Wangerland-Schillig

St. Marien

Anschrift Kirche
Jadestraße 34
26434 Wangerland
  • Informationen
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    Anschrift Pfarramt Kirchenbüro St. Marien Schillig
    Jadestraße 34
    26434 Wangerland
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    Öffnungszeiten Pfarramt DI, DO: 10.00 - 12.00 Uhr
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    Kirchen im Norden

Kirche am Meer …

Seit jeher zieht der flache Nordseestrand Urlauber magisch in die Region Wangerland. Vor einigen Jahren erhielt der kleine, weithin bekannte Badeort Schillig an der äußersten Nordost-Spitze der Ostfriesischen Halbinsel ein weiteres, außergewöhnliches Touristen-Angebot. Einst militärischer Vorposten der Marine, leben hier, gut 25 Kilometer nördlich von Wilhelmshaven, kaum mehr als hundert Einwohner, die Mehrzahl von ihnen evangelisch. Die katholische Gemeinde ist klein, doch war ein Kirchenneubau dringend vonnöten. Rund eine Million Übernachtungen von Feriengästen im Jahr wurden in den Planungen mitbedacht. So wurde die Urlauber-Seelsorge auf dem weitläufigen Campingareal zum Auslöser für einen der spannendsten Kirchenneubauten der neueren Zeit – die 2012 geweihte St. Marien-Kirche, die schon im Entstehen Beinamen wie „Nordseewelle“ oder „God’s Halfpipe“ erhielt …

  • Überblick
    Ort
    Wangerland-Schillig

    Bistum
    Bistum Münster

    Name der Kirche
    St. Marien

    Weihe
    2012 (4. Februar)

    Architekten
    Ilse Maria Königs, Ulrich Königs

    Künstler
    Martin Denzinger, Anette Hartung, Ludwig Schaffrath
    Besonderheit
    In Ordnung und Anlage durchaus an klassischen Kirchenbau-Typen orientiert, besticht St. Marien durch die Aufnahme und Einbindung vielfältiger Bezüge zur exponierten Lage am Meer, insbesondere durch die ausgeklügelte Lichtregie.

    Nutzung
    Gemeindekirche sowie Gottesdienstort der Urlauberseelsorge im Katholischen Kirchenfonds St. Marien, Wangerland – Pfarrei St. Benedikt, Jever.

    Standort / Städtebau
    Der Kirchenbau liegt präsent und sichtbar am Ortseingang. Er ist eingebettet in eine aufgereihte Wohnbebauung knapp unterhalb der Deichanlagen, jenseits eines der größten Campingplätze Deutschlands sowie ausgedehnter Strandanlagen.

  • Beschreibung

    Grundriss

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Grundriss

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Grundriss

    Der gen Südosten ausgerichtete Grundriss von St. Marien wurde aus einem Rechteck (21 x 30 m) entwickelt, in das ein lateinisches Kreuz – in abgerundeter, fließender Form – eingeschrieben ist. Dieses nimmt den Kirchenraum in sich auf, den man nach Norden hin um die aus einem Dreieck herausgearbeitete Marienkapelle erweitert hat. Das Kirchenschiff wird von Sakristei, Beichtraum, Sanitär, Technik und Nutzräumen umlagert, die sich in den Zwischenbereich bis zur Außenkante des Grund-Rechtecks einfügen. Nordwestlich und südwestlich ist dieses über Eck zweiseitig torartig geöffnet und als überdachte Eingangszone entwickelt. Der Zugang auf der Nordseite verbindet Sakristei und Pfarrhaus miteinander.

     

    Außenbau

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Uwe Karwath/Rabanus Flavus, CC BY SA 3.0

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Uwe Karwath/Rabanus Flavus, CC BY SA 3.0

    Der Besucher nimmt den dunklen Backsteinbau zweigeteilt wahr: Auf Erdgeschoss-Ebene betritt er ein kubisch entwickeltes Sockelgebäude, das sich mit zwei eingezogenen, verglasten Portalzonen über Eck nach Westen öffnet. Aus dem kantigen Grundbau steigt eine geradezu skulpturale, teils steil verlaufende, wellenartige Form auf. Sie erreicht im Südosten, über dem Chorbereich, eine Höhe von 14 Metern – und geht im Nordwesten, zur Straße hin, nahtlos in den 20 Meter hohen Glockenturm über. Die sich zwischen den kurvigen Außenmauern erstreckende, einseitig gekrümmte Dachfläche ist nach oben nahezu gänzlich verglast. Mit Ausnahme des als fertiges Schalteil erstellten, oberen Turmbereichs wurde der Bau zweischalig entwickelt: Die Außenwirkung bestimmen – in regionaltypischer Entwicklung – Klinker nach ‘Oldenburger Format’, die man einem ‘Dämpfen’, einem Zweit-Brand unter Sauerstoffabschluss, unterzog. Damit erhielten sie eine grau-silbrig glänzende Oberfläche und changieren in einer Farbigkeit, die von Anthrazit über Blaugrün- und Bronzetöne bis Schwarz reicht. Sie wurden überwiegend geschwungen im Wilden Verband verlegt, der das Mauerwerk sehr flächig erscheinen lässt. Nur wenige Öffnungen finden sich darin, beispielsweise schmale Schallschlitze im Turmaufbau. Sparsam ist auch die Fensterzahl im Sockelgeschoss. In der überdachten Eingangszone wird der dunkle Ziegel mit grau eingefärbtem Sichtbeton an der Deckenunterseite und dunkelrotem Pflasterklinker kombiniert.

     

    Innenraum

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Robert Mehl

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Robert Mehl

    Das Innere von St. Marien zeigt sich zurückhaltend hell und schlicht. Die dem Grundriss entsprechend geschwungenen, weitenteils geschlossenen Wände sind in einem gebrochenen Weiß verputzt. Die Prinzipalien und Bänke entwickelte man in sandigen Farben. Dies wird kontrastiert vom Bodenbelag in dunkelgrauem Muschelkalk mit Spuren fossiler Meerestiere, der vom Eingang im Westen zur waagerecht gehaltenen Altarzone leicht absinkt. Architektonischer Höhepunkt des Raums ist die komplexe Deckenkonstruktion der Kölner Lichtplanerin Anette Hartung: Das von oben durch das gebogene Glasdach einfallende Licht wird mittels Bändern unter den Dachträgern gefiltert. Anhand der dabei entstehenden Schatten übertragen sich wellenartige Lichtreflexe auf die gerundeten Innenwände. Im Tagesverlauf und im Laufe der Jahreszeiten entstehen immer wieder verschiedene, sich auch witterungsbedingt ständig ändernde Lichtstimmungen im Raum. Ergänzt wird dieser Effekt durch gleichfalls im Deckenbereich installierte Beleuchtungsmittel, die verschiedene künstliche Lichtszenarien im Raum ermöglichen. Leuchtdioden tauchen das Kircheninnere bei Dunkelheit in blaues Licht und strahlen auch nach außen. Die Belichtung der Nebenräume übernehmen wenige, lichtdurchlässige Fenster sowie runde Oberlichtelemente, eines davon erleuchtet auch die Marienkapelle.

  • Liturgie und Raum
    Wangerland-Schillig | St. Marien | Tabernakel | Foto: Robert Mehl

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Tabernakel | Foto: Robert Mehl

    Die liturgische Entwicklung des Kirchenraums steht in Anordnung wie Gestaltung in Bezug zu dessen Raumgeometrie. Ausgehend vom lateinischen Kreuz-Grundriss bildet sich ein Spannungsbogen zwischen den Maximen Längsausrichtung und Zentrierung. Der Altar steht zentral, aber etwas aus der Mitte nach hinten gerückt in dem oval angelegten, stufenfreien Chorbereich. Den Ambo platzierte man etwas nach links versetzt vor ihm, die Taufe ordnete man rechts des Altars an. Der Tabernakel wurde in eine Wandnische links hinter dem Altar eingebracht. Eingebaut in einen verspiegelten Lichtkanal, wird er indirekt von Tageslicht beleuchtet. Die Sedilien stellte man hinter dem Altar vor der geschwungenen Rückwand auf. Der Geometrie des Raums folgt auch die Gestaltung des Gestühls: Im Sinne eines Halb-Ovals in drei Blöcken auf den Chorbereich bezogen, wurde es entsprechend gekurvt ausgeführt. Auch die Erschließungswege bildete man hierbei bogenförmig aus. Die der Einzelandacht dienende, offen an den Kirchenraum anschließende Marienkapelle an der Nordseite zeigt sich auf das dort aufgestellte Marienbild hin orientiert.

  • Ausstattung
    Wangerland-Schillig | St. Marien | Glasgestaltung | Foto: Robert Mehl

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Glasgestaltung | Foto: Robert Mehl

    Einrichtung und Ausstattung des Raums sind bewusst schlicht gehalten. Ambo, Altar und Taufbecken greifen das Thema Kirche am Meer auf und sind aus einem sandfarbenen Stein gefertigt. Die Taufe korrespondiert dabei in Material und Ausführung mit den beiden Weihwasserbecken an den Eingängen. Der Tabernakel wurde aus der Vorgängerkirche übernommen und aufgearbeitet. Ihn entwarf einst (1967) das Goldschmiede-Atelier Schwerdt + Förster aus Aachen. Die in der Marienkapelle angebrachte Thronende Muttergottes (Eiche um 1300) sowie die Christusdarstellung (Eiche um 1400), die man auf einem von Martin Denzinger, Vechta, neu entworfenen gläsernen Hintergrund vor der Chorraum-Wand aufhängte, stammen als langfristige Leihgaben aus dem Museumsdorf Cloppenburg. Die bis zu 220 Personen fassenden Bänke entstanden in heller, leicht gelaugter Eiche. Aus der Vorgängerkirche übernommen wurde auch ein grünblaues Bleiglasfenster aus der Werkstatt von Ludwig Schaffrath, 1967. Die Orgel im Nordwest-Bogen des Kirchenraums erstellte 1997 die Orgelbaufirma Friedrich Fleiter aus Münster. Sie stammt aus der 2010 abgerissenen Kirche St. Ludgerus in Waltrop und lässt das Thema anderenorts zunehmender Kirchen-Schließungen ebenso bewusst werden wie die Glocken im Turmaufbau, die aus der profanierten Kirche St. Paulus in Oldenburg stammen. Sie entstanden 1967 bei der Gießerei F. Otto in Bremen-Hemelingen. Die Bronze-Skulptur ‘Tanzender Christus’ von Bernhard Kleinhans, Sendenhorst, seit 1996 im Altarraum der Vorgängerkirche, fand neu auf der baumbestandenen Deichwiese jenseits des Chors Aufstellung.

  • Von der Idee zum Bau
    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Carradox, CC BY SA 3.0

    Wangerland-Schillig | St. Marien | Foto: Carradox, CC BY SA 3.0

    Ein erster, regelmäßig für katholische Gottesdienste nutzbarer Raum wurde bald nach dem Zweiten Weltkrieg in Schillig eingerichtet: Damals kamen hier Flüchtlinge zahlreich in vormaligen Kasernen der Marine unter. 1951 entstand in einem einstigen Lokschuppen eine erste Marienkapelle. Für die kleine Ortsgemeinde, vor allem aber für den seit den 1950er-Jahren immer weiter ausgebauten Fremdenverkehr folgte schließlich ein Kirchenneubau, der 1967 geweiht werden konnte. 2002 um ein Begegnungszentrum ergänzt, wurde das einst von Gerd Rohling aus Cloppenburg entworfene Kirchengebäude aufgrund massiver Bauschäden 2010 aufgegeben und abgerissen. Wesentlich an seiner Stelle entstand für die heute gut 800 Katholiken im Pfarrbezirk Wangerland sowie für die Touristenseelsorge ein Neubau, den die Kölner Architekten Ilse Maria und Ulrich Königs entwarfen. Sie hatten 2009 einen begrenzten Wettbewerb unter fünf Architekturbüros für sich entscheiden können. Das Sinnbild einer Kirche am Meer zeichneten die Architekten durch die wellenförmige Baugestalt und durch sich stetig verändernde Lichtreflexe im Inneren. Auch die Färbung und Form der aufwändigen Glasdeckenkonstruktion erlaubt Assoziationen mit Wasser und Wellenspiel. Die Grundsteinlegung erfolgte im Herbst 2010, die Weihe am 4. Februar 2012. Nachfolgend wurden Bau und Architekten 2014/15 mit verschiedenen Architekturpreisen ausgezeichnet.

  • Die Architekten Ilse Maria und Ulrich Königs
    Regensburg-Burgweinting | St. Franziskus | Foto: S. Angerhausen

    Regensburg-Burgweinting | St. Franziskus | Foto: S. Angerhausen

    Prof. Dipl.-Ing. Ulrich Königs wurde 1964 in Köln geboren. Er studierte Architektur in Aachen und London. Bevor er sich selbstständig machte, arbeitete er von 1991 bis 1993 bei Prof. Peter Kulka, Köln/Dresden. 1996 bis 2001 war er Assistent an der RWTH Aachen, seit 2002/04 ist er Professor an der Bergischen Universität Wuppertal und seit 2015 Mitglied des Präsidiums der Deutschen Dekanekonferenz (DARL). Dipl.-Ing. Ilse Maria Königs wurde 1962 in Innsbruck geboren. Sie studierte dort Architektur, arbeitete bis 1993 bei Joachim Schürmann in Köln und von 1994 bis 1996 bei Peter Kulka. Seit 2009 ist sie Mitglied der Kunstkommission des Erzbistums Köln, seit 2012 deren Stellvertretende Vorsitzende. Ihr gemeinsames Büro Königs Architekten in Köln gründeten Ulrich und Ilse Maria Königs 1996. Seither hat es zahlreich Bauten und Projekte im Auftrag der katholischen Kirche bearbeitet, plant aber auch für evangelische Gemeinden sowie in den Bereichen Kultur, Bildung, Museum, Gewerbe, Wohnen, Verwaltung und Städtebau. Der Schwerpunkt liegt in Konzeption, Entwurf und planender Ausführung von Bauten im öffentlichen Raum. Dabei sucht man, im Denken und Handeln architektonische, städtebauliche sowie programmatische Aspekte einfließen zu lassen. 2004 entstand bereits das Pfarrzentrum St. Franziskus in Regensburg-Burgweinting. Aktuell realisiert das Büro den Neubau von St. Johannes in Frankfurt am Main-Goldstein.

  • Literatur (Auswahl)

     

    Wir danken allen Bildgebern für ihre freundliche Unterstützung: Die Bildnachweise werden jeweils am Bild selbst geführt.

Text: Dr. Matthias Ludwig, Schweinfurt (Beitrag online seit 03/2019)

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