Trier-Mariahof
St. Michael
Am Mariahof 37
54296 Trier
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Informationen
Kontakt / Öffnungszeiten Kirche Kirchenschlüssel im Kindergarten neben der Kirche erhältlich oder im Pfarrbüro Anschrift Pfarramt Katholisches Pfarramt St. Michael
Am Mariahof 37
45296 Trier
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Öffnungszeiten Pfarramt DI: 9.00 - 10.30 Uhr DO: 9.00 - 11.00 Uhr
Gottesdienstzeiten Kirche Aktuelle Gottesdienstzeiten und Veranstaltungshinweise finden Sie online unter: www.heiligkreuz-trier.de/heiligkreuz.html.
Kirchen im Südwesten
Eine Pyramide für die Gartenstadt
Inmitten einer auf dem Reißbrett entworfenen „Gartenstadt“, einer während ihrer Entstehungszeit in den Wirtschaftswunderjahren hochmodernen Trabantensiedlung mit flachgedeckten Bungalows und Hochhäusern zwischen Grünflächen, erhebt sich ein Gebäude, das man eher im ägyptischen Wüstensand, den fruchtbaren Ebenen Mesopotamiens oder im präkolumbischen Amerika verorten würde: eine Stufenpyramide, die Pfarrkirche St. Michael. Zwar passt sich dieser Bau in seinen streng geometrischen Linien, seinen am Wohnungsbau orientierten Maßen und seinen industriell gefertigten Materialien der Umgebung nahezu perfekt an. Doch spätestens im Inneren eröffnet sich ein Transzendenzraum, in dem Architektur, Kunst und Glaube eine einmalige Symbiose eingegangen sind.
- ÜberblickOrt
Trier-Mariahof
Bistum
Bistum Trier
Name der Kirche
St. Michael
Weihe
1982 (18. September)
Architekt
Konny Schmitz
Künstler
Otto Herbert Hajek, Jakob SchwarzkopfBesonderheit
Das Kirchengebäude, dessen Form aus kubischen Modulen zur "Stufenpyramide" gefügt ist, bildet mit seiner künstlerischen Ausstattung ein stilistisch in sich geschlossenes Ganzes.
Nutzung
Pfarrkirche innerhalb der Pfarreiengemeinschaft Heiligkreuz-St. Maternus-St. Michael Trier und Urnengruft
Standort / Städtebau
Die Pfarrkirche St. Michael, die sich nahtlos in die sie umgebende Bebauung der 1960er Jahre einfügt, befindet sich im Zentrum des auf einem Hügel gelegenen Stadtteils Mariahof in unmittelbarer Nähe aller sozialen und kommerziellen Einrichtungen (Kindergarten, Grundschule, Ladenzeile, Gastronomie). - Beschreibung
Grundriss
Der gesamte modulare Baukörper von St. Michael ist auf Grundlage eines Würfels von drei Metern Kantenlänge zusammengesetzt. Bereits im Grundriss wird dies deutlich: Diagonal von Nordwesten nach Südosten wiederholt sich das Würfelmodul insgesamt viermal, wobei eine Verschachtelung stattfindet. Das hieraus entstandene Gebilde erinnert an eine Ziehharmonika. Der längsrechteckige Sakristeianbau mit Beichtzimmer im Norden durchbricht das streng geometrische Schema genauso, wie die im Südwesten angefügte quadratische Werktagskapelle (ursprünglich als Taufkapelle geplant), über der sich der Glockenturm erhebt.
Außenbau
St. Michael erinnert von außen an eine Stufenpyramide: Baukastenartig sind mehrere Kuben in diagonaler Richtung miteinander verschachtelt. Durch die Staffelung der Kuben entstehen fünf Geschosse von jeweils drei Metern Höhe. Der Bau ist durch zwei Eingangsportale vom Kirchhof im Südosten aus zugänglich. Ein kompakter quadratischer Glockenturm befindet sich vor der Westachse. Durch seinen tieferen Standpunkt in der Hanglage ist er niedriger als der Kirchenbau selbst. Höchster Punkt des Gesamtbaus bildet somit das Kreuz auf der Pyramidenspitze. Das Äußere von St. Michael zitiert mit seiner starken pyramidalen geschossweisen Staffelung die Lage des Stadtteils Mariahof auf einem Bergplateau. Die glatten, hellgrau gestrichenen Sichtbetonwände, die kubischen Bauglieder und die Flachdächer fügen sich perfekt in die umgebende Wohnbebauung aus den 1960er Jahren ein.
Innenraum
Auch im Inneren wird die pyramidale Staffelung des Gebäudes ersichtlich. Es gibt keine Stützpfeiler, die den Blick behindern könnten, denn durch die raffinierte Verschachtelung der Pyramidenstufen wird die Last der Konstruktion auf die Außenmauern übertragen. Der Kirchenraum ist komplett umgeh- und von allen Seiten aus einsehbar. Einzig die quaderförmige Orgel im Südosten trennt den Eingangsbereich paravantartig vom Hauptraum ab. Anders als das geschlossen wirkende Äußere vermuten lässt, wartet der Innenraum außerdem mit einer ausgeklügelten Lichtregie auf: Er erhält sein Licht von schmalen Lichtbändern an den unteren Rändern der einzelnen Raumstufen und von quadratischen Lichtkuppeln an den Stufenecken. Die höchste Glaskuppel befindet sich mit 15 Metern Höhe direkt über der Altarinsel, die den ideellen Mittelpunkt des Raums bildet. Das Licht wird auf diese Weise zu einem entscheidenden Gestaltungselement.
- Liturgie und Raum
Der Kirchenraum wird von einer rechteckigen, zweistufigen Altarinsel beherrscht. 1982 von Otto Herbert Hajek gestaltet und fertiggestellt, ist sie ein Gesamtkunstwerk, eine in sich geschlossene, begehbare Plastik. Bereits durch ihre edlen Materialien, Rauchkristall (ein fein geäderter Marmor) und Bronze, hebt sie sich vom nüchternen Sichtbeton des Kirchenraums ab.
Die liturgischen Orte sind auf zwei Zonen verteilt, die durch in den Boden eingelassene Platten und Bronzestreifen mit Versen aus dem Neuen Testament (Mt 24,45-46 sowie Offb 21,3 und 22,17) abgesteckt werden: Im Vordergrund erhebt sich der mächtige achteckige Altar, der Ort der Eucharistie, unter dem sich ein stilisiertes Reliquiengrab zu öffnen scheint. Dahinter befinden sich – leicht zurückgesetzt – der Ambo als Ort des Wortgottesdienstes, die fünf Sedilien der liturgischen Dienste sowie der wie ein mittelalterlicher Flügelaltar aufklappbare Tabernakel. Im geöffneten Zustand greift er die Formensprache und Farbauswahl der Hajek-Bilderzyklen im Raum auf und schafft auf diese Weise eine Verbindung zu den oberen Geschossen der Kirche. Überragt wird das ganze Ensemble von einer Stele, einem stark abstrahierten Kreuz mit drei Querbalken als Symbol der Trinität, das ebenfalls den Blick zu den farbigen Bildzyklen O. H. Hajeks lenkt. Zu diesem Ensemble gehören auch das bronzene Altarkreuz (Korpus von 1945) sowie die sieben Kerzenleuchter. Für kleinere Gottesdienste eignet sich die westlich gelegene Werktagskapelle innerhalb des Glockenturms.
- Ausstattung
Raumprägend für St. Michael sind die großformatigen Bilderzyklen des Stuttgarter Künstlers Otto Herbert Hajek (1927-2005): Wie in einer Galerie kann der siebenteilige Tafelbildzyklus „Zeichen am Wege“ (1982) ebenerdig abgeschritten werden. Die dreieckigen Formen sowie die Nutzung der drei Primärfarben Blau, Rot und Gelb/Gold lassen an die Dreifaltigkeit Gottes denken. Von O. H. Hajek stammt auch der zwölfteilige Zyklus (1985) in den Geschossen über der Altarinsel. Er verweist auf die zwölf kostbar geschmückten Tore des Himmlischen Jerusalem gemäß der Offenbarung des Johannes (Offb 21). Ebenso können in den Werken die sieben Schalen der sieben Engel (untere Bilderreihe) sowie die fünf Wundmale des Lammes (obere Bilderreihe) erkannt werden. Die Art der Ausmalung findet sich auch im geöffneten Tabernakel wieder.
Ganz anders, nämlich figürlich, präsentieren sich dagegen die Fensterflächen von Jakob Schwarzkopf (1926-2001) aus dem Jahr 1982, welche die beiden Eingangsportale flankieren. Sechs Mahlszenen aus dem Alten und Neuen Testament, die auf die Eucharistie verweisen, werden hier symbolisch einander zugeordnet: Moses am Felsen (Ex 17) und die Hochzeit zu Kana (Joh 2), das Manna in der Wüste (Ex 16) und die wunderbare Brotvermehrung (Mt 14), die Todestraurigkeit des Elija unter dem Ginster (1 Kön 19) und die Emmausjünger (Lk 24).
Die Marienkapelle in der Südostecke der Kirche wurde im August 1985 gestaltet. Sie enthält eine Kopie der „Madonna von Kesselstatt“, einer gotischen Marienskulptur des 14. Jahrhunderts, deren Original sich im Museum am Dom in Trier befindet. Nachdem die Gemeinde in ihrem Gottesdienst 40 Jahre auf einem Walcker-Positiv begleitet wurde, konnte man im Jahr 2009 eine gebrauchte Klais-Fasen-Orgel weihen. Ihr Gehäuse, das für den neuen Aufstellungsort umgestaltet wurde, greift die den Raum beherrschende Kubenform auf. Die Oberfläche wurde in Anlehnung an die Bestuhlung des Kirchenraums gelb gebeizt. Um nicht in Konkurrenz zu den Bildzyklen zu treten, wurde auf weitere Farben bewusst verzichtet.
- Von der Idee zum Bau
Die Kommunalpolitik entschied sich zu Beginn der 1960er Jahren „auf der grünen Wiese“ hoch über Trier einen neuen Stadtteil zu bauen. Bereits Ende 1962 konnten die ersten Familien in die moderne familienfreundliche „Gartenstadt“ einziehen. Zwei Jahre später erfolgte schließlich die Gründung der katholischen Pfarrvikarie St. Michael, die ihre Gottesdienste vorerst (1964-70) in einer als Notkirche eingerichteten Scheune (1973 abgerissen) feiern musste. Nachdem ein Kirchbauverein ins Leben gerufen worden war, konnte 1964 ein Wettbewerb für ein Pfarrzentrum (Kirche, Pfarrheim, Kindergarten) ausgeschrieben werden, den Konny Schmitz aus Dillingen/Saar für sich entschied. 1968 erfolgten der erste Spatenstich sowie die Grundsteinlegung für die neue Pfarrkirche und das Pfarrzentrum.
Am 5. Oktober 1969 – in demselben Jahr wurde St. Michael zur Pfarrei erhoben – durfte die Gemeinde den ersten Gottesdienst im Rohbau ihrer neuen Kirche feiern. Im Stadium eines „leeren Raumes“ blieb der Bau viele Jahre, bis sich die Gemeinde 1980 für die Ausstattung von Otto Herbert Hajek und Jakob Schwarzkopf entschied. Am 18. September 1982 erfolgte schließlich die Konsekration durch den Trierer Bischof Dr. Hermann Josef Spital. 1985 kamen weitere, für die Gestaltung des Innenraumes wesentliche Hajek-Bilder (Zyklus des Himmlischen Jerusalems), 1992 das Edelstahl-Turmkreuz (Wilhelm Jungherz, Köln) sowie 2009 die Klais-Fasen-Orgel und eine Urnengruft (Kolumbarium) unter der Kirche hinzu.
- Der Architekt Konny Schmitz und der Gestalter Otto Herbert Hajek
Konny Schmitz (1925-2010) begann 1946 als einer der wenigen Überlebenden der deutschen U-Boot-Flotte bei Prof. Egon Eiermann ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Kaiserslautern. Im Laufe seiner viele Jahrzehnte andauernden Tätigkeit konnte er neben St. Michael in Trier-Mariahof nur wenige weitere Kirchenbauten verwirklichen (z. B. 1961 Maria Trost in Dillingen-Pachten). Vielmehr macht er sich mit dem Bau von Krankenhäusern einen Namen. Zahlreiche Kliniken im Saarland und darüber hinaus stammen aus seinem Planungsbüro. Seine Beisetzung erfolgte in der Urnengruft im Untergeschoss seines sakralen Meisterwerks St. Michael in Trier-Mariahof.
Der Innenraum von St. Michael wird maßgeblich durch die abstrakten Gemälde sowie die Altarinsel des Malers und Bildhauers Otto Herbert Hajek (1927-2005) geprägt, die mit der Architektur eine bemerkenswerte Symbiose eingegangen sind. Bereits in den 1960er Jahren begann Hajek mit zumeist primärfarbigen, geometrisch-konstruktiven Formen und Zeichen zu arbeiten. Die Erfahrung seiner Kunst, die von Anfang an im öffentlichen Raum beheimatet war, sollte den Betrachter und damit auf lange Sicht die Gesellschaft zum Besseren wandeln. Im Fall von St. Michael stellte Hajek seine von ihm entwickelten künstlerischen Ausdrucksformen – wie in anderen von ihm gestalteten Kirchenbauen auch (z. B. St. Johannes in Nürtingen oder Heilig Geist in Lemgo) – in den Dienst eines ausgeklügelten theologischen Programms.
- Literatur (Auswahl)
- Brigitte Hammerschmidt: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts im rheinland-pfälzischen Teil des Bistums Trier (Geschichte und Kultur des Trierer Landes 4), Trier 2006, 241-247.
- Gisela Kob: Michael – Trier-Mariahof. Raum und Zeichen, in: Das Münster 39, 1986, 113-136.
- Gisela Kob u. a.: Pfarrkirche St. Michael Trier-Mariahof, Trier 2006 (Kirchenführer).
- Gisela Kob: St. Michael Trier-Mariahof – Das Himmlische Jerusalem. Das Neue auf der Basis des Alten, in: Winfried Haunerland/Alexander Saberschinsky, Liturgie und Mystagogie, Trier 2007, 125-139.
- Karl Leyendecker/Enrico Santifaller: Baustelle Heimat. Architekturführer Rheinland-Pfalz 1945-2005, Regensburg 2005, 128 f.
- Anuschka Plattner: Otto Herbert Hajek. Konzeptionen der Raumgestaltung – Werkverzeichnis, Heidelberg 2000 (Dissertation).
- Sankt Michael – Mariahof. 1964-2014, hg. von der Katholischen Kirchengemeinde St. Michael, Trier 2014.
- Hans-Dieter Schmitt: Wenn die Steine reden. Die Kirchen von Trier – Glanz und Elend der Kirche, Briedel/Mosel 1994, 87-96.
- Ulrike Weber (Bearb.): Stadt Trier. Stadterweiterung und Stadtteile (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 17,2), Worms 2009, 304 f.
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