1935, 20-24.
    • Wilhelm Vahle: Pfarrkirche St. Hildegard in St. Ingbert, Saar, München 1939.

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Daniel Greb, Würzburg (online seit 08/2016)

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